Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung ist eine der komplexesten Persönlichkeitsstörungen überhaupt. Sie gilt als kaum behandelbar und verursacht hohe Kosten, besonders für das Umfeld der Betroffenen. Später auch für diese selbst.
Definition: Was ist eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung?
Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung beschreibt eine psychische Normabweichung, bei der die Betroffenen ein tiefgreifendes Muster von Großartigkeit in Fantasie und Verhalten zeigen, verbunden mit einem enormen Bedürfnis nach Bewunderung und hoher Kränkbarkeit. Oft schon bei ausbleibender Sonderbehandlung. Wer an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet, fordert Sonderrechte und Sonderbehandlungen für sich ein, ohne etwas dafür leisten zu wollen. Meist findet sich ein übersteigertes Selbstvertrauen. Die Betroffenen überschätzen eigene Leistungen und Errungenschaften. Krankheitswert erhält die Narzisstische Persönlichkeitsstörung, wenn die Betroffenen selbst oder ihr Umfeld darunter leiden und die allgemeinen Kosten den Nutzen übersteigen.
Bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung fehlt ein authentisches Selbst
Eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung kann sich entwickeln, wenn die Betroffenen in ihrer Kindheit in ihrem Selbstwert entweder durchweg erniedrigt oder unrealistisch erhöht wurden. In beiden Fällen konnte sich kein "echtes" Selbst entwickeln. Wurden sie regelmäßig entwertet, bildet sich ein falsches Selbst als Kompensation der erlittenen Entwertungen.
Wurden sie dauernd unrealistisch erhöht, bildet sich ein falsches Selbst, das auf der permanenten Überhöhung ihrer Bedeutsamkeit aufbaut und kein in der realen Welt verankertes Fundament besitzt.
Obwohl man früher dachte, dass Männer häufiger von der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung betroffen sind, scheint die Geschlechterverteilung dieser Störung heutzutage eher ausgeglichen zu sein, wobei sich die Erscheinungsformen voneinander unterscheiden können.
Was bedeutet narzisstisch?
Das Wort Narzissmus geht auf den Mythos vom schönen Narcissus (Narziss) und der Bergnymphe Echo zurück. Er wurde über die Jahrhunderte in verschiedenen Formen überliefert und "neu aufgelegt". Meine Lieblingsversion ist der Narziss-Mythos von Oscar Wilde.
Der Erste, der die mythologische Figur des Narziss mit der übersteigerten Selbstliebe bzw. Selbstsucht des Narzissmus in Verbindung brachte, war im Jahr 1898 der britische Sexualforscher Henry Havelock Ellis.
Der von ihm beschriebene "Auto Erotism" beschrieb ursprünglich eine Sexualstörung, bei der die Betroffenen nur sexuellen Gefallen an sich selbst finden. Ellis war ein Zeitgenosse von Sigmund Freud, mit dem er sich regelmäßig austauschte.
Ein Jahr später sah der deutsche Psychiater Paul Näcke (1899) die Selbstbewunderung als den Kern der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung an, wodurch man wieder mehr von der Betrachtung des Narzissmus als rein sexuelle Störung abrückte.
Sigmund Freud und die Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Erst Sigmund Freud hat 1914 in seinem Werk "Zur Einführung des Narzissmus" unser heutiges Verständnis wesentlich geprägt. Er wies bereits damals darauf hin, dass Narzissmus nicht durchweg krankhaft sei, sondern jedes Kind eine gesunde narzisstische Phase in seiner Entwicklung durchläuft.
In der Folge haben sich unzählige Forscher mit dem Narzissmus beschäftigt und wertvolle Beiträge geleistet. Zu den m. E. Bedeutendsten darunter zählen der amerikanische Psychiater Otto F. Kernberg, der österreichisch-amerikanische Arzt und Psychiater Heinz Kohut und der deutsche Psychoanalytiker und Arzt Stephan Doering.
Durch die Arbeit solch unermüdlicher Forscher des Geistes ist unser heutiges Verständnis von Narzissmus und seinen verschiedenen Erscheinungs- und Ausdrucksformen deutlich umfangreicher und differenzierter geworden.
Der Pschyrembel definiert die Narzisstische Persönlichkeitsstörung heute als:
Narzisstische Persönlichkeitsstörung Definition
"Form der spezifischen Persönlichkeitsstörung, die durch einen überhöht wirkenden, aber eigentlich instabilen Selbstwert mit leichter Kränkbarkeit gekennzeichnet ist. Zusätzlich besteht ein hohes Anspruchsdenken mit ausbeuterischem Beziehungsstil. Die Behandlung erfolgt überwiegend psychotherapeutisch und wird durch die oft fehlende Krankheitseinsicht erschwert. Chronische Verläufe sind häufig."
Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung als Teil der Cluster-B-Störungen
Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS) zählt zu den so genannten Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen. Hierzu gehören neben der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung auch die:
Unter dem Cluster B werden im amerikanischen Diagnosemanual DSM-V Persönlichkeitsstörungen zusammengefasst, die mit Launenhaftigkeit, emotionalen Auffälligkeiten, Impulsivität und unkontrollierbarer Wut einhergehen. Menschen mit einer Cluster-B-Persönlichkeitsstörung haben häufig große Probleme in ihren Beziehungen. Dazu zählt beispielsweise ein gestörtes Nähe-Distanz-Verhältnis. Zusätzlich sind hier das Selbstbild und das Selbstwertgefühl beeinträchtigt.
