by Andreas Gauger

Narzisstische Großeltern: Wenn deine Kinder zum Spielball werden

Narzissmus in der Familie

Deine Mutter sitzt auf deinem Sofa. Dein fünfjähriger Sohn kuschelt sich an sie. "Oma, ich hab heute im Kindergarten den Turm ganz alleine gebaut!"

Sie streicht ihm übers Haar. Dann dieser Blick zu dir. Du kennst ihn.

"So groß bist du schon? Deine Mama hat dich wohl gar nicht mehr lieb, wenn du alles alleine können musst." Sie lacht. Als wäre es ein Scherz.

Dein Sohn löst sich von ihr. Schaut unsicher zu dir. Diese Verwirrung in seinen Augen.

Du willst sagen: "Natürlich hab ich dich lieb!" Willst klarstellen, was das für eine kranke Bemerkung war. Stattdessen hörst du dich sagen: "Mama, möchtest du noch Kaffee?"

In diesem Moment bist du zwei Menschen gleichzeitig: Die erwachsene Mutter, die ihr Kind schützen will. Und die achtjährige Tochter, die gelernt hat – wenn Mama unzufrieden ist, wird es schlimmer.

In diesem Artikel erfährst du:

  • Warum du in Gegenwart deiner Mutter wieder zum Kind wirst – obwohl du selbst Mutter bist
  • Wie narzisstische Großeltern deine Kinder als Waffe gegen dich einsetzen
  • Welche perfiden Manipulationsstrategien sie nutzen (Geschenke, Geheimnisse, Spaltung)
  • Warum deine Kinder dich "klein" erleben – und was das mit ihnen macht
  • Wie du beide Rollen meisterst: schützende Mutter UND Tochter deiner Mutter
  • Was in deinem Nervensystem passiert – und warum Willenskraft nicht reicht
  • Wie du deine Kinder schützt, ohne den Kontakt abbrechen zu müssen

Was narzisstische Großeltern von normalen Großeltern unterscheidet

Es gibt Großeltern, die sich einmischen. Die ungefragt Ratschläge geben. Die andere Vorstellungen von Erziehung haben. Die zu viele Süßigkeiten mitbringen. Das ist normal, das ist menschlich, das lässt sich klären.

Narzisstische Großeltern sind anders.

Der Unterschied liegt nicht darin, was sie tun. Er liegt darin, warum sie es tun. Normale Großeltern verwöhnen ihre Enkelkinder aus Liebe. Narzisstische Großeltern verwöhnen, um zu gewinnen. Um zu zeigen, dass sie die besseren Eltern sind. Um die Kinder auf ihre Seite zu ziehen.

Vier Kennzeichen narzisstischer Großeltern

Besitzanspruch statt Bindung: Deine Kinder sind nicht deine Kinder – sie sind "ihre Babys". Sie hat dich großgezogen, also gehören auch deine Kinder irgendwie ihr. "Das ist MEIN Enkelkind", sagt sie und meint es ernst.

Konkurrenz statt Unterstützung: Sie will nicht die liebevolle Oma sein – sie will die bessere Mutter sein. Jede deiner Erziehungsentscheidungen ist eine Herausforderung. Jede Regel, die du aufstellst, muss sie untergraben.

Manipulation statt Beziehung: Die Geschenke sind keine Geschenke – sie sind Bestechung. Die Geheimnisse sind keine harmlosen Verschwörungen – sie sind Spaltungsversuche. Die Zuneigung hat einen Preis: Loyalität gegen dich.

Kontrolle über Generationen: Es geht nicht um die Enkelkinder. Es geht um Macht. Die Enkelkinder sind nur das neue Werkzeug, um dich zu kontrollieren. "Wenn du das machst, sehen deine Kinder mich nicht mehr." "Deine Kinder werden später verstehen, was du ihnen angetan hast."

Eine normale Großmutter freut sich, wenn ihr Enkelkind "Mama!" ruft und zu dir rennt. Eine narzisstische Großmutter wertet das als Niederlage. Sie will die Erste sein. Die Wichtigste. Die Beste.

Ein normaler Großvater respektiert deine Regeln. Ein narzisstischer Großvater sagt vor den Kindern: "Bei mir dürft ihr das. Eure Mutter übertreibt mal wieder."

