by Andreas Gauger

Narzisstische Eltern: Wenn Liebe zur Performance wird

Narzissmus in der Familie

Du sitzt am Esstisch. Sonntagmittag. Die ganze Familie ist da. Du erzählst von deiner Beförderung – stolz, vorsichtig hoffnungsvoll. Einen Moment lang herrscht Stille.

Dann sagt dein Vater: "Bei McKinsey hätten sie dich gar nicht erst genommen." Deine Mutter seufzt: "Hatte deine Freundin Sandra nicht in deinem Alter schon einen Doktortitel? Aber es muss ja auch nicht jeder Karriere machen. Ich freue mich für dich." Sie lächelt ihr vertrautes Lächeln, das ihre Augen nicht erreicht.

Du kennst dieses Gefühl. Diese Mischung aus Wut und Scham, aus Trotz und dem verzweifelten Wunsch, es doch noch richtig zu machen. Du bist über vierzig, erfolgreich, erwachsen.

Und trotzdem sitzt du wieder da wie mit acht Jahren, als deine Zwei in Mathe nicht gut genug war. Als deine selbstgemalte Karte zum Muttertag "schief" war. Als du zu laut warst, zu leise, zu viel, zu wenig.

Sie sagen "Ich liebe dich" – aber meinen "Ich liebe, was du für mein Ego tust".

Ein Kind kommt nicht auf die Welt und denkt: Ich muss mir Liebe verdienen. Es streckt einfach die Arme aus. Doch wenn ein Elternteil narzisstisch ist – oder sogar beide –, lernt es schnell: Liebe gibt es nur gegen Leistung. Nur wenn ich das Ego meiner Eltern füttere. Nur wenn ich unsichtbar bin oder perfekt. Nie einfach so.

Vielleicht liest du das hier und denkst: War meine Kindheit wirklich so schlimm? Andere wurden geschlagen, vernachlässigt. Bei mir war doch alles normal.

Aber genau das ist die Krux: Narzisstische Eltern hinterlassen keine sichtbaren Wunden. Sie hinterlassen ein Kind, das nicht weiß, wer es ist. Das sein Leben lang versucht, gut genug zu sein. Das in jeder Beziehung wartet, bis die Liebe beim kleinsten Fehler wieder entzogen wird.

In diesem Artikel erfährst du:

  • Warum narzisstische Eltern ihr Kind nie als eigenständigen Menschen sehen können
  • Welche Konstellationen es gibt – und was sie mit dir gemacht haben
  • Der entscheidende Unterschied zwischen narzisstischer Mutter und narzisstischem Vater
  • Warum du immer wieder an emotional nicht verfügbare Partner gerätst
  • Was die verschiedenen Kinderrollen (Goldenes Kind, Sündenbock, Clown) heute noch mit dir machen
  • Warum dein Nervensystem noch immer reagiert, als wärst du 8 Jahre alt
  • Die befreiende Wahrheit: Warum es nie an dir lag – und nie liegen konnte
💡 Falls du nicht wegen deiner eigenen Kindheit hier bist, sondern weil du mit einem narzisstischen Ex-Partner bzw. Co-Elternteil ein gemeinsames Kind hast und wissen möchtest, wie du damit umgehen kannst, liest hier weiter: Gemeinsame Kinder mit einem Narzissten – Co-Parenting zwischen Manipulation und Grenzsetzung und Wie du dein Kind stärkst, wenn der andere Elternteil narzisstisch ist

Wie narzisstische Eltern ihr Kind sehen

Ein Kind ist kein Trophäenschrank. Keine Bühne. Kein Spiegel, der immer das zurückwirft, was man sehen will. Doch für narzisstische Eltern ist es genau das.

Du kennst vielleicht diese Momente: Deine Mutter strahlt, wenn du vor anderen glänzt – aber zuhause interessiert sie nicht, wie es dir geht. Dein Vater prahlt mit deinen Erfolgen – aber deine Ängste sind ihm lästig. Sie lieben nicht dich. Sie lieben, was du für ihr Image tust.