Diagnose und Klinik der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Das Wort "Narzissmus" und auch die Narzisstische Persönlichkeitsstörung sind heute zu Modebegriffen geworden. Man stolpert überall darüber. Vor allem dann, wenn jemand mit dem Verhalten seiner Mitmenschen nicht einverstanden ist.
- "Mein Mann ist so ein Narzisst."
- "Mein Chef ist ein psychopathischer Narzisst."
- "Meine Nachbarin ist eine weibliche Narzisstin."
Das sind typische Aussagen unserer Zeit und auch die Medien gebrauchen das Wort inflationär. Zunächst einmal haben wir alle narzisstische Züge. In einem gewissen Rahmen ist das notwendig und gesund. Auch Kinder durchlaufen in ihrer Entwicklung eine natürliche narzisstische Phase (primärer Narzissmus).
Eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung im klinischen Sinne bedeutet viel mehr, als ein egoistischer Persönlichkeitsstil und nur weil jemand mal nicht unsere Meinung teilt, ist er nicht gleich ein Narzisst.
Um eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren, gibt es klare Kriterien, die erfüllt sein müssen. Hier findest du die Eigenschaften, die für die Diagnose relevant sind. Sowohl nach dem in den USA gültigen Diagnoseschlüssel, dem DSM-V und auch nach der in Deutschland nach wie vor gültigen ICD-10-GM. Beide nehmen sich in diesem Fall nichts.
Ein tiefgreifendes Muster von Großartigkeit (in Fantasie oder Verhalten), Bedürfnis nach Bewunderung und Mangel an Empathie. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter, und das Muster zeigt sich in verschiedenen Situationen. Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
- 1Hat ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit (z.B. übertreibt die eigenen Leistungen und Talente; erwartet, ohne entsprechende Leistungen als überlegen anerkannt zu werden).
- 2Ist stark eingenommen von Fantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht, Glanz, Schönheit oder idealer Liebe.
- 3Glaubt von sich, "besonders" und einzigartig zu sein und nur von anderen besonderen oder angesehenen Personen (oder Institutionen) verstanden zu werden oder nur mit diesen verkehren zu können.
- 4Verlangt nach übermäßiger Bewunderung.
- 5Legt ein Anspruchsdenken an den Tag (d.h. übertriebene Erwartungen an eine besonders bevorzugte Behandlung oder automatisches Eingehen auf die eigenen Erwartungen).
- 6Ist in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch (d.h. zieht Nutzen aus anderen, um die eigenen Ziele zu erreichen).
- 7Zeigt einen Mangel an Empathie: Ist nicht willens, die Gefühle und Bedürfnisse anderer zu erkennen oder sich mit ihnen zu identifizieren.
- 8Ist häufig neidisch auf andere oder glaubt, andere seien neidisch auf ihn/sie.
- 9Zeigt arrogante, überhebliche Verhaltensweisen oder Haltungen
Diagnosekriterien der deutschen ICD-10-GM
Die in Deutschland gültige ICD-10-GM gönnt der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung keine eigene Kategorie, sondern verbucht sie im Kapitel F60.8 unter "Sonstige Persönlichkeitsstörungen", wo sie immerhin als F 60.80 als Narzisstische Persönlichkeitsstörung genannt wird.
Der Hintergrund hierfür ist nicht zuletzt ein seit Jahrzehnten andauernder Streit unter den Fachleuten darüber, ob die Narzisstische Persönlichkeitsstörung aufgrund ihrer starken Verbreitung überhaupt noch als Störung gelten kann oder nicht sogar schon zur Normalität geworden ist.
Böse Zungen behaupten, dass die betreffenden Fachleute befürchten, dass ihr eigener Narzissmus auffliegen könnte, wenn sie der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung in der ICD-10 ein hervorgehobenes Kapitel zugestehen würden.
Neben den allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung (F 60) müssen nach der ICD-10-GM zur Diagnose der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung mindestens fünf der folgenden Merkmale vorliegen*2:
Merkmale der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung gemäß ICD-10
Du siehst, die Diagnosekriterien des DSM-V und der ICD-10 sind bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung im Grunde identisch, was sonst nicht immer der Fall ist. Bevor wir gleich noch tiefer einsteigen, möchte ich dich noch auf etwas hinweisen.
Bitte keine Selbst- oder Fremddiagnosen
Eine kurze Bitte an dich: Die Informationen auf dieser Seite sind nicht dazu gedacht, dich selbst oder andere zu "diagnostizieren". Das bleibt speziell ausgebildeten Fachkräften wie klinischen Psychologen und Psychiatern vorbehalten und hätte auch wenig Nutzen für den Alltag. Die hier angebotenen Informationen können dir als Hinweise dienen und helfen, dich im Zweifelsfall angemessen zu verhalten und Schaden abzuwenden. Kommst du aufgrund dessen, was du hier oder anderswo gelesen und gelernt hast zu dem Schluss, dass es sich bei einem anderen um einen Narzissten oder dergleichen handeln könnte, dann sieh es bitte nicht als Diagnose sondern als "Arbeitshypothese" an. Vielen Dank!
Wie häufig ist die Narzisstische Persönlichkeitsstörung?
der Menschen in Deutschland leiden an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS) in Zahlen
Geschlechterverteilung bei der NPS (m/w)
Anteil an klinisch erfassten Patienten in D
Suizidrate Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Verlässliche Zahlen für die Narzisstische Persönlichkeitsstörung sind leider nach wie vor kaum zu bekommen. Verschiedene Studien gelangen zu teils weit auseinander klaffenden Ergebnissen. Hinzu kommt die fehlende Krankheitseinsicht der Betroffenen, die sich nicht als gestört erleben und deshalb freiwillig niemals in Therapie begeben würden.