Das ist kein Generationenkonflikt. Das ist emotionaler Missbrauch über drei Generationen.

Der unmögliche Spagat zwischen zwei Rollen

Du kennst das Drehbuch auswendig. Deine Mutter kündigt ihren Besuch an, und dein Körper schaltet in den Alarmmodus. Drei Tage vorher fängst du an aufzuräumen. Nicht normal aufräumen – du putzt für eine Inspektion.

Die Kinderzimmer müssen perfekt sein. ("Sie findet immer etwas.") Das Essen muss stimmen. ("Nicht zu gesund, nicht zu ungesund.") Die Kinder brauchen die richtigen Sachen. ("Nicht zu teuer, nicht zu billig.")

Du briefst deinen Partner: "Bitte widersprich ihr nicht." Du bereitest deine Kinder vor: "Oma freut sich, wenn ihr euer Zimmer zeigt." Was du wirklich meinst: "Bitte gebt ihr keinen Grund zur Kritik."

Dann steht sie vor der Tür. Deine Kinder rennen zu ihr – sie kennen ja nur diese eine Version. Die Oma mit den Geschenken. Die Oma, von der Mama sagt, dass sie sich freut.

Sie sehen nicht, wie deine Schultern sich verspannen bei ihrer Umarmung. Sie hören nicht den Unterton, wenn sie sagt: "Ach, du hast ja schon wieder neue Möbel. Muss ja schön sein, so viel Geld zu haben."

Du jonglierst zwei Identitäten

Die Mutter, die du sein willst: Stark, liebevoll, beschützend. Die ihren Kindern Sicherheit gibt.

Die Tochter, die du immer noch bist: Vorsichtig, angepasst, wachsam. Die jeden Gesichtsausdruck ihrer Mutter liest wie einen Wetterbericht.

Das Problem? Deine Kinder sehen beides. Sie verstehen nicht, warum Mama plötzlich anders ist. Warum du "Ja, Mama" sagst zu Dingen, die du ihnen verbietest. Warum du schweigst, wenn Oma Regeln bricht. Warum du nach Omas Besuch erschöpft auf dem Sofa liegst.

Sie lernen: Es gibt zwei Versionen von Mama. Und die schwächere erscheint, wenn Oma kommt.

Wenn die Enkelkinder zur Waffe werden

Vielleicht dachtest du, mit Enkelkindern würde es besser werden. Deine Mutter würde weicher werden. Die Rolle der liebevollen Oma annehmen. Endlich Frieden.

Das Gegenteil ist passiert.

Deine Kinder sind nicht ihre Chance auf Versöhnung geworden. Sie sind ihre neuen Werkzeuge. Frische Munition in einem Krieg, den du längst verloren glaubtest. Eine neue Generation, die sie gegen dich einsetzen kann.

Die Methoden sind subtiler geworden. Die Waffen unsichtbarer. Aber der Schmerz? Der ist derselbe. Nur dass er jetzt nicht nur dich trifft – sondern die Menschen, die du am meisten schützen willst.

Geschenke als Machtinstrument

Der Geburtstag deiner Tochter. Du hast wochenlang das Puppenhaus gebaut, das sie sich wünscht. Handgemacht, mit Liebe. Dann kommt deine Mutter. Mit einem Paket, dreimal so groß.

Das elektrische Luxus-Puppenhaus. Mit Aufzug. Mit LED-Beleuchtung. Mit allem, was du dir niemals leisten könntest – oder wollen würdest.

"Oma ist die Beste!", jubelt deine Tochter. Dein selbstgebautes Puppenhaus steht verlassen in der Ecke.

Deine Mutter lächelt. "Ich kann es mir halt leisten, meiner Enkelin eine Freude zu machen." Der Seitenhieb sitzt. Du bist die arme Mutter, die ihrem Kind nicht genug bieten kann. Sie ist die großzügige Oma, die rettet.

Die Geschenke kommen strategisch: Kurz vor deinem Familienurlaub das neue Tablet. ("Für die lange Fahrt.") Nach einem Streit zwischen euch die teuren Markenschuhe. ("Die Kleine hat so geweint.") Wenn du Regeln durchsetzen willst, die Süßigkeiten-Box. ("Ein bisschen Zucker hat noch niemandem geschadet.")