Nach außen wirken sie oft perfekt. Der erfolgreiche Geschäftsmann, die engagierte Mutter, das Vorzeigepaar. Nachbarn beneiden dich: "Du hast es so gut!" Doch hinter der Fassade lebst du in einem emotionalen Minenfeld. Ein falsches Wort, ein "falscher" Gesichtsausdruck, und die Stimmung kippt.

Als Kind narzisstischer Eltern lernst du zu scannen, zu erahnen, zu antizipieren. Du wirst zum Gefühlsdetektor – nicht für deine eigenen Gefühle, sondern für die deiner Eltern. Ist Mama heute in der Stimmung, in der du sie ansprechen kannst? Ist Papa so drauf, dass du besser unsichtbar bleibst?

Ein gesundes Kind denkt: Ich bin okay, so wie ich bin. Du hast gelernt: Ich bin okay, wenn ich funktioniere. Wenn ich keine Probleme mache. Wenn ich die Lücke in Mamas Seele fülle. Wenn ich Papas Erwartungen erfülle.

Die bittere Wahrheit: Ein narzisstischer Elternteil kann sein Kind nicht als eigenständigen Menschen sehen. Das Kind ist für ihn nur eine Erweiterung des eigenen Selbst. Ein Arm, der tut, was er soll. Und wenn der Arm nicht gehorcht, wird er bestraft.

💡 Neurobiologisch fehlt ihm die Fähigkeit zur echten Empathie – Studien zeigen eine verminderte Aktivität im präfrontalen Cortex bei Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitszügen. Quelle: Ritter et al., 2011

Der gar nicht so feine Unterschied: Nur einer oder gleich beide Eltern narzisstisch?

Grundsätzlich: Narzisstische Mutter vs. narzisstischer Vater

Du kommst weinend von der Schule. Jemand hat dich gehänselt. Eine narzisstische Mutter zieht dich an sich: "Erzähl Mama alles. Ich bin die Einzige, die dich wirklich versteht. Die anderen sind alle gegen uns." Sie macht dein Problem zu ihrem. Dein Schmerz wird ihre Bühne. Eine Stunde später erzählt sie am Telefon dramatisch, wie sehr sie unter der Situation leidet.

Ein narzisstischer Vater? Der schaut kurz von seinem Laptop auf: "Hör auf zu heulen. Im Leben muss man hart sein. Als ich in deinem Alter war, hätte ich mir das nicht gefallen lassen." Dein Schmerz ist ihm peinlich. Ein Zeichen von Schwäche. Eine Störung.

Beide können dich nicht wirklich sehen. Aber sie tun es auf unterschiedliche Weise.

Die narzisstische Mutter erstickt dich mit ihrer "Liebe". Sie will alles von dir wissen, kontrolliert deine Freundschaften, deine Gedanken, deine Gefühle. "Wir haben keine Geheimnisse voreinander." Aber es geht nie um dich. Es geht darum, dass sie sich gebraucht fühlt. Dass sie durch dich lebt. Dass du ihre emotionale Leere füllst.

Der narzisstische Vater hält Distanz – bis es um Leistung geht. Dann ist er plötzlich da. Bei der Zeugnisvergabe, beim Fußballturnier, wenn er mit dir angeben kann. Er liebt nicht dich, er liebt deine Erfolge. Und wenn du versagst? Dann existierst du für ihn kaum.

Das Perfide: Bei der Mutter musst du ihre emotionale Stütze sein. Beim Vater musst du seine Trophäe sein. In beiden Fällen bist du kein Kind – du bist eine Funktion.

💡 Studien zeigen geschlechtsspezifische Muster: Narzisstische Mütter neigen häufiger zu emotionaler Verstrickung und Parentifizierung, während narzisstische Väter eher durch autoritäre Kontrolle und emotionale Vernachlässigung auffallen. Quelle: Huxley & Bizumic, 2017

Wenn beide Eltern narzisstisch sind – das perfekte Chaos

Stell dir vor, du bist sechs Jahre alt. Deine Mutter schwärmt gerade vor den Nachbarn, was für ein wundervolles Kind du bist. Du bist ihr Vorzeigeprojekt. Zwei Stunden später schreit dein Vater dich an, weil du beim Abendessen zu viel redest. "Du machst dich wieder wichtig! Genau wie deine Mutter!"