Wenn also eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wird, dann meist als Zufallsbefund oder sekundäre Diagnose, wenn die Betroffenen wegen anderer Probleme eine Therapie aufsuchen. Hier stehen dann die Beschwerden der anderen Krankheit im Vordergrund.
Häufig wird die Narzisstische Persönlichkeitsstörung auch als forensische Diagnose gestellt, wenn von Straftätern ein Psychogramm angefertigt wird, um über die Schuldfähigkeit oder die öffentliche Gefährdung nach einer Haftentlassung entschieden werden muss.
Du kannst davon ausgehen, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist, als die rund 1 Prozent, die meistens angegeben werden. Und selbst das wären bereits über 800.000 Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung allein in Deutschland. Es gibt Studien die davon ausgehen, dass bis zu 6,4% der deutschen Bevölkerung betroffen sind. Das wäre etwa jede(r) Fünfzehnte.
Geschlechterverteilung bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Man ist lange davon ausgegangen, dass die Narzisstische Persönlichkeitsstörung deutlich mehr Männer betrifft, als Frauen. Meist wird aufgrund früherer Untersuchungen davon ausgegangen, dass der Anteil der Frauen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung etwa bei einem Viertel liegt, der Anteil der Männer demnach bei etwa drei Vierteln.
Diese Werte sind heute so nicht mehr haltbar, obwohl man sie noch häufig liest. Zum einen beschreiben die Diagnosekriterien für die Narzisstische Persönlichkeitsstörung nach dem amerikanischen DSM-V und der deutschen ICD-10-GM eher die männliche Form der NPS.
Dadurch werden der weibliche Narzissmus bzw. Frauen und Männer mit einer zum weiblichen Typ der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung neigenden Ausprägung in den Statistiken kaum erfasst.
Zum anderen holen Frauen aufgrund soziokultureller und demographischer Entwicklungen bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leider auf, sodass viele Experten die Geschlechterverteilung realistisch auf etwa 50:50 einschätzen.
Wie äußert sich eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung?
Wie sich eine narzisstische Persönlichkeitsstörung zeigt, hängt nicht zuletzt vom Schweregrad der Störung ab. Bei leichterer Ausprägung kann es sogar sein, dass das typisch narzisstisches Verhalten nur in bestimmten Lebensbereichen auftritt, während es in anderen kaum sichtbar wird.
Daneben gibt es verschiedene Subtypen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Hier macht es einen großen Unterschied, ob die betroffene Person zum Beispiel eher zum grandios-malignen Narzissmus oder zum verdeckten Narzissmus neigt.
Dennoch dreht sich das Erscheinungsbild um die gleichen Kerneigenschaften. Es variiert aber stark darin, wie im Einzelfall damit umgegangen wird. Besonders in den ersten beiden Lebensdritteln sind viele Narzissten sehr erfolgreich. Sie sind meist überaus leistungsfähig und werden von ihren Mitmenschen auch zu Recht bewundert.
Erst in späteren Jahren beginnt die Fassade dann zu bröckeln. Denn Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung beuten nicht nur andere aus, sondern auch die eigene Gesundheit. Krankheiten, Fehlschläge, Verlassen zu werden; all das sind narzisstische Kränkungen. Mit dem Alter werden sie häufiger.
Das grandiose Selbstbild darf nicht wanken
Viele Narzissten können nicht damit umgehen, wenn ihre eigene Grandiosität ins Wanken gerät. Viele Jahre sind sie durch ihr überhöhtes Selbstbild vor suizidalen Tendenzen sicher.
Gerät das überhöhte Selbst jedoch unwiederbringlich ins Wanken und können sie irgendwann nicht mehr an ihre Großartigkeit glauben, wissen sich viele Menschen mit diesem Störungsbild nicht anders zu helfen, als ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Deshalb hat die Narzisstische Persönlichkeitsstörung auch die höchste Suizidrate aller Persönlichkeitsstörungen und gehört auch in diesem Bereich zum zweifelhaften Spitzenfeld aller psychischer Erkrankungen zusammengenommen. Die höchste Suizidrate weisen die Depressionen mit 15% auf, die Narzisstische Persönlichkeitsstörung liegt mit 10% nur knapp dahinter.
Die 5 Kerneigenschaften der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Jeder Mensch mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung weist verschiedene Kerneigenschaften auf. Sie sind immer vorhanden (sonst handelt es sich nicht um eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung), können aber unterschiedlich gewichtet sein und in verschiedenen Lebensphasen oder Situationen mal mehr, mal weniger zum Tragen kommen.
Sie lassen sich gut mit den 5-E's des österreichischen Psychiaters und Psychotherapeuten Reinhard Haller*4 zusammenfassen:
- Egozentrismus
- Eigensucht
- Empathielosigkeit
- Empfindsamkeit
- Entwertung
Entwertung ist eine der unangenehmsten Eigenschaften von Narzissten
Die Entwertung anderer ist dabei sicher eine der unangenehmsten Seiten der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Bestimmte Subtypen neigen mehr dazu, als andere. Besonders Menschen, die in ihrer Kindheit stark entwertet wurden, entwerten später verstärkt andere.
Aber auch Menschen, die an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden und selbst über wenig Leistungswillen verfügen, setzen lieber andere herab, als durch eigene Leistungen zu glänzen. Wer andere erniedrigt, glaubt zumindest, dadurch selbst größer zu erscheinen, ohne sich durch eigene Erfolge oder Bemühungen hervortun zu müssen.