Jedes Geschenk trägt dieselbe Botschaft: Ich kann deinem Kind mehr geben als du.

Deine Versuche, Grenzen zu setzen? "Du bist nur neidisch." "Gönn dem Kind doch was." "Typisch, du musst immer alles kontrollieren."

Deine Kinder lernen schnell: Bei Oma gibt es alles. Bei Mama gibt es Regeln. Rate mal, zu wem sie rennen, wenn sie etwas wollen.

Geheimnisse: teile und herrsche

"Das bleibt unter uns", flüstert deine Mutter deinem Sohn zu. Du siehst es aus dem Augenwinkel, während du das Geschirr wegräumst. Diese verschwörerische Geste. Dieses Lächeln.

Am Anfang sind es Kleinigkeiten. Der extra Schokoriegel. Die fünf Euro zugesteckt. Das längere Aufbleiben bei ihr. "Unser kleines Geheimnis."

Aber Geheimnisse eskalieren. Aus dem harmlosen Schokoriegel wird: "Deine Mama war als Kind auch immer so streng zu mir." Dann: "Deine Eltern streiten viel, oder?" Später: "Wenn du bei mir wohnen würdest, müsstest du nicht so früh ins Bett."

Sie macht deine Kinder zu Spionen. Ganz sanft, ganz liebevoll. "Erzähl der Oma mal... Was macht ihr denn so den ganzen Tag? Ist Mama oft traurig? Vermisst du mich, wenn du zu Hause bist?"

Deine Kinder merken nicht, dass sie benutzt werden. Sie fühlen sich besonders. Auserwählt. Oma vertraut ihnen Dinge an, die sonst keiner weiß.

Das Gift wirkt langsam. Nach einem Wochenende bei Oma ist dein Kind anders. Verschlossen. Es beobachtet dich. "Oma sagt, du übertreibst immer." "Oma meint, das ist nicht normal."

Wenn du nachfragst, was Oma gesagt hat: "Das darf ich nicht sagen." Die Loyalität hat sich verschoben. Du bist draußen. Oma und dein Kind sind ein Team.

Das Spiel von Goldkind und Sündenbock mit der nächsten Generation

Wenn du mehrere Kinder hast, wird es noch perfider. Deine Mutter wählt. Genau wie damals, als du Kind warst.

Dein ältestes Kind? "So klug! Genau wie ich früher!" Es bekommt die besten Geschenke. Die meiste Aufmerksamkeit. Die Extra-Einladungen. "Nur wir zwei, das macht mehr Spaß."

Dein jüngstes? Wird übersehen. "Der ist ja immer so anstrengend." "Die Kleine ist nicht so hübsch wie ihre Schwester, oder?" Kleine Stiche, die sich summieren.

Sie spielt deine Kinder gegeneinander aus: "Dein Bruder würde sich das trauen." "Deine Schwester macht mir nie Probleme." "Schade, dass du nicht so brav bist wie..."

Du siehst zu, wie sich das Gift zwischen deinen Kindern ausbreitet. Die Eifersucht. Der Wettkampf um Omas Gunst. Die Unsicherheit des "Problemkinds". Die Arroganz des "Lieblingsenkels".

Es ist deine Kindheit in Wiederholung. Nur dass du diesmal von außen zuschaust. Machtlos. Denn greifst du ein, bist du die eifersüchtige Tochter, die ihrer Mutter die Enkelkinder nicht gönnt.

Systematische Untergrabung deiner Autorität

"Bei Oma darf ich das aber!" – Dieser Satz fällt mindestens dreimal täglich. Beim Medienkonsum. Beim Essen. Bei der Schlafenszeit.

Deine Mutter hat ein eigenes Regelwerk etabliert. Eines, das all deine Erziehungsprinzipien aushebelt:

Du sagst: "Nur eine Stunde Bildschirmzeit." Sie sagt: "Ach komm, lass das Kind doch. Bei mir schaut er den ganzen Nachmittag."

Du sagst: "Erst Gemüse, dann Nachtisch." Sie sagt: "Das Leben ist zu kurz für Regeln. Hier, nimm noch ein Eis."

Du sagst: "Um acht ist Schlafenszeit." Sie sagt: "Mit acht war deine Mama auch immer noch wach. Die übertreibt."

