by Andreas Gauger

Narzisstische Kunden/Lieferanten: Wenn du nicht einfach aussteigen kannst

Narzissmus am Arbeitsplatz

Der Anruf kommt um 21:47 Uhr. Sonntagabend. Du erkennst die Nummer und dein Magen verkrampft sich.

"Wir brauchen die Präsentation bis morgen früh komplett überarbeitet. Neue CI. Andere Storyline. Sie schaffen das doch?"

Es ist keine Frage. Es ist ein Befehl. Von dem Kunden, der 60% deines Umsatzes ausmacht.

"Das sind mindestens 15 Stunden Arbeit", sagst du.

"Dann sollten Sie besser anfangen." Die Leitung ist tot.

Du sitzt da. Sonntagabend. Deine Tochter wollte dir gerade ihre Hausaufgaben zeigen. Dein Partner hat gekocht. Aber du stehst auf. Gehst ins Büro. Wieder mal.

Nicht weil du willst. Weil du musst. Weil drei Mitarbeiter von diesem Kunden leben. Weil deine Miete von diesem Kunden bezahlt wird. Weil dein ganzes Geschäftsmodell an diesem einen verdammten Kunden hängt.

Willkommen in der Hölle der narzisstischen Kundschaft. Wo "Der Kunde ist König" zur absoluten Monarchie wird. Wo deine Würde gegen Umsatz getauscht wird. Wo du nicht mal kündigen kannst, weil Kündigung Insolvenz bedeutet.

Was du in diesem Artikel erfährst:

  • Warum ein dominanter Großkunde gefährlicher ist als ein schlechter Chef
  • Wie narzisstische Lieferanten dich mit Monopolstellung erpressen
  • Weshalb dein Nervensystem bei Umsatzbedrohung komplett aussetzt
  • Warum "Grenzen setzen" wirtschaftlicher Selbstmord sein kann
  • Wie du trotzdem souverän bleibst - und langfristig unabhängig wirst

Wenn wirtschaftliche Abhängigkeit zur Fessel wird

Der Unterschied zu einem narzisstischen Chef oder Kollegen? Du kannst nicht kündigen. Nicht aussteigen. Nicht mal wirklich Grenzen setzen.

Weil am Ende des Monats Rechnungen bezahlt werden müssen. Weil Mitarbeiter auf ihr Gehalt warten. Weil deine Existenz an diesem einen Kunden hängt. Oder an diesem einen Lieferanten, ohne den deine Produktion stillsteht.

Die Großkunden-Falle: 60% Umsatz = 100% Macht

Es fing so gut an. Der erste große Auftrag. Endlich Planungssicherheit. Endlich schwarze Zahlen. Du hast gefeiert. Expandiert. Mitarbeiter eingestellt. Dich spezialisiert auf seine Bedürfnisse.

Jetzt, zwei Jahre später, macht er 60% deines Umsatzes. Und er weiß es.

Die Zahlungsziele? Wurden schleichend länger. Erst 30 Tage. Dann 60. Jetzt 90. "Branchenüblich", sagt er.

Die Preise? Jedes Jahr "müssen wir über Kostenoptimierung sprechen". Heißt: Du senkst die Preise oder er geht.

Die Anforderungen? Explodieren. Aber das Budget? Bleibt gleich. "Effizienzsteigerung" nennt er das.

Du könntest Nein sagen. Theoretisch. Praktisch bedeutet Nein: Drei Kündigungen. Büro aufgeben. Privatinsolvenz anmelden. Also sagst du Ja. Immer wieder Ja.

Das Lieferanten-Monopol: Wenn nur einer hat, was du unbedingt brauchst

Oder die andere Seite: Der Spezial-Lieferant. Der einzige, der die Komponente liefert. Das Material. Die Software-Lizenz. Ohne ihn steht dein Geschäft.

Die Lieferzeiten? Werden länger. "Produktionsengpass." Die Qualität? Schwankt. "Kann mal vorkommen." Die Preise? Steigen. "Rohstoffkosten."

Du beschwerst dich? "Dann suchen Sie sich doch einen anderen." Sein Grinsen am Telefon. Er weiß, es gibt keinen anderen.

Also schluckst du. Die schlechte Qualität. Die Verspätungen. Die Preiserhöhungen. Weil die Alternative ist: Zusperren.

Wenn "Der Kunde ist König" zur Diktatur wird

In der Theorie ist Kundenorientierung gut. In der Praxis mit einem narzisstischen Kunden ist es Selbstaufgabe.