Für eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung müssen alle 5 Eigenschaften vorliegen. Wenn jemand beispielsweise gerne andere Menschen herunterputzt, gleichzeitig aber auch über seine eigenen Missgeschicke lachen kann, ist er kein Narzisst, da die ihm die übertriebene Empfindsamkeit fehlt.
Egozentrismus
Egozentrismus oder auch Egozentrik ist sicher das bekannteste Merkmal der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Narzissten denken in erster Linie an sich. Auch in zweiter Linie und sonst immer. Egozentrismus geht dabei über reinen Egoismus hinaus. Letztendlich ist jede menschliche Handlung egoistisch motiviert.
Würden wir uns nicht einen Vorteil davon versprechen, würden wir keinen Finger krümmen. Selbst die altruistischsten Taten werden von Menschen vollbracht, denen ihre "Selbstlosigkeit" etwas von höherem Wert gibt. Zum Beispiel das Gefühl, ein sinnerfülltes Leben zu führen, wenn sie anderen Menschen dienen und helfen. Daran ist nichts verkehrt.
Der Egoismus im hier gemeinten Sinne sucht jedoch NUR den eigenen Vorteil und nimmt Nachteile für andere billigend in Kauf. Diese Form des Egoismus ist typisch für die Narzisstische Persönlichkeitsstörung.
Die Egozentrik geht noch über den Egoismus hinaus. Reine Egoisten sind zu einem gewissen Maß in der Lage, auch andere Perspektiven einzunehmen oder abweichende Meinungen stehen zu lassen, auch wenn sie sich am Ende immer für den eigenen Vorteil entscheiden.
Egozentriker denken dagegen absolutistisch. Sie sind weder in der Lage, andere Standpunkte als ihre eigenen zu durchdenken, noch lassen sie es zu, dass andere Menschen eine andere Meinung vertreten, als sie. Ein Egozentriker sagt nicht "Dein Kleid gefällt mir nicht" sondern "Dein Kleid ist hässlich".
Der Egozentrismus, wie er typisch für die Narzisstische Persönlichkeitsstörung ist, hält seine Werturteile, Haltungen und Meinungen für das Maß der Dinge und ist bereit, sie bis aufs Blut zu verteidigen. Manchmal sogar wortwörtlich.
Eigensucht
Man liest häufig, dass Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung an übersteigerter Eigenliebe leiden würden. Tatsächlich ist das falsch. Ein Narzisst liebt sich nicht selbst, auch wenn es nach außen so wirkt. Er ist süchtig nach sich selbst.
Auf einem Gruppenfoto werden seine Blicke magnetisch von seinem eigenen Abbild angezogen. Die anderen auf dem Bild nimmt er kaum wahr. Er kann an keinem Schaufenster vorbeigehen, ohne sich selbst darin zu betrachten. Im Narziss-Mythos verliebte sich der junge Narcissus in sein eigenes Spiegelbild auf der Oberfläche eines kleinen Sees und wurde süchtig danach.
Ist die Narzisstische Persönlichkeitsstörung stark ausgeprägt, bezieht ein Narzisst alles auf sich selbst. So, als würde er in einer virtuellen Realität leben und wäre als Einziger echt darin. Alle anderen existieren nur in Bezug auf ihn.
Jede Informationen wird auf ihren Gehalt an narzisstischer Zufuhr hin untersucht. Was immer sein überhöhtes Selbstbild stärkt, wird wahrgenommen und angenommen. Wird er kritisiert oder kratzt etwas an seiner Grandiosität, wird es ignoriert, verzerrt oder entwertet. Wer es wagt, ihn zu kritisieren, muss mit seinem "heiligen" Zorn rechnen.
Diese Eigenschaft von Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung, dass sie alles auf sich beziehen, kann im Extremfall wahnhafte Züge annehmen. Dann erinnert sie an den Beziehungswahn bei Schizophrenie, bei dem die Betroffenen alles was sie beobachten und was ihnen widerfährt, auf sich beziehen.
Empathielosigkeit
Die Behauptung, dass Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung keine Empathie besitzen, ist ebenso falsch, denn es gibt mindestens zwei Arten von Empathie:
- Kognitive Empathie und
- Emotionale (mitfühlende) Empathie
Kognitive Empathie
Unter kognitiver Empathie versteht man die Fähigkeit eines Menschen, ein theoretisches Verständnis dafür zu entwickeln, wie andere sich sehr wahrscheinlich fühlen. Jedoch sind dabei die Spiegelneurone nicht oder nur sehr wenig beteiligt. Wer nur kognitive Empathie besitzt, versteht, was andere empfinden, nimmt daran jedoch keinen Anteil.
Eine hohe kognitive Empathie ist typisch für Narzissten und noch mehr für Psychopathen. Durch sie können sie in ihren Mitmenschen lesen, wie in einem offenen Buch und sind in der Lage, innerhalb kürzester Zeit die positiven wie negativen psychologischen Knöpfe des Gegenübers zu erfassen und diese nach Belieben zu drücken.
Die hohe kognitive Empathie gleicht sehr wahrscheinlich die kaum vorhandene emotionale Empathie aus. Ähnlich wie bei einem Blinden die anderen Sinne geschärft sind, um das fehlende Sehen teilweise auszugleichen. Narzissten verfügen also über eine stark ausgeprägte kognitive und eine nur schwach ausgeprägte emotionale Empathie.