Aber es bleibt nicht bei unterschiedlichen Regeln. Sie kommentiert deine Erziehung – vor deinen Kindern: "Deine Mutter war schon immer zu ängstlich." "Diese modernen Erziehungsmethoden..." "Wir haben das früher anders gemacht, und aus dir ist auch was geworden." Die Ironie entgeht ihr.

Das Schlimmste: Sie inszeniert sich als Retterin. Wenn du deinem Kind eine Grenze setzt, ist sie da: "Komm zur Oma, mein Schatz. Bei mir musst du nicht weinen."

Dein Kind lernt: Mamas Regeln sind verhandelbar. Mamas Autorität ist anfechtbar. Und wenn Mama nein sagt, gibt es immer noch Oma.

Du stehst da wie die Spaßbremse. Die Strenge. Während Oma die Coole ist. Die Verständnisvolle.

Versuchst du, das Gespräch zu suchen? "Du zerstörst die Beziehung zwischen mir und meinen Enkeln!" "Du bist so kontrollsüchtig!" "Die Kinder brauchen auch mal Freiheit!"

Die verschiedenen Kampfzonen

Die Art der Manipulation hängt davon ab, ob deine Mutter oder dein Vater der Narzisst ist. Nicht weil Männer und Frauen grundsätzlich anders sind. Sondern weil sie verschiedene Rollen nutzen, um Einfluss zu nehmen.

Beide wollen deine Kinder für sich gewinnen. Beide untergraben deine Autorität. Beide aktivieren das Kind in dir. Aber ihre Methoden könnten unterschiedlicher nicht sein.

Die narzisstische Großmutter: Kontrolle durch "Liebe"

Ihre Strategien sind subtil. Sie kommen verpackt als Fürsorge, als Großmutterliebe, als Hilfe. Aber jede Geste hat eine Agenda. Jedes Geschenk einen Preis. Jede Umarmung eine versteckte Botschaft.


"Ich bin die bessere Mutter"

"Komm zu Oma, mein Schatz." Dieser Satz fällt hundertmal bei jedem Besuch. Aber es ist mehr als eine Einladung. Es ist eine Ansage: Ich bin die bessere Mutter.

Sie nimmt dein Baby aus dem Hochstuhl, ohne zu fragen. Wischt deinem Kleinkind die Nase, obwohl du schon das Taschentuch in der Hand hast. Kämmt deiner Tochter die Haare, "weil du das ja nie richtig machst."

Vor anderen inszeniert sie die perfekte Großmutter. "Ich helfe ihr ja, wo ich kann. Sie ist so überfordert." Du stehst daneben, während sie dein Kind füttert, wickelt, tröstet. Als wärst du die Assistentin, nicht die Mutter.

Wenn dein Kind weint, springt sie auf. Schneller als du. "Oma ist ja da." Wenn es Hunger hat, kocht sie. Ohne zu fragen. "Ich weiß, was meine Enkelkinder mögen."

Die Botschaft an deine Kinder: Oma kümmert sich besser. Oma weiß es besser. Oma liebt euch mehr.


Emotionale Erpressung

"Nach allem, was ich für euch tue..." Dieser Satz ist ihre Universalwaffe. Sie hütet die Kinder – und du schuldest ihr dafür ewige Dankbarkeit. Sie bringt Geschenke – und erwartet dafür unbegrenzte Besuchsrechte. Sie "hilft" dir – und macht dich damit zu ihrer Schuldnerin.

Die Rechnung präsentiert sie vor deinen Kindern: "Eure Mama lässt mich nicht mehr babysitten. Dabei liebe ich euch so sehr." "Ich würde ja öfter kommen, aber eure Mama will das nicht." "Oma ist ganz traurig, dass sie euch so selten sieht."

Deine Kinder schauen dich vorwurfsvoll an. Du bist die Böse, die Oma traurig macht. Die verhindert, dass sie ihre Enkelkinder sieht. Die undankbare Tochter.

Versuchst du zu erklären? "Oma übertreibt..." Macht es nur schlimmer. Jetzt bist du die, die schlecht über Oma redet.