Er ruft an, du springst. Er beschwert sich, du kriechst. Er fordert, du lieferst.

Deine Grenzen? Wurden längst überschritten. Deine Standards? Aufgeweicht. Deine Würde? Gegen Umsatz eingetauscht.

Das Team sieht es. Wie du kuscht. Wie du alles mitmachst. Der Respekt bröckelt. "Warum lässt du das mit dir machen?" Weil ich keine Wahl habe, denkst du. Aber sagst es nicht. Schämst dich.

Gesichter des wirtschaftlichen Terrors

Narzisstische Kunden und Lieferanten erkennst du nicht an schlechten Manieren. Die können sogar ausgesprochen charmant sein - solange du spurst.

Das Problem ist die systematische Ausnutzung ihrer Machtposition. Sie wissen genau, was sie wert sind. Und sie nutzen es. Gnadenlos.

Die folgenden Kategorien sind als Hinweise gedacht, sie eignen sich natürlich nicht, um bei anderen Menschen die Diagnose "Narzisstische Persönlichkeitsstörung" zu stellen.

Der Macht-Kunde: "Sie brauchen mich mehr als ich Sie"

Er sagt es nicht direkt. Muss er nicht. Es schwingt in jedem Satz mit. Jeder Mail. Jedem Anruf.

"Ich überlege, die Zusammenarbeit zu überdenken." Nicht weil etwas nicht stimmt. Sondern um dich zu sehen. Wie du strampelst. Wie du bettelst. Wie du Rabatte anbietest, die du dir nicht leisten kannst.

Er verschiebt Zahlungen. "Liquiditätsengpass." Bei dir. Bei ihm läuft's prächtig. Aber was willst du machen? Mahnen? Inkasso? Deinen wichtigsten Kunden verprellen?

Er fordert Extras. Kostenlos. "Das ist doch selbstverständlich bei unserer Partnerschaft." Partnerschaft. Das Wort ist wie ein Schlag ins Gesicht. Partner sind gleichberechtigt. Ihr seid es nicht.

In Meetings lässt er dich warten. 20 Minuten. 30. "Sorry, wichtiger Call." Du wartest. Weil du musst. Er genießt es. Diese kleine Demonstration seiner Wichtigkeit. Deiner Unwichtigkeit.

Der Never-Enough-Kunde und die bewegliche Ziellinie

Nichts ist je gut genug. Nie. Die Präsentation? "Geht in die richtige Richtung, aber..." Das Produkt? "Fast da, nur noch..." Der Service? "Schon besser, wenn Sie noch..."

Du optimierst. Überarbeitest. Lieferst nach. Immer wieder. Die Ziellinie? Verschiebt sich. Immer einen Schritt weiter weg.

"Beim Wettbewerber bekomme ich..." Der Satz muss nicht beendet werden. Die Drohung hängt in der Luft. Also legst du nochmal nach. Noch ein Extra. Noch ein Rabatt. Noch eine Überarbeitung.

Dein Team ist am Limit. "Was will er denn noch?" Du weißt es: Alles. Für nichts. Weil er kann.

Die Rechnung? Wird gekürzt. "Entspricht nicht zu 100% den Erwartungen." 95% reichen nicht. Es sind nie 100%. Können nie 100% sein. Das ist das System.

Der Preis-Drücker: Tod durch tausend Schnitte

Jedes Jahr dasselbe Spiel. "Wir müssen über die Konditionen sprechen."

Du weißt, was kommt. 10% Nachlass. Mindestens. "Die Wirtschaftslage..." "Die Konkurrenz..." "Die Budgets..." Immer gibt's einen Grund.

Du rechnest. Minus 10% heißt: Kein Gewinn mehr. Minus 15%: Verlust. Aber er will 20%. "Oder wir müssen uns neu orientieren."

Also gibst du 12%. Verhandelst auf 15%. Unterschreibst bei 17%. Und weißt: Nächstes Jahr geht's weiter. Bis nichts mehr zu holen ist. Bis du ausgeblutet bist.

Parallel fordert er mehr. Schnellere Lieferung. Bessere Qualität. Mehr Service. Für weniger Geld. Die Spirale dreht sich. Nach unten. Immer schneller.

Der Terror-Lieferant: Monopolist und Sadist in einem

Er ist der Einzige. Und er weiß es. Und er lässt dich leiden.