Deine Mutter kontert: "Wenigstens hat das Kind von mir die Intelligenz. Von dir hat es nur die Sturheit." Und plötzlich bist du kein Kind mehr. Du bist eine Waffe in ihrem Krieg.

Wenn beide Elternteile narzisstisch sind – was selten, aber verheerend ist – erlebst du eine Welt ohne sicheren Hafen. Meist sind es unterschiedliche Typen: Eine Mutter, die sich großartig inszeniert, und ein Vater, der sich ständig als Opfer sieht. Oder umgekehrt. Sie konkurrieren um Aufmerksamkeit, um Bestätigung, um die Rolle des "besseren" Elternteils.

Du wirst zum Spielball. Mal bist du Mamas Liebling (wenn sie gegen Papa punkten will), mal Papas Verbündeter (wenn er Mama eins auswischen will). Loyalität zu einem bedeutet Verrat am anderen.

Du wurdest zum Stimmungs-Radar – scannst permanent: Wer ist heute wie drauf? Was muss ich sagen? Wie muss ich sein? Du passt dich blitzschnell an, wirst zum kleinen Chamäleon. Oder du hast dich innerlich aufgespalten: Ein Teil für Mama, ein Teil für Papa, und irgendwo, ganz tief vergraben, ein Teil, der einfach nur Kind sein wollte.

Das Tragische: Wenn du dich gewehrt oder eigene Bedürfnisse geäußert hast, wurden die zerstrittenen Eltern plötzlich zu einem Team. Gegen dich, das "schwierige" Kind. Gegen den gemeinsamen Feind. Denn narzisstische Eltern können vieles nicht – aber sie können sich verbünden, wenn ihr Ego bedroht wird.

Narzisstische Mutter - schwacher Vater

Du bist zwölf. Deine Mutter steht in deinem Zimmer und wühlt durch deine Sachen. "Ich habe ein Recht zu wissen, was meine Tochter treibt! Wir haben keine Geheimnisse!" Als du protestierst, wird sie laut: "Nach allem, was ich für dich geopfert habe! Du bist so undankbar!"

Du schaust zu deinem Vater. Er sitzt im Wohnzimmer, Zeitung vor dem Gesicht. Er hört alles. Er tut nichts.

Später, wenn sie im Bett ist, kommt er zu dir: "Du weißt doch, wie Mama ist. Sie liebt dich über alles. Sei nicht so hart zu ihr."

Du weißt, wie Mama ist. Und du weißt auch: Papa wird dich nicht beschützen.

Das ist eine der häufigsten Konstellationen: Eine narzisstische Mutter und ein Vater, der sich unsichtbar macht. Er zieht sich zurück, flüchtet in die Arbeit, in den Keller, in sein Schweigen. "Das ist Frauensache", sagt er, wenn es um Gefühle geht. "Klärt das unter euch."

Für Töchter ist das besonders verheerend. Die Mutter sieht in dir keine eigenständige Person – sie sieht Konkurrenz, Bedrohung oder eine jüngere Version ihrer selbst, die sie kontrollieren muss. Sie kommentiert dein Aussehen, deine Freunde, deine Entscheidungen. Nichts ist privat. Nichts ist deins. Und der Vater? Der überlässt dich diesem emotionalen Würgegriff.

Warum tut er das? Nach Jahren mit einer narzisstischen Partnerin ist er müde, resigniert, ausgehöhlt. Er hat gelernt: Widerstand macht alles schlimmer. Also duckt er sich weg. Aber sein Wegducken bedeutet: Du stehst allein im Sturm.

Das Tragische: Als Kind denkst du, Papa ist auch ein Opfer. Du entschuldigst sein Wegschauen. Aber irgendwann erkennst du: Auch Wegschauen ist eine Entscheidung. Auch Nichtstun hat Konsequenzen.