💡 Mehr über emotionale Erpressung: Emotionale Erpressung verstehen: 5 Typische Anzeichen & konkrete Lösungen

Die Krankheits-Karte

Immer wenn du Grenzen setzt, wird sie krank. Der Blutdruck. Das Herz. Die Nerven. "Der Stress macht mich kaputt. Ich weiß nicht, wie lange ich noch habe."

Vor deinen Kindern hustet sie theatralisch. Fasst sich ans Herz. "Oma geht es nicht gut. Aber für euch bin ich da."

Deine Kinder bekommen Angst. Was, wenn Oma stirbt? Was, wenn es unsere Schuld ist? Sie klammern sich an sie, wollen sie beschützen. Und du? Stehst da als die herzlose Tochter, der Omas Gesundheit egal ist.

Die perfide Rechnung: Entweder du gibst nach – oder du bist schuld, wenn ihr etwas passiert. Vor deinen Kindern.

Der narzisstische Großvater: Macht durch Autorität

Seine Methoden sind direkter. Wo die Großmutter manipuliert, kommandiert er. Wo sie sich als Opfer inszeniert, inszeniert er sich als Patriarch. Seine Botschaft ist klar: Ich bin der Chef dieser Familie.


Das Familienoberhaupt-Syndrom

"In meinem Haus gelten meine Regeln." Auch wenn es dein Haus ist. Auch wenn es deine Kinder sind. Er sitzt am Kopf deines Esstisches. Bestimmt, was gegessen wird. Wann geredet werden darf. Wie sich "ordentliche Kinder" zu benehmen haben.

Er korrigiert deine Kinder – und dich: "Sitz gerade! Zu meiner Zeit hätten Kinder sich das nicht erlaubt." "Ihr verwöhnt sie. Die brauchen harte Hand." "Ein Junge weint nicht. Komm her, ich mach einen Mann aus dir."

Vor deinen Kindern demontiert er dich: "Deine Mutter hat schon als Kind nichts auf die Reihe bekommen." Die Hierarchie ist klar: Er steht oben. Du bist immer noch das Kind. Deine Kinder sollen sich einreihen.


Geld als Machtmittel

"Wer zahlt, bestimmt die Musik." Das Fahrrad zum Geburtstag. Die Nachhilfe. Der Zuschuss zum Schulausflug. Alles hat seinen Preis: Gehorsam.

"Wenn die Kinder nicht zu meinem Geburtstag kommen, können sie das Studium selbst zahlen." "Benehmen sie sich nicht, streiche ich sie aus dem Testament." "Für undankbare Enkel gibt es nichts."

Er kauft sich Macht. Über deine Kinder. Über dich. Du stehst vor der Wahl: Beugst du dich seinem Willen – oder erklärst du deinen Kindern, warum Opa sie "enterbt" hat?

Der Unterschied zur Großmutter: Er will keine emotionale Nähe. Er will Respekt. Unterwerfung. Anerkennung seiner Position. Deine Kinder sind seine Untertanen, nicht seine Lieblinge.

Übung: Die Zehen-Erdung

Sie sitzt in deinem Wohnzimmer. Kommentiert deine Einrichtung. Korrigiert deine Kinder. Du spürst, wie du schrumpfst. Die Stimme wird höher. Die Schultern ziehen sich zusammen. Du wirst wieder acht.

Jetzt brauchst du etwas, das niemand sieht. Keine große Geste. Keine Konfrontation. Nur eine kleine Technik, die dich in deinem erwachsenen Ich hält.

Die Übung: Drück deine Zehen in den Schuhen in den Boden. Abwechselnd. Links, rechts, links, rechts. Wie ein geheimer Rhythmus.

Niemand sieht es. Aber dein Körper spürt: Ich stehe fest. Ich bin hier. Ich bin erwachsen.

Während sie redet, während sie kritisiert – du drückst deine Zehen in den Boden. Es ist dein stiller Protest. Deine Art zu sagen: Du kannst mich nicht mehr umwerfen.

Dein Nervensystem braucht diese körperliche Verankerung. Es erinnert dich daran, dass du auf eigenen Füßen stehst. Nicht mehr auf den wackeligen Beinen eines Kindes.

Warum Willenskraft allein auf Dauer zu wenig ist

Diese Technik hilft im Moment. Du bleibst ruhiger, reagierst souveräner. Aber seien wir ehrlich: Es ist erschöpfend. Jedes Mal, wenn deine Mutter kommt, musst du dich wappnen wie für einen Kampf. Du managest, kontrollierst, regulierst. Ständig.