Lieferzeiten? "6-8 Wochen." Werden zu 12. Dann 16. "Unvorhergesehene Umstände." Deine Kunden warten. Beschweren sich bei dir. Nicht bei ihm.

Die Qualität? Schwankt. Mal gut, mal Ausschuss. "Nehmen Sie's oder lassen Sie's." Du nimmst. Was bleibt dir übrig?

Preiserhöhungen kommen per Mail. Keine Verhandlung. Keine Diskussion. "Ab sofort." Du zahlst. Oder deine Produktion steht.

Das Schlimmste: Seine Freundlichkeit. "Tut mir leid für Sie." Tut es nicht. Er genießt es. Diese Macht. Dieses Ausgeliefertsein. Dein Flehen um pünktliche Lieferung.

Die Waffen der wirtschaftlichen Erpressung

Die Methoden sind subtil. Legal. Geschäftlich. Aber sie zielen alle auf dasselbe: Dich gefügig zu machen. Dich auszupressen. Dich zu brechen.

Nicht persönlich - das macht es fast schlimmer. Für sie bist du nur eine Zeile in der Bilanz. Für dich geht es um alles.

Preisdruck als Dominanz-Instrument

Es geht nie wirklich ums Geld. Es geht um Macht.

"15% Nachlass oder wir müssen uns neu orientieren." Die Zahl ist willkürlich. Könnte auch 20% sein. Oder 10%. Hauptsache, du windest dich.

Du rechnest vor. Zeigst Kalkulationen. Erklärst Margen. Er hört nicht zu. Warum auch? Deine Zahlen interessieren ihn nicht. Dein Gehorsam interessiert ihn.

Also gibst du nach. 5% sofort. Weitere 5% bei Mengenstaffel. Die letzten 5% als Skonto. Du weißt: Damit machst du Verlust. Er weiß es auch. Das ist der Punkt.

Nächstes Quartal das gleiche Spiel. "Die 15% sind ja jetzt Basis. Aber wir brauchen nochmal 10%..." Die Spirale dreht sich. Bis du ausgeblutet bist. Bis du aufgibst. Oder untergehst.

Die Moving-Target-Falle

Die Anforderungen waren klar. Schriftlich. Abgesegnet. Du hast geliefert. Dann kommt die Mail:

"Das hatten wir anders besprochen."

Habt ihr nicht. Aber er behauptet es. Und wer bist du, ihm zu widersprechen? Der kleine Lieferant. Der Bittsteller.

Also überarbeitest du. Kostenlos. "Für die gute Partnerschaft." Die neue Version? "Schon besser, aber..." Es ist nie fertig. Nie gut genug. Immer fehlt noch was.

Dein Team verzweifelt. "Was will er denn?" Du weißt es: Er will sehen, wie weit er gehen kann. Wie viel du schluckst. Wo deine Grenze ist. Spoiler: Du hast keine mehr.

Öffentliche Demütigungen als Machtdemonstration

Das Meeting mit seinem Team. Du präsentierst. Er unterbricht:

"Das ist ja alles schön und gut, aber..." Dann zerlegt er deine Arbeit. Punkt für Punkt. Vor allen.

Seine Mitarbeiter schauen betreten weg. Sie kennen das. Waren selbst schon Opfer. Aber heute bist du dran. Der externe Prügelknabe.

Du könntest kontern. Hast Argumente. Fakten. Aber du schweigst. Nickst. "Guter Punkt." Weil du dir keinen Konflikt leisten kannst. Weil er dein Schicksal in der Hand hat.

Nach dem Meeting klopft dir einer seiner Leute auf die Schulter. "Mach dir nichts draus. Er ist zu allen so." Als wäre das ein Trost. Als wäre das normal.

Die Abhängigkeitsspirale

Je mehr du investierst, desto abhängiger wirst du.

Du stellst Mitarbeiter ein. Speziell für seinen Account. Du kaufst Equipment. Nach seinen Spezifikationen. Du richtest Prozesse ein. Optimiert auf seine Bedürfnisse.

Jede Investition macht den Ausstieg teurer. Jede Anpassung macht dich unflexibler für andere Kunden.

Nach zwei Jahren bist du sein Zulieferer. Nur seiner. Andere Kunden? Passen nicht mehr in deine Strukturen. Du hast dich spezialisiert. Auf ihn. Freiwillig. Dachtest du.

Jetzt sitzt du in der Falle. Kannst nicht weg. Zu viel investiert. Zu sehr angepasst. Zu abhängig. Er weiß das. Hat es so geplant. Von Anfang an.