💡 Studien zeigen: Töchter narzisstischer Mütter mit passiven Vätern entwickeln häufig ein "Overfunctioning" – sie übernehmen zu viel Verantwortung, werden zu früh erwachsen und kämpfen später mit dem Gefühl, alles allein schaffen zu müssen. Quelle: Brown, 2013

Narzisstischer Vater - co-abhängige Mutter

Abendessen, jeden Tag dasselbe Ritual. Dein Vater hielt einen seiner Vorträge darüber, wie inkompetent alle seine Kollegen waren. Deine Mutter nickte. "Du hast so recht, Schatz." Du wagtest es, eine andere Meinung zu äußern. Sein Blick traf dich wie ein Schnitt: "Was weißt du schon? Du bist ein Kind!"

Deine Mutter legte dir schnell die Hand auf den Arm. Ihr Blick flehte: Bitte nicht. Mach es nicht noch schlimmer. Später, beim Abwasch, flüsterte sie: "Du weißt doch, Papa ist sehr stolz. Wir müssen Rücksicht nehmen. Er arbeitet so hart für uns."

Du lerntest: Papas Ego war das Wichtigste in diesem Haus. Und Mama war seine Hofschranze.

Ein narzisstischer Vater herrscht wie ein König über sein Reich. Alle drehen sich um seine Launen. Ist er schlecht gelaunt, erstarrt das ganze Haus. Ist er gut gelaunt, darf geatmet werden. Seine Erfolge sind Familenerfolge. Seine Niederlagen sind Verschwörungen gegen ihn.

Und deine Mutter? Sie managte seine Stimmungen. Sie war der Puffer zwischen ihm und euch Kindern. "Fragt Papa nicht jetzt." "Wartet, bis er gegessen hat." "Erzählt ihm lieber nicht von der schlechten Note." Sie orchestrierte das Familienleben um seine Bedürfnisse herum.

Für Söhne bedeutete das: Du wirst nie gut genug sein. Egal was du erreichst, er hat es besser gemacht. Schneller. Härter. "Als ich in deinem Alter war..."

Für Töchter bedeutete es: Du lerntest, dass Männer im Zentrum stehen und Frauen sich anpassen. Dass deine Bedürfnisse zweitrangig sind.

Das Perfide: Deine Mutter glaubte, sie hält die Familie zusammen. Sie sah sich als Heldin, die alle beschützt. Aber in Wahrheit ermöglichte sie sein Verhalten. Sie machte euch zu Komplizen in seinem Narzissmus. Ihr lerntet: Duck dich. Pass dich an. Mach keine Wellen.

Heute entschuldigst du dich ständig. Du machst dich klein. Du kannst schlecht Komplimente annehmen. Das ist kein Zufall – es ist das Ergebnis einer Kindheit, in der nur einer zählen durfte.

💡 Kinder aus solchen Familien zeigen oft "Echoismus" – das Gegenteil von Narzissmus. Sie haben gelernt, keinen Raum einzunehmen, keine Bedürfnisse zu haben, unsichtbar zu sein Quelle: Malkin, 2015

Was das mit dir macht – die unsichtbaren Narben

Dein Chef lobt deine Arbeit im Meeting. Statt dich zu freuen, wartest du auf das "Aber". Eine Kollegin fragt nach deiner Meinung, und du sagst automatisch: "Ich weiß nicht, ist wahrscheinlich eine dumme Idee." Abends sagt dir jemand "Ich liebe dich" – und du denkst: Wie lange noch?

Das ist kein Zufall. Das ist die Programmierung deiner Kindheit.

Als Kind narzisstischer Eltern musstest du eine unmögliche Aufgabe meistern: In einer Welt überleben, in der die Regeln sich ständig ändern. Heute wurdest du für etwas gelobt, wofür du gestern bestraft wurdest. Die Liebe, die du morgens bekamst, wurde dir abends entzogen. Du lerntest: Nichts ist sicher. Alles kann jederzeit kippen.

Dein Nervensystem hat sich angepasst. Es ist ständig in Alarmbereitschaft. Auch wenn die Gefahr längst vorbei ist, scannt dein Körper weiter die Umgebung. Ist alles okay? Habe ich etwas falsch gemacht? Kommt gleich der Angriff?