An guten Tagen schaffst du es. An schlechten Tagen – wenn du müde bist, gestresst, krank – vergisst du die Erdung. Dann reicht ein Blick von ihr, und du bist wieder acht.

Das Problem ist nicht, dass du zu schwach bist. Das Problem ist, dass du gegen vierzig Jahre Programmierung ankämpfst. Mit bewussten Techniken gegen unbewusste Muster.

Die wahre Lösung liegt tiefer. Nicht darin, deine Reaktion zu kontrollieren. Sondern darin, dass es nichts mehr zu kontrollieren gibt. Dass dein System gar nicht mehr in Alarm gerät. Aber das ist ein Prozess, kein Trick. Eine Neuverdrahtung, keine Technik.

Wie du mit deinen Kindern sprechen kannst

Die schwierigsten Gespräche sind nicht die mit deiner Mutter. Es sind die mit deinen Kindern. Die Fragen, die sie stellen. Die Verwirrung in ihren Augen. Die Loyalitätskonflikte, die du in ihnen siehst.

Du willst sie schützen, ohne zu lügen. Aufklären, ohne zu belasten. Stärken, ohne deine Mutter zu dämonisieren. Ein Balanceakt, für den es kein Training gibt.

Jedes Wort zählt. Denn was du jetzt sagst – oder nicht sagst – prägt, wie deine Kinder Beziehungen verstehen. Wie sie mit schwierigen Menschen umgehen. Ob sie lernen, dass manche Dinge nicht okay sind, auch wenn sie von Menschen kommen, die wir lieben.

Wenn Oma deine Regeln bricht

"Aber Oma hat gesagt, ich darf!" Dein Kind steht vor dir, Schokolade in der Hand. Eine Stunde vor dem Abendessen. Du hattest Nein gesagt. Oma hat es trotzdem erlaubt.

Dein erster Impuls: "Oma hat hier nichts zu sagen!" Aber stop. Damit machst du dein Kind zum Spielball zwischen zwei Fronten.

Die bessere Antwort:

"Bei Oma gelten Omas Regeln. Bei uns gelten unsere Regeln. Verschiedene Orte, verschiedene Regeln. Genau wie in der Schule andere Regeln gelten als zu Hause."

Keine Wertung. Keine Kritik an Oma. Nur eine klare Unterscheidung: Hier bestimmst du.

Dein Kind lernt: Regeln sind nicht universell. Erwachsene haben unterschiedliche Vorstellungen. Und das ist okay. Aber zu Hause gilt, was Mama und Papa sagen.

Diese Neutralität kostet dich Kraft. Innerlich kochst du. Aber dein Kind braucht keine Kriegserklärung. Es braucht Klarheit.

Wenn dein Kind dich "klein" erlebt

Deine Mutter kritisiert dich vor deinen Kindern. Du wirst rot, stammelst, weichst aus. Dein Kind sieht zu, wie du schrumpfst. Wie aus der starken Mama das kleine Mädchen wird.

Später, wenn ihr allein seid, spürst du die Frage in seinen Augen: Warum lässt du das mit dir machen?

Was du sagen kannst: "Das hast du vorhin gemerkt, oder? Dass es mir schwerfällt, wenn Oma so mit mir redet. Weißt du, auch Erwachsene haben manchmal noch Gefühle wie Kinder. Besonders bei ihren eigenen Eltern. Das ist normal."

Pause. Lass es sacken.

"Aber weißt du was? Nur weil ich in dem Moment unsicher bin, heißt das nicht, dass Oma recht hat. Es heißt nur, dass alte Gefühle hochkommen. Die haben nichts mit dir zu tun."

Du machst dich menschlich, ohne dich schwach zu zeigen. Du erklärst, ohne zu rechtfertigen. Du gibst deinem Kind Worte für etwas, was es gespürt aber nicht verstanden hat.

Das Wichtigste: Du zeigst, dass man über schwierige Gefühle sprechen kann. Dass Erwachsene nicht perfekt sein müssen. Dass es okay ist, manchmal klein zu sein – solange man darüber sprechen kann.