Die Bewertungs-Erpressung

"Wäre doch schade, wenn ich meine Erfahrungen öffentlich teilen müsste."

Der Satz fällt beiläufig. Fast nebenbei. Während er die Rechnung um 40% gekürzt haben will.

Dein Blut gefriert. 127 Google-Bewertungen hast du. 4,8 Sterne. Mühsam aufgebaut über drei Jahre. Jede einzelne erkämpft. Und er könnte alles zerstören. Mit einem Klick.

Du weißt, wie das läuft. Ein ellenlanger Text. Gespickt mit Halbwahrheiten. Verdrehungen. Aus "24 Stunden Bearbeitungszeit" macht er "tagelange Wartezeit". Aus deiner höflichen Rückfrage wird "unprofessionelle Kommunikation". Aus dem marktüblichen Preis wird "völlig überteuert".

Das Perfide: Er muss nicht mal lügen. Er nimmt sich nur die Rosinen raus. Erzählt seine Version. Lässt alles weg, was ihn schlecht aussehen lässt. Seine unmöglichen Forderungen. Seine Wutausbrüche. Seine nächtlichen Anrufe.

Die anderen potentiellen Kunden? Sehen nur seine Bewertung. Ganz oben. "Hilfreichste zuerst" - der Algorithmus liebt Drama. Und während du noch überlegst, wie du reagieren sollst, ist der Schaden schon da.

Du könntest antworten. Sachlich. Professionell. Aber du weißt: Das sieht immer nach Rechtfertigung aus. Nach Schuld. Der Kunde hat immer die Sympathie. David gegen Goliath. Selbst wenn David ein Psychopath mit Millionenumsatz ist.

Also gibst du nach. Schluckst die Kürzung. Machst die Zusatzleistung. Kostenlos. Wieder mal. Weil eine schlechte Bewertung mehr kostet als dieser eine Deal. Weil dein digitaler Ruf deine Lebensversicherung ist.

Er weiß das. Nutzt es. Bei jeder Verhandlung. "Ich hoffe, wir finden eine Lösung. Wäre schade, wenn..." Die Drohung muss er nicht aussprechen. Sie schwebt über allem. Wie ein Damoklesschwert. Digital. Permanent. Tödlich.

Das Übelste daran: Du hast gute Arbeit gemacht. Sogar sehr gute. Aber das zählt nicht. Was zählt, ist seine Macht, deine Reputation zu zerstören. Und deine Angst davor.

Warum du immer nur "wie hoch?" fragst, wenn er sagt, dass du springen sollst

Die Erkenntnis trifft dich im Auto nach dem Meeting. Er hat dich wieder vorgeführt. Wieder die Preise gedrückt. Wieder unmögliche Deadlines gesetzt. Und du hast wieder genickt. Gelächelt sogar. "Wir schaffen das."

Warum? Warum machst du das mit dir?

Die Antwort ist brutal einfach: Existenzangst überschreibt alles. Deine Würde. Deine Grenzen. Deinen Selbstrespekt. Wenn die wirtschaftliche Existenz bedroht ist, macht dein System nur noch eins: Überleben. Koste es, was es wolle.

Was in deinem Nervensystem passiert

Wenn der Großkunde mit Auftragsstopp droht, reagiert dein Gehirn wie bei einer existenziellen Bedrohung. Die Amygdala signalisiert: GEFAHR!

Aber anders als bei einer akuten Bedrohung ist diese permanent. Jeden Tag. Bei jedem Anruf. Bei jeder Mail.

Dein Cortisol-Spiegel? Dauerhoch. Dein rationales Denken? Eingeschränkt. Du funktionierst im Überlebensmodus. Und im Überlebensmodus zählt nur eins: durchkommen.

Der innere Widerspruch

Er sagt: "Ich brauche das bis morgen." Dein Kopf denkt: "Unmöglich." Dein Mund sagt: "Klar, machen wir."

Diese Diskrepanz zwischen dem, was du denkst und dem, was du tust - sie erschöpft dich. Aber dein Nervensystem hat entschieden: Kooperation sichert Überleben. Widerstand gefährdet die Existenz.

Also fügst du dich. Wieder und wieder. Jedes Mal verlierst du ein Stück Selbstachtung. Aber die Rechnungen werden bezahlt. Die Mitarbeiter bekommen ihr Gehalt. Die Firma überlebt. Noch.