💡 Das nennt sich "komplexe PTBS" – wenn nicht ein einzelnes Trauma, sondern viele kleine, wiederholte Verletzungen das Nervensystem prägen. Der Vagusnerv, zuständig für Entspannung, lernt nie wirklich zu ruhen. Mehr über Komplextrauma und seine Folgen erfährst du hier: Komplextrauma (KTBS): Wie langanhaltende Belastungen unser Leben prägen – und wie Heilung möglich ist

Typische Rollen, die dir vermutlich aufgedrückt wurden

Das Goldene Kind: Du warst der Stolz der Familie – solange du perfekt warst. Heute kämpfst du mit Perfektionismus und der Angst zu versagen. Du kannst nicht aufhören zu leisten, weil du glaubst, nur dann wertvoll zu sein.

Der Sündenbock: Du warst an allem schuld. Heute übernimmst du reflexhaft Verantwortung für Dinge, die nichts mit dir zu tun haben. "Entschuldigung" ist dein häufigstes Wort.

Das unsichtbare Kind: Du hast gelernt, keine Bedürfnisse zu haben. Heute fällt es dir schwer zu sagen, was du willst. In Beziehungen verschwindest du. Du passt dich an, bis du selbst nicht mehr weißt, wer du bist.

Der Clown: Du hast die Stimmung aufgelockert, warst das Ventil. Heute machst du immer noch Witze, wenn es ernst wird. Du kannst schwer bei deinen Gefühlen bleiben.

Diese Rollen waren Überlebensstrategien. Sie haben dich geschützt. Aber heute halten sie dich gefangen. Du reagierst auf dein Leben, als wären deine Eltern immer noch im Raum. Als müsstest du immer noch ihre Liebe verdienen.

Die Spuren in deinen Beziehungen – warum du immer wieder an die Falschen gerätst

Warum landest du immer wieder in toxischen Beziehungen? Warum ziehst du Partner an, die emotional nicht verfügbar sind? Oder warum wehrst du selbst Nähe ab, sobald sie zu eng wird? Die Antwort liegt oft in deinem Bindungsstil – geprägt in den ersten Jahren mit deinen Eltern.

Mit narzisstischen Eltern war es schwer bis unmöglich, eine sichere Bindung zu entwickeln. Vermutlich hast du gelernt: Liebe ist unsicher. Liebe muss verdient werden. Liebe kann jederzeit verschwinden. Und das prägt wahrscheinlich, wie du heute liebst.

Vielleicht erkennst du dich in einem ängstlichen Bindungsstil wieder: Du klammerst in Beziehungen, brauchst ständige Bestätigung, interpretierst jedes "Ich melde mich später" als Trennung. Oder du tendierst zum vermeidenden Stil: Sobald es ernst wird, gehst du. Lieber allein als verletzt. Oder du schwankst zwischen beidem – komm her, geh weg, ein ewiger Tanz.

💡 Mehr darüber, welche Bindungsstile es gibt und wie sie dein Leben prägen: Die vier Bindungsstile: Warum wir lieben, wie wir lieben

Was in deiner Kindheit passiert ist, bleibt nicht einfach dort. Es hat neuronale Bahnen in deinem Gehirn angelegt, Muster in deinem Nervensystem verankert. Das ist kein Psycho-Geschwätz – das ist messbare Biologie.

💡 Wie Bindungstrauma entsteht und was es mit dir macht: Bindungstrauma verstehen: Wie frühe Erfahrungen unser Leben prägen – und was wir daraus lernen können | Wenn die Grundbedürfnisse nicht erfüllt wurden: Entwicklungstrauma: Die unsichtbare Epidemie unserer Zeit

Die Spuren in deinen Beziehungen – warum du immer wieder an die Falschen gerätst

Viele erwachsene Kinder narzisstischer Eltern tragen eine heimliche Angst: Was, wenn ich wie sie werde?

Vielleicht ertappst du dich dabei, wie du Dinge sagst, die deine Mutter gesagt hat. Wie du in Stress-Situationen reagierst wie dein Vater. Wie du manchmal kalt wirst, kontrollierend, kritisch. Und dann denkst du: Oh Gott, ich bin wie sie.

Die beruhigende Nachricht: Dass du dir diese Frage stellst, zeigt bereits, dass du anders bist. Narzisstische Menschen hinterfragen sich nicht. Sie sehen das Problem immer bei anderen.