Fragen, die ins Herz treffen

"Warum mag Oma dich nicht?" Die Frage kommt aus dem Nichts. Beim Zähneputzen. Dein siebenjähriges Kind schaut dich im Spiegel an.

Dein Herz stoppt. Wie erklärt man einem Kind, dass Liebe in manchen Familien anders aussieht? Dass Mütter ihre Töchter als Konkurrenz sehen können? Dass nicht alle Großmütter wie die aus den Bilderbüchern sind?

Die ehrliche, aber schützende Antwort:

"Oma liebt mich. Aber sie zeigt Liebe anders, als du und ich das tun. Manchmal auf eine Art, die wehtut. Das ist nicht richtig, aber es ist ihre Art."

"Warum ändert sie das nicht?"

"Manche Menschen können nicht anders sein. Das ist traurig, aber es ist nicht meine Schuld. Und es ist auch nicht deine."

"Bin ich auch so?"

"Nein, Schatz. Du lernst gerade, wie man liebevoll ist. Wie man andere respektiert. Du machst das schon viel besser."

Du bleibst bei der Wahrheit, ohne ins Detail zu gehen. Du machst Oma nicht zum Monster, aber du beschönigst auch nichts. Dein Kind lernt: Es gibt verschiedene Arten von Liebe. Nicht alle sind gesund. Und das ist nicht die Schuld des Kindes.

Der Mechanismus: Warum du wieder zum Kind wirst

Deine Mutter betritt den Raum. Das ist alles. Mehr braucht es nicht.

Reiz → Verarbeitung → Reaktion

Der Reiz: Ihr Parfüm. Ihre Stimme. Die Art, wie sie die Tür aufmacht. Dein Nervensystem erkennt sie in Millisekunden.

Die Verarbeitung: Dein Gehirn scannt blitzschnell: Mutter = Gefahr. Nicht die rationale Gefahr einer Bedrohung. Die alte Gefahr: Liebesentzug. Ablehnung. Nicht-gut-genug-sein. Dein Stammhirn übernimmt.

Die Reaktion: Deine Schultern ziehen sich zusammen. Die Stimme wird höher. Du bewegst dich vorsichtiger. Wie auch immer du als Kind gelernt hast zu überleben.

Das passiert automatisch. Bevor dein erwachsener Verstand eingreifen kann. Vierzig Jahre Konditionierung gegen fünf Minuten Übung – kein fairer Kampf.

💡 Was die Wissenschaft sagt: Eine Studie von Schore (2003) zur Affektregulation zeigt: Die neuronalen Bahnen, die in den ersten Lebensjahren durch die Beziehung zur primären Bezugsperson entstehen, bleiben ein Leben lang dominant. Unter Stress greift das Gehirn automatisch auf diese frühen Muster zurück – selbst 40 Jahre später. Die gute Nachricht: Neuroplastizität ermöglicht Veränderung, aber es braucht konsistente Wiederholung neuer Muster über Monate, nicht Minuten.

Der Weg von der Kontrolle zur Gelassenheit

Die Zehen-Erdung hilft im Moment. Aber du spürst es selbst: Das ist Symptombekämpfung, keine Heilung. Wie Schmerztabletten bei einem gebrochenen Bein.

Die wahre Lösung liegt nicht darin, deine Reaktion zu kontrollieren. Sie liegt darin, dass es nichts mehr zu kontrollieren gibt. Dass deine Mutter dich nicht mehr triggert, weil der Trigger entschärft ist.

Das passiert in drei Schritten:


Entlarven: Die Show durchschauen

Wenn deine Mutter deine Erziehung kritisiert, geht es nicht um deine Kinder. Es geht um sie. Ihre Angst, nicht mehr wichtig zu sein. Ihren Schmerz, nicht mehr gebraucht zu werden.

"Du machst das falsch" bedeutet: "Ich fühle mich irrelevant."

"Die Kinder sind bei mir besser aufgehoben" bedeutet: "Ich ertrage es nicht, ersetzt zu sein."

Wenn du das erkennst – wirklich erkennst – verschiebt sich etwas. Sie wird von der allmächtigen Mutter zur alten Frau, die mit ihrer Bedeutungslosigkeit kämpft.


Entwaffnen: Das Nervensystem umprogrammieren

Erkenntnis allein reicht nicht. Dein Körper muss es auch glauben. Dein Nervensystem muss lernen: Diese Frau ist keine Gefahr mehr.