Es ist nicht so, dass sie gar nicht mit ihren Mitmenschen mitfühlen würden. Allerdings tun sie dies nur sehr oberflächlich und schaffen es nicht, die Bedürfnisse anderer wichtiger zu nehmen, als ihre eigenen. Es sei denn, sie geben dies vor, um den anderen in ihrem Sinne zu manipulieren.
Emotionale Empathie
Emotionale Empathie ist das, was wir eigentlich meinen, wenn wir von Empathie sprechen. Wobei das auch nicht ganz korrekt ist. Es gibt zwar eine kognitive Empathie ohne eine emotionale Empathie. Wer aber über emotionale Empathie verfügt, besitzt automatisch auch kognitive Empathie.
Bei der emotionalen Empathie nehmen wir Anteil an der Freude und dem Leid anderer Menschen. Unser Mitgefühl ist dabei ein guter Schutz gegen das Bedürfnis, unser Verständnis von dem, was im anderen vor sich geht, für unsere eigenen Zwecke zu missbrauchen. Bei der emotionalen Empathie sind die Spiegelneurone beteiligt.
Selbstmitleid
Obwohl sie wenig bis gar nicht mit anderen mitfühlen, besitzen Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung eine stark ausgeprägte Leidensfähigkeit mit ihrem Schicksal. Eigenes Leid wird dabei in grandioser Weise überbewertet. Auch auf diese Weise kann ein Narzisst für sich wieder eine Sonderstellung beanspruchen.
Doch die "Eigen-Empathie" des Narzissten ist vielschichtig. Sehr lange Zeit sind Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung gefeit gegen Selbstmitleid, da es sich kaum mit ihren Größenfantasien vereinbaren lässt. Eine Ausnahme bilden hier die verdeckten Narzissten.
Solange ihre narzisstische Abwehr gegen die tief sitzende Angst, nicht so großartig zu sein, wie sie es von sich selbst glauben müssen, funktioniert, gibt es für Narzissten keine Veranlassung zum Selbstmitleid. Passieren jedoch Dinge, die sie nicht mit ihrem grandiosen Selbstbild vereinen können, stürzen sie in einen Brunnen aus Selbstmitleid, aus dem sie kaum noch herauskommen.
Oft reichen hierfür vermeintliche Kleinigkeiten, die sie jedoch nicht "wegbekommen". Diese Kleinigkeiten gefährden dann ihr überhöhtes Selbstbild und sie beginnen sich zu fragen, womit so ein wunderbarer Mensch wie sie solch ein Schicksal verdient hat. Auch hier zeigt sich die narzisstische Anspruchshaltung der ihnen zustehenden Sonderbehandlung. Auch vom Schicksal.
Empfindsamkeit
Wer an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet, muss sein künstlich überhöhtes Selbstbild um jeden Peis schützen, da es in Wahrheit äußerst zerbrechlich ist. Daher entwickeln Narzissten starke Abwehrreaktionen, sobald Kritik oder Misserfolge den Glauben an ihre Großartigkeit gefährden könnten.
Deshalb sind Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung so leicht kränkbar. Sie können schon mit der geringsten Kritik nicht umgehen und tragen sie dem Kritiker häufig ein Leben lang nach. Aber Narzissten reagieren nicht bloß auf offen geäußerte Kritik hyperallergisch.
In den meisten Fällen reicht das Ausbleiben der von ihnen wie selbstverständlich vorausgesetzten Sonderbehandlung. Dabei fällt auf, dass sie diese sogar dann erwarten, wenn ihr Status überhaupt keinen Anlass dazu gibt, sie zu hofieren. Fühlt sich ein Narzisst nicht bevorzugt behandelt, wankt sein überhöhtes Selbstbild.
Um es zu stabilisieren wird dann die Person entwertet, die sich diese "Majestätsbeleidigung" erlaubt hat. So kommt es nicht selten vor, dass Menschen mit ausgeprägter Narzisstischer Persönlichkeitsstörung Kellner anbrüllen, weil sie ihnen nicht von sich aus den besten Tisch im Restaurant zugewiesen haben. "Was fällt Ihnen ein?! Wissen Sie nicht, wer ich bin?!"
Ein Narzisst verzeiht so einen Fauxpas nicht. Am empfindlichsten reagieren viele Narzissten auf drohenden oder vorhandenen Aufmerksamkeits- und Liebesentzug. Dieser triggert unmittelbar eine ihrer größten Ängste, nämlich nicht liebenswert zu sein.
Das wird besonders dann ein Problem, wenn die Partnerin eines Narzissten die toxische Beziehung beenden möchte, in der sie sich mit ihm befindet. Hier muss man genau wissen, was man tun sollte und auf keinen Fall tun darf. Es gibt diverse Fallstricke zu umgehen. Die Trennung von einem Narzissten benötigt in der Regel eine gute strategische Vorbereitung.
Entwertung
Die Entwertung anderer ist eine der unangenehmsten Eigenarten von Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Meist entwerten Narzissten ihre Mitmenschen über herabsetzende und verletzende Worte und abschätzige Mimik und Gestik. In einigen Fällen geht die Erniedrigung und Entwertung sogar darüber hinaus.
Das ist vor allem bei malignen Narzissten der Fall, die Aspekte der dunklen Triade der Persönlichkeit zeigen. Hier ist der bösartige Narzissmus mit Machiavellismus und Psychopathie kombiniert.
Am schlimmsten ist die Entwertung sicher bei der dunklen Tetrade, wenn sich auch noch der Sadismus als Eigenschaft hinzugesellt. Diese Kombination der schlechtesten menschlichen Eigenschaften findet sich häufig bei Serienkillern, Sektenführern und Intensivstraftätern.