Die komplexe Wahrheit: Ja, wir übernehmen Muster unserer Eltern. Aber nein, das macht dich nicht automatisch zum Narzissten. Narzisstische Persönlichkeitsstörung entsteht durch ein Zusammenspiel vieler Faktoren – Genetik, Temperament, Umfeld, Timing.

Was du vermutlich übernommen hast, sind "Flöhe" – einzelne narzisstische Verhaltensweisen, die du abbekommen hast, ohne selbst ein Narzisst zu sein. Der Unterschied: Du kannst sie ablegen. Du kannst lernen, anders zu reagieren. Du kannst den Kreislauf durchbrechen.

Der erste Schritt: Erkenne, dass diese Muster nicht zu dir gehören. Sie wurden dir übergestülpt. Und was dir übergestülpt wurde, kannst du wieder ablegen.

💡 Wenn du tiefer einsteigen möchtest: Die Ursachen von Narzissmus – Wie er entsteht und wie man ihn verhindern kann: Kindheit, Trauma, Gehirn & Genetik

Die zentrale Erkenntnis: Sie konnten nichts dafür UND sie sind verantwortlich

Du hast Jahre, vielleicht Jahrzehnte damit verbracht, es zu verstehen. Warum hat Mama mich nie wirklich gesehen? Warum war Papa nie stolz auf mich? Was hätte ich tun müssen, um endlich genug zu sein?

Hier ist die Wahrheit, die alles verändert: Es lag nie an dir.

Ein narzisstischer Elternteil hat ein fundamentales Problem: Er kann andere Menschen nicht als eigenständige Wesen wahrnehmen. Sein Gehirn ist anders verdrahtet. Wo bei gesunden Menschen Empathie-Zentren aktiv werden, herrscht bei ihm Stille. Er sieht dich nicht als DU – er sieht dich als Verlängerung seiner selbst.

Stell dir vor, du würdest versuchen, einem Farbenblinden Rot zu erklären. Du könntest es tausendmal versuchen – er kann es nicht sehen. Nicht, weil er nicht will. Sondern weil ihm die neurologische Ausstattung fehlt.

Das bedeutet: Alle deine Versuche, gut genug zu sein, waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Du hättest der perfekteste Mensch der Welt sein können – es hätte nichts geändert. Denn das Problem war nie deine Unzulänglichkeit. Das Problem war ihre Unfähigkeit, dich zu sehen.

Das ist keine Entschuldigung für das, was sie getan haben. Der Schmerz, den du erlebt hast, ist real. Die Wunden sind echt. Aber es ist eine Erklärung. Und diese Erklärung kann dich befreien.

💡 Hirnscans zeigen: Bei Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung ist die graue Substanz im Bereich der Empathie reduziert. Sie können buchstäblich nicht fühlen, was andere fühlen. Quelle: Schulze et al., 2013

Der Weg raus – wenn dein Nervensystem neue Wege lernt

Jetzt verstehst du den Mechanismus: Ein Reiz (jemand kritisiert dich) → deine Verarbeitung (sofort schaltet sich das alte Programm ein: "Ich bin nicht gut genug") → deine Reaktion (du entschuldigst dich, machst dich klein, oder wirst wütend).

Reiz → Verarbeitung → Reaktion

Dieser Mechanismus läuft automatisch ab. Seit Jahrzehnten. Dein Nervensystem reagiert, als wärst du noch 8 und würdest mit deinen Eltern unter einem Dach leben. Als müsstest du noch um Liebe kämpfen. Als wärst du noch in Gefahr.

Aber hier ist die gute Nachricht: Du kannst deinem Nervensystem beibringen, dass die Gefahr vorbei ist.

Wenn du lernst, in dem Moment zwischen Reiz und Reaktion innezuhalten – wenn du lernst, dein Nervensystem zu beruhigen, bevor es in die alte Panik springt – verändert sich alles. Du reagierst nicht mehr aus der Angst des Kindes. Du reagierst aus der Stärke des Erwachsenen, der du heute bist.

Das ist keine Wochenend-Übung. Das ist ein Prozess. Neue neuronale Bahnen entstehen nicht über Nacht. Aber mit jedem Mal, wenn du anders reagierst – ruhiger, gelassener, souveräner – wird die neue Bahn stärker. Und die alte schwächer.