Das ist eine Neuverdrahtung. Deinem Körper immer wieder zeigen: Du bist sicher. Auch wenn sie kritisiert. Du bist erwachsen. Du überlebst das.

Mit der Zeit wird der alte Pfad überwachsen. Deine Mutter betritt den Raum, und dein System bleibt ruhig. Nicht weil du dich zwingst. Weil es gelernt hat: Das ist nur Lärm.


Souverän bleiben: In beiden Rollen gleichzeitig

Die Meisterschaft ist, beides zu sein: ihre Tochter UND die Mutter deiner Kinder. Ohne Konflikt.

Deine Mutter kritisiert deine Erziehung. Du hörst zu. "Interessante Sichtweise, Mama." Dann machst du weiter wie bisher. Ohne Rechtfertigung. Ohne Trotz.

Deine Kinder sehen: Mama ist freundlich zu Oma. Aber Mama lässt sich nicht verbiegen. Das ist die wichtigste Lektion, die du ihnen mitgeben kannst.

💡 Mehr über Selbst-Regulation: Selbstregulation & Polyvagaltheorie: Wie du dein Nervensystem beruhigst und innere Sicherheit findest

Der Moment, wenn du über Omas Show nur noch lächeln kannst

Du kannst weiter in ständiger Alarmbereitschaft leben. Zwei Wochen vor ihrem Besuch anfangen zu putzen. Nachts Gespräche üben, die nie so stattfinden. Während des Besuchs zur gespannten Feder werden. Danach krank vor Erschöpfung. Deine Kinder bekommen deine Gereiztheit ab, dein Partner deine Leere.

Oder du entwickelst diese Gelassenheit, die du vielleicht bei anderen bewunderst. Diese unerschütterliche Ruhe, wenn jemand den Raum betritt. Dieses Bei-sich-Bleiben, egal was passiert.

"Aber ich kann das nicht! Ich bin nicht so gelassen!"

Stimmt, vermutlich noch nicht. Sonst hättest du diesen Artikel nicht gelesen. Aber stell dir vor, ein Mönch wäre in deiner Situation. Würde er zwei Wochen vorher anfangen zu putzen? Würde sein Nervensystem in Panik geraten, wenn seine Mutter zu Besuch kommt?

Die Antwort kennst du. Aber hier ist das Entscheidende: Diese Gelassenheit ist kein angeborenes Talent. Es ist Training. Wie bei Mönchen, die jahrelang üben – nicht die Welt zu kontrollieren, sondern ihre Reaktion darauf.

Zwischen Reiz (Mutter betritt Raum) und Reaktion (du wirst klein) liegt ein winziger Raum. In diesem Raum liegt deine Macht. Dort kannst du neu entscheiden. Nicht über Nacht, aber Schritt für Schritt.

Stell dir vor: Deine Mutter kündigt ihren Besuch an. Du merkst es im Kalender vor. Wie den Zahnarzttermin. Nicht angenehm, aber kein Drama. Sie kritisiert deine Vorhänge. "Ja, die sind nicht jedermanns Geschmack", sagst du. Und meinst es so.

Nach ihrem Besuch bist du müde. Normal müde. Nicht ausgehöhlt. Deine Kinder haben eine Oma, die manchmal komisch ist. Aber das macht nichts. Weil Mama damit okay ist.

Das ist dein Geschenk an sie: Nicht die perfekte Familie. Sondern die Gewissheit, dass man mit schwierigen Menschen leben kann, ohne sich selbst zu verlieren.

Und das ist erlernbar.

Klare Grenzen, Innere Ruhe.
Das Coaching-Programm.

Tiefer eintauchen

Seit über 13 Jahren begleite ich Menschen dabei, sich aus toxischen Beziehungen zu befreien, gesündere Beziehungs-Entscheidungen zu treffen und wieder ganz zu sich selbst zu finden.

Meine Methode verbindet die effektivsten Ansätze aus Coaching, Persönlichkeitsentwicklung, buddhistischer und allgemeiner Psychotherapie, Taoismus, Stoizismus und Resilienzforschung.

Wenn du diesen Weg selbst gehen möchtest, freue ich mich darauf, dich kennenzulernen.

Andreas