Besonders Menschen, die in ihrer Kindheit selbst entwertet wurden, neigen später dazu, andere zu entwerten und zu erniedrigen. Macht über andere zu spüren, gibt ihnen ein Hochgefühl. Mitleid mit ihren Opfern empfinden sie dabei keins. Nicht jeder Subtyp der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung neigt gleich stark zu Entwertung.
Neben den genannten Formen kommt sie besonders stark bei solchen Narzissten vor, die nicht selbst glänzen wollen oder können und sich anderen dennoch überlegen fühlen wollen.
Wer sich selbst nicht über andere erheben kann, darf so bequem auf seinem niedrigen Niveau bleiben und die anderen runter machen. Dann wirkt er immer noch größer. Zumindest glaubt er selbst das.
15 weitere Merkmale der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Neben den genannten 5 E's der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung gibt es noch viele weitere Anzeichen. Die folgenden 15 Eigenschaften sind besonders typisch für krankhaften Narzissmus.
1. Narzissten entschuldigen sich nicht
Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung können sich nicht entschuldigen. Es passt nicht zu ihrem Selbstverständnis. Da sie sich für grandios und unfehlbar halten, können sie gar nicht schuld sein. Egal wie offensichtlich ihr Verschulden anderen erscheinen mag.
Es gehört zu den bezeichnenden Abwehrmechanismen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung, dass alles Gute sich selbst zugeschrieben wird und alles Schlechte von außen kommt.
Eine Ausnahme bilden hier verdeckte Narzissten, die zum einen stärker zwischen einem negativen und einem überhöhten Selbstbild hin und her pendeln. Zum anderen Entschuldigungen oft manipulativ einsetzen, um zu bekommen, was sie wollen.
2. Narzisst erwarten Verständnis für sich selbst, haben aber kein Verständnis für andere
Da Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung sich selbst für grandios halten, empfinden sie es als selbstverständlich, dass sich alle nach ihnen richten. Ihre eigenen Anliegen, Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche zählen stets mehr, als die der anderen. Deshalb fordern sie jede Menge Verständnis für sich, sehen jedoch keine Notwendigkeit, das gleiche Verständnis auch den anderen zukommen zu lassen.
3. Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung erwarten durchgehend eine Sonderbehandlung
Das Empfinden der eigenen Grandiosität ist auch der Grund für die erwartete Sonderbehandlung von Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Bleibt sie aus, fühlt sich der Narzisst gekränkt und reagiert mit narzisstischer Wut um die erlittene Schmach auszugleichen und sein grandioses Selbstbild zu stabilisieren.
Wird die Sonderbehandlung gewährt, bestätigen und stützen die Betroffenen so wiederum ihr Grandiositätsempfinden. Die Sonderbehandlung dient ihnen dann als Bestätigung ihrer Überlegenheit.
4. Narzissten delegieren gern unangenehme Aufgaben
Ebenfalls dem grandiosen Selbstbild ist es geschuldet, dass, wer an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet, sich zu fein ist für banale Aufgaben. Vor allem für diejenigen, die ihm lästig fallen. Möge sich damit doch lieber das gemeine Fußvolk beschäftigen. Als Rechtfertigung dafür, sich mit solchen Nichtigkeiten nicht belasten zu können, erfinden Narzissten oft die abenteuerlichsten Begründungen. Viele davon klingen auf den ersten Blick sogar fast überzeugend.
5. Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung verlieren schnell die Fassung
Läuft etwas nicht so, wie sie es sich vorstellen oder werden sie in irgendeiner Form in ihrem Vorankommen behindert, reagieren Betroffene schnell mit Wut und fahren aus der Haut. Darin spiegelt sich zum einen ihre Fassungslosigkeit, dass einem Menschen wie ihnen so etwas widerfährt. (Was ist das für eine Welt, in der so etwas möglich ist?)
Zum anderen dient die Wut dazu, das Gegenüber einzuschüchtern und am Ende doch noch den eigenen Willen durchzusetzen, wo das möglich ist. Häufig reichen Kleinigkeiten aus, um einen Narzissten aus der Fassung zu bringen. Besonders gefürchtet ist die Wut des malignen Narzissten, die zu grausamen Racheakten führen kann.
6. Narzissten sind extrem nachtragend und verzeihen nicht
Wer einen Narzissten kränkt, offen kritisiert oder sich weigert, seine Grandiosität anzuerkennen, legt oft den Grundstein für eine lebenslange Feindschaft. Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung können sich zwar selten an ihre Zusagen erinnern, wenn sie diese nicht mehr einhalten wollen. Dafür haben sie ein Elefantengedächtnis, wenn es um erlittene Kränkungen geht.
In Extremfällen rächen sie sich Jahrzehnte später für Kleinigkeiten, die ihnen ein anderer vermeintlich angetan haben soll. Dabei fällt die Rache auch noch völlig unverhältnismäßig aus. Hier zeigt sich erneut, wie verletzlich das überhöhte Selbstbild eines Narzissten ist und welcher Aufwand betrieben wird, um es zu stabilisieren.
7. Ein Narzisst verhält sich stark manipulativ
Permanente Manipulation der Mitmenschen ist bezeichnend für die Narzisstische Persönlichkeitsstörung. Dabei manipuliert ein Narzisst eher intuitiv, fast instinktiv, wie ein Tier seinen Instinkten folgt. Häufig wird Narzissten bewusste Manipulation unterstellt. Obwohl diese auch vorkommt, ist sie eher typisch für Psychopathen.