💡 Buchtipp: Wie man sich aus dem unsichtbaren Einfluss narzisstischer Eltern befreit: Ein Kind kann sich seine Eltern nicht aussuchen. Aber ein erwachsener Mensch kann entscheiden, wie viel Macht sie noch über ihn haben. Das Problem ist: Der Einfluss narzisstischer Eltern verschwindet nicht automatisch, wenn man erwachsen wird. Oft lebt er weiter – in Form von Selbstzweifeln, Ängsten oder einem tiefen Gefühl der Unsicherheit. Vielleicht merkst du es daran, dass du dich nie wirklich sicher fühlst – egal, wie stabil dein Leben ist. Oder daran, dass du dich immer noch erklärst und rechtfertigst, als würdest du vor einem unsichtbaren Richter stehen. Oder daran, dass du in dir selbst nicht zur Ruhe kommst – weil die alten Muster dich immer noch antreiben. Doch dieser Einfluss kann durchbrochen werden. Es ist nicht leicht. Aber es ist möglich.
Ich geh dann mal meinen eigenen Weg - Wie die Erwartungen unserer Eltern unser Leben bestimmen und wie wir uns davon befreien

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In meinem Buch erfährst du, wie die Verstrickungen mit unseren Eltern bis in unser heutiges Leben hinein wirken und wie du sie auflöst, um ein emotional freies und selbst bestimmtes Leben zu führen. Mit umfangreichem Übungsteil.

Taschenbuch (240 S.)
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Wie du dich von narzisstischen Eltern abgrenzt

Du kannst weiter hoffen, dass deine Eltern dich eines Tages sehen. Dass sie verstehen, wer du wirklich bist. Dass sie stolz auf dich sind – ohne Bedingungen. Du kannst weiter in dir nach dem Fehler suchen, den du gemacht haben musst. Nach dem Grund, warum ihre Liebe nie ganz bei dir ankam.

Oder du erkennst die befreiende Wahrheit: Es lag nie an dir.

Du kennst vielleicht diese Menschen, die eine unerschütterliche Ruhe ausstrahlen. Die bei sich bleiben, egal wie chaotisch es um sie herum wird. Die nicht zusammenzucken bei Kritik, nicht klein werden bei Vorwürfen. Als hätten sie einen inneren Anker, den nichts erschüttern kann.

"Schön für die. Aber ich bin nicht so. Ich bin voller Wut und Schmerz und kann nicht loslassen."

Stimmt. Aber hier ist das Geheimnis: Diese Menschen wurden nicht so geboren. Ihre Gelassenheit – diese Fähigkeit, bei sich zu bleiben – ist kein Talent. Es ist Training. Wie bei einem Mönch, der jahrelang übt, ruhig zu bleiben. Nicht weil er heilig ist. Sondern weil er es trainiert hat.

Zwischen dem Reiz (die Stimme deiner Mutter in deinem Kopf) und deiner Reaktion (sofort klein werden) liegt ein winziger Raum. In diesem Raum liegt deine Macht. Dort kannst du neu entscheiden. Nicht mehr aus dem verletzten Kind heraus. Sondern aus dem Erwachsenen, der heute sicher ist.

Die Stimmen deiner Eltern werden vielleicht nie ganz verstummen. Aber sie müssen nicht mehr dein Leben bestimmen.

Die Wahl liegt bei dir.

Klare Grenzen, Innere Ruhe.
Das Coaching-Programm.

Tiefer eintauchen

Hier ist eine kleine Auswahl von Artikeln, die dich auf deinem Weg zurück zu dir selbst unterstützen können:

Seit über 13 Jahren begleite ich Menschen dabei, sich aus toxischen Beziehungen zu befreien, gesündere Beziehungs-Entscheidungen zu treffen und wieder ganz zu sich selbst zu finden.

Meine Methode verbindet die effektivsten Ansätze aus Coaching, Persönlichkeitsentwicklung, buddhistischer und allgemeiner Psychotherapie, Taoismus, Stoizismus und Resilienzforschung.

Wenn du diesen Weg selbst gehen möchtest, freue ich mich darauf, dich kennenzulernen.

Andreas