Was dir das bringt und was nicht

Diese Erkenntnis erklärt dein Verhalten. Macht es verständlich. Du bist kein Schwächling. Du bist ein Mensch im wirtschaftlichen Überlebenskampf.

Aber die Erkenntnis allein ändert nichts. Die Rechnungen müssen immer noch bezahlt werden. Die Mitarbeiter brauchen immer noch ihr Gehalt. Der schwierige Kunde ist immer noch 60% deines Umsatzes.

Du verstehst jetzt, warum du nachgibst. Aber du musst trotzdem weiter funktionieren. Das ist die Zwickmühle dieser Situation: Bewusstsein ohne unmittelbare Handlungsalternative.

Wenn Umsatzverlust zur Überlebensfrage wird

Dein Nervensystem unterscheidet nicht zwischen "Kunde verlieren" und "verhungern". Für dein Stammhirn ist beides dasselbe: existenzielle Bedrohung. Und darauf gibt es nur eine Antwort: Alles tun, um zu überleben.

Reiz → Verarbeitung → Reaktion

Reiz: Die wirtschaftliche Bedrohung

"Wir müssen über unsere Zusammenarbeit nachdenken."

Sechs Worte. Mehr braucht es nicht. Dein Körper reagiert sofort. Puls steigt. Hände werden feucht. Magen verkrampft.

Oder subtiler: Die Rechnung, die nicht bezahlt wird. Der Anruf, der nicht zurückkommt. Die Mail mit "Wir haben uns für einen anderen Anbieter entschieden." Jeder dieser Momente ist ein Trigger.

Verarbeitung: Vom Geschäftspartner zum Überlebensmodus

Was in deinem Gehirn passiert:

Die Information "Großkunde könnte abspringen" erreicht deine Amygdala. Sofort wird bewertet: BEDROHUNG! Die HPA-Achse aktiviert sich. Stresshormone fluten deinen Körper.

Dein präfrontaler Cortex - zuständig für strategisches Denken, Verhandlung, kreative Lösungen - wird heruntergefahren. Keine Zeit für Komplexität, wenn es ums Überleben geht.

Was übernimmt? Das limbische System. Fight, flight or freeze. Aber kämpfen kannst du nicht - er hat die Macht. Fliehen kannst du nicht - du brauchst den Umsatz. Also: Erstarrung. Compliance. Nachgeben.

Reaktion: Der automatische Ja-Sager

"Natürlich schaffen wir das bis morgen." "Kein Problem, wir finden eine Lösung." "Selbstverständlich ist das im Preis inbegriffen."

Die Sätze kommen automatisch. Dein Überlebensmodus spricht. Nicht dein Geschäftssinn. Nicht deine Vernunft. Dein Stammhirn, das nur eines will: Diese Bedrohung beenden. Diesen Kunden behalten. Überleben.

Erst später, wenn das Adrenalin nachlässt, merkst du: Was habe ich da zugesagt? Das ist unmöglich. Unbezahlbar. Undurchführbar.

Aber da ist es zu spät. Das Versprechen ist gegeben. Die Erwartung geweckt. Der nächste Präzedenzfall geschaffen.

Willkommen im Teufelskreis

Je öfter du aus Angst nachgibst, desto normaler wird es. Dein Nervensystem lernt: Nachgeben = Sicherheit. Widerstand = Gefahr.

Die Konditionierung wird stärker. Schneller. Automatischer. Irgendwann musst du nicht mal mehr nachdenken. Der Kunde fordert, du lieferst. Reflex statt Entscheidung.

Die bittere Wahrheit: Ohne innere Stabilität bleibst du ein Spielball ihrer Launen

Solange dein Nervensystem bei jeder Drohung mit Auftragsverlust in Panik gerät, bist du steuerbar. Berechenbar. Erpressbar. Jede Entscheidung aus Angst macht dich schwächer. Jedes Nachgeben aus Panik bestätigt ihre Macht.

Mit Panik im Nacken machst du jeden schlechten Deal

Du kennst das Muster:

Der Großkunde fordert 30% Rabatt. Dein Kopf rechnet: Das ist unter Selbstkosten. Dein Angstsystem schreit: Verlier ihn nicht! Du gibst 25%.

Der schwierige Lieferant erhöht die Preise. Wieder. 15% diesmal. Du weißt: Das kannst du nicht an deine Kunden weitergeben. Aber ohne ihn steht die Produktion. Du schluckst es.