Dabei verfügen Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung über ein reichhaltiges Arsenal an Manipulationen. Ihre Methoden sind manchmal offensichtlich, in vielen Fällen sehr subtil und so gut versteckt, dass die Manipulierten zwar spüren, dass etwas schräg ist, es jedoch selten benennen, geschweige denn sich dagegen wehren können.
Wenn man ihre Methoden kennt, fällt es leichter, nicht darauf reinzufallen. Das ist nicht nur im Alltag hilfreich, wenn man schon einen Narzissten in seinem Umfeld hat. Es nützt auch viel, wenn man dabei ist, neue Menschen kennenzulernen. Besonders beim Dating ist es nützlich, die zahlreichen Red Flags narzisstischer Manipulation zu kennen und zu erkennen.
8. Narzissten haben keine langfristigen guten Freundschaften
Sowohl das Verhalten als auch die typischen Charaktereigenschaften von Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung machen es ihnen so gut wie unmöglich, langfristige Freundschaften zu unterhalten. Die meisten Narzissten haben auch kaum Interesse daran.
Narzissten verletzen aufgrund ihrer Grandiosität gerne das "Gesetz vom Ausgleich von Geben und Nehmen in Beziehungen" (soziale Reziprozität).
Während gesunde Menschen das Bedürfnis verspüren, das, was sie in einer Freundschaft oder Partnerschaft vom anderen bekommen, über kurz oder lang in irgendeiner Form auszugleichen, glauben Narzissten, dies aufgrund ihrer Großartigkeit gar nicht nötig zu haben.
Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung haben ausgesprochene Nehmerqualitäten, geben aber in der Regel nur dann, wenn sie sich später einen Vorteil davon versprechen. Sie leisten beispielsweise ungefragte Gefallen, um diese dann hinterher zehnfach wieder zurückzufordern.
Früher oder später durchschauen das die meisten Menschen und wenden sich von dem Narzissten ab. Das ist einer der Gründe, warum die meisten Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung einsam sterben.
9. Narzissten überschätzen sich selbst (unrealistisch positives Selbstschema)
Ein gesundes Maß an Selbstüberschätzung ist durchaus positiv. Wer sich ein wenig mehr zutraut, als er derzeit leisten kann, wächst in diese Form hinein und erweitert so seine Fähigkeiten. Wer sich dagegen stets weniger zutraut, als er zu leisten vermag, bleibt lebenslang in seiner Komfortzone, ohne sich je wirklich weiterzuentwickeln.
Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung befinden sich dagegen meist am anderen Ende des Spektrums. Aufgrund ihrer Grandiosität trauen sie sich so gut wie alles zu. Durch weitere typische Charaktereigenschaften wie die hohe Leistungsbereitschaft erreichen sie dennoch oft ihre Ziele.
Hier zeigt sich, dass die Narzisstische Persönlichkeitsstörung für die Betroffenen selbst nicht nur Kosten hat. Besonders in der ersten Lebenshälfte, wenn die Kräfte noch groß sind und sich ihr Leben in der Aufbauphase befindet, überwiegen die Vorteile für narzisstisch geprägte Menschen häufig sogar die Nachteile. Den Preis zahlen eher die Mitmenschen.
Auch das Umfeld überschätzt Narzissten gerne
Da der Narzisst in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, was er leisten kann, traut ihm auch sein Umfeld immer mehr zu, was das grandiose Selbstbild verstärkt und in einer Spirale der Selbstüberschätzung gipfeln kann.
Das sind dann die Unternehmensvorstände, denen sich niemand zu widersprechen traut und die jahrelang für große Gewinne sorgen, bis - oft wie aus heiterem Himmel - alles zusammenbricht und das Unternehmen Konkurs anmelden muss.
Narzissten sind nämlich in der Regel nicht am Gesamterfolg interessiert sondern nur daran, wie sie selbst dastehen und wahrgenommen werden. Deshalb treffen sie Entscheidungen auch nicht danach, was langfristig für alle Beteiligten am besten wäre sondern danach, was sie selbst im besten Licht dastehen lässt.
Sie entscheiden eher kurzfristig motiviert und nehmen langfristige Kosten gerne in Kauf. Vor allem, wenn andere den Preis zahlen, weil sie selbst zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr im Amt sein werden.
10. Nicht gerade konfliktscheu
Narzissten haben keine Probleme damit, andere Menschen offen zu konfrontieren. Je nach Narzissmus-Typ gehören Aggression und Einschüchterung zu beliebten Methoden von Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung, um ihre Ziele durchzusetzen.
Auch bei einer erlittenen Kränkung reagieren sie mit der gefürchteten narzisstischen Wut, was zu häufigen Streitereien mit anderen führt. Erinnere dich kurz daran, dass für viele Narzissten bereits das Ausbleiben einer Sonderbehandlung eine starke Kränkung darstellt und dir wird klar, wie reichhaltig die Gelegenheiten sind, mit einem Narzissten in Konflikt zu geraten.
Innerhalb des Konflikts ist einem Narzissten jedes Mittel lieb, um ihn für sich zu entscheiden. Da er sich ohnehin stets im Recht fühlt, "heiligt" in seinen Augen der Zweck die Mittel. In der Kindererziehung können manche Narzissten deshalb die grausamsten Methoden anwenden und trotzdem davon überzeugt sein, dem Kind damit einen Gefallen zu tun.