Jede dieser Panik-Entscheidungen gräbt das Loch tiefer. Die Margen schrumpfen. Der Druck wächst. Die Abhängigkeit wird größer. Ein Teufelskreis, angetrieben von deiner eigenen Angst.

Die Kosten der Angst

Es sind nicht nur die schlechten Deals. Es ist, was die permanente Alarmbereitschaft mit dir macht:

Du schläfst schlecht. Wachst um 3 Uhr auf, Gedanken kreisen um den schwierigen Kunden. Du wirst reizbar. Schnauzt Mitarbeiter an. Überträgst den Druck nach unten. Du triffst schlechte Entscheidungen. Kurzfristig. Aus der Not. Ohne Strategie.

Dein Team merkt es. Deine Familie merkt es. Du merkst es. Aber du kannst nicht aussteigen aus dem Hamsterrad. Weil die Rechnungen nicht warten. Weil der Laden laufen muss.

💡 Eine Studie von Tepper et al. (2017) im Journal of Applied Psychology untersuchte die Auswirkungen von "Customer Incivility" auf Dienstleister. Das Ergebnis: Mitarbeiter, die regelmäßig schwierigen Kunden ausgesetzt sind, zeigen signifikant erhöhte Cortisol-Werte, Schlafstörungen und emotionale Erschöpfung. Der Effekt war besonders stark bei wirtschaftlicher Abhängigkeit - wenn der schwierige Kunde existenziell wichtig war, verdoppelten sich die Stress-Symptome.

Was du wirklich bräuchtest

Die Fähigkeit, ruhig zu bleiben, wenn der Großkunde droht. Nicht äußerlich ruhig - das kannst du spielen. Innerlich ruhig. Im Nervensystem. Da, wo die Entscheidungen wirklich getroffen werden.

Die Klarheit zu sagen: "Diese Konditionen kann ich nicht akzeptieren." Und dabei zu bleiben. Auch wenn er mit Konsequenzen droht.

Die Souveränität zu kalkulieren: Was kostet mich dieser Kunde wirklich? Nicht nur Umsatz. Gesundheit. Team-Moral. Andere Chancen. Und dann zu entscheiden: Lohnt sich das?

Ohne diese innere Stabilität? Bist du ein Blatt im Wind. Jeder Sturm wirft dich um. Jede Drohung lässt dich einknicken. Du reagierst nur noch, statt zu agieren.

Freiheit: Wenn du nicht mehr erpressbar bist

Der Großkunde droht wieder mit Auftragsstopp. Früher hättest du alles getan, um ihn zu halten. Heute sagst du: "Das wäre schade. Hier sind unsere Konditionen."

Der Unterschied? Dein Puls bleibt bei 75. Nicht weil du abgehärtet bist. Weil dein Nervensystem gelernt hat: Umsatzverlust ist nicht gleich Existenzbedrohung.

Diese Ruhe kam nicht über Nacht. Monate des Trainings. Der Arbeit an deinen tiefsten Reflexen. Parallel hast du diversifiziert. Der Großkunde macht noch 35% statt 60%. Immer noch wichtig. Aber nicht mehr existenziell.

Das Erstaunliche: Seit du nicht mehr aus Angst handelst, respektieren dich die schwierigen Kunden. Manche gehen. Die meisten bleiben. Zu besseren Konditionen.

Diese innere Stabilität - ruhig bleiben, wenn andere mit deiner Existenz spielen - ist fortgeschrittenes Self-Leadership. Der Unterschied zwischen Reiz → Panik → Nachgeben und Reiz → Registrieren → bewusste Entscheidung.

Nach über 10.000 Coachingstunden mit Menschen in schwierigsten Beziehungskonstellationen kann ich dir versichern: Das ist ein trainierbarer neurologischer Prozess. Und genau das lernst du im Coaching:

Klare Grenzen, Innere Ruhe.
Das Coaching-Programm.

Tiefer eintauchen

Seit über 13 Jahren begleite ich Menschen dabei, sich aus toxischen Beziehungen zu befreien, gesündere Beziehungs-Entscheidungen zu treffen und wieder ganz zu sich selbst zu finden.

Meine Methode verbindet die effektivsten Ansätze aus Coaching, Persönlichkeitsentwicklung, buddhistischer und allgemeiner Psychotherapie, Taoismus, Stoizismus und Resilienzforschung.

Wenn du diesen Weg selbst gehen möchtest, freue ich mich darauf, dich kennenzulernen.

Andreas