Viele Narzissten machen dagegen bei ihren Kindern eine "Ausnahme", denn im Gegensatz zu Psychopathen haben die meisten Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung eine Insel in ihrem Leben, bei der sie sich zusammenreißen und die ihnen die Sicherheit und den Halt gibt, den sie benötigen, um ihr Leben zu leben. Manchmal sind das die eigenen Kinder.
11. Ein Narzisst erwartet Bewunderung, ohne dafür etwas leisten zu müssen
Narzissten erwarten nicht nur stets eine Sonderbehandlung, und zwar ungeachtet dessen, ob ihr Status diese rechtfertig oder nicht. Wer an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet setzt auch voraus, dass man ihn bereits für "normale" Leistungen bewundert, die eigentlich keine sind.
Durch das grandios verzerrte Selbstbild erscheinen einem Narzissten selbst die banalsten Dinge grandios aufgewertet, einfach aufgrund der Tatsache, dass sie von ihm kommen.
Etwas überspitzt kann man sagen, dass ein Mensch mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung davon überzeugt ist, dass die Pflanzen in der Umgebung besonders gut gedeihen, wenn er in den Wald pinkelt.
Diese Gedanken entstammen seinem grandiosen Selbstbild und bestätigen es gleichermaßen. Dabei unterzieht er sie selten einer Realitätsprüfung. Zum einen wird er nicht riskieren, festzustellen, dass seine Ergebnisse doch nicht so überragend sind. Zum anderen ist er so überzeugt davon, dass ihm der Gedanke eines Faktenchecks lächerlich erscheinen würde.
12. Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung zeigt eine ausgeprägte Handlungsorientierung
Narzissten sind nicht gerade dafür bekannt, eine Grübelneigung zu haben. Sie besitzen einen starken Drang zur Action und setzen Dinge lieber in die Tat um, als ewig darüber nachzudenken. Eine Ausnahme bilden hier eigentlich nur Kränkungssituationen. Diese haben für sie oft auch nach Jahren nichts von ihrer Aktualität verloren.
Durch diese starke Handlungsorientierung sind Narzissten hervorragende Macher, wobei sie sich meist lieber mit den großen Entwürfen beschäftigen, als sich mit lästigen Details herumzuplagen. Das sollen bitte weniger geniale Menschen für sie erledigen und ihnen zu arbeiten.
Einerseits können Narzissten durch ihre Handlungsorientierung viel bewirken. Andererseits schätzen sie die Risiken ihrer Vorhaben häufig zu gering ein oder bedenken diese gar nicht, was ihnen und anderen dann hinterher kräftig um die Ohren fliegen kann. Vor allem dann, wenn es um Entscheidungen geht, die sich kaum oder gar nicht rückgängig machen lassen.
Ein Beispiel im privaten Bereich ist hier das Fast Forwarding in der toxischen Beziehung mit einem Narzissten. Hier werden insbesondere in der Love-Bombing-Phase des toxischen Kreislaufs vorschnell Tatsachen geschaffen, die das Leben der Beteiligten auch dann weiter beeinflussen, wenn die Beziehung längst nicht mehr existiert.
Das ist dann der Fall, wenn im Überschwang der Liebeshormone schon nach ein paar Monaten die Verträge für den Kauf einer gemeinsamen Wohnung unterschrieben werden oder nach ein paar Wochen absichtlich "ein Kind der Liebe" gezeugt wird, weil man glaubt, nun endlich den Einen oder die Eine gefunden zu haben und keinen Grund sieht, damit noch länger zu warten.
13. Narzissten vergleichen sich permanent mit anderen und müssen die Besten sein
Für Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung gibt es nur den ersten Platz. Alles andere bedeutet verlieren. Um diesen zu erreichen, geben sie alles und gehen über Leichen. Die anderer Menschen, ihrer Beziehung (auch zu den Kindern) oder über die ihrer Opfer auf dem Weg nach oben.
Wenn sie nicht zu den Besten gehören, wirft das Zweifel an ihrer Grandiosität auf. Das können sie sich nicht erlauben. Zwar wehren sie diese gemäß der narzisstischen Wahrnehmungsverzerrung damit ab, dass stets andere oder die Umstände an ihrem "Versagen" schuld sind. Dennoch können Narzissten es nur schwer verkraften, in etwas nicht der oder die Beste zu sein.
Beim männlichen Narzissmus sind die bevorzugten Bereiche der Sport, beruflicher und finanzieller Erfolg, Titel und Statussymbole. Beim weiblichen Narzissmus geht es dagegen meist um Schönheit, Fitness und körperliche Idealformen.
14. Alles wird zur Leistungssituation, die Betroffenen können und dürfen nicht verlieren
Narzissten können nicht verlieren. Für sie gibt es kaum einen Unterschied zwischen einem echten Wettbewerbssituation und einer Alltagssituation, bei der es um nichts geht, wie beispielsweise einem Brettspiel am Familienabend.
Es lässt sich schlicht und einfach nicht mit ihrem grandiosen Selbstbild vereinbaren, dass sie in irgendetwas nicht die oder der Beste sind. Deshalb reagiert ein Mensch mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung auch gekränkt, nachtragend und oft wütend, wenn er schon bei banalen Alltagssituationen nicht ganz vorne liegt.
Narzissten erfinden dann jede Menge Ausreden, warum sie nicht schuld daran sind, nicht gewonnen zu haben. Oder sie erfinden immer wieder neue Regeln, um am Ende doch als Sieger vom Platz zu gehen. Das kann sehr unangenehm werden, da sie dabei auch vor der eigenen Familie nicht halt machen.
Mir ist ein Fall bekannt, bei dem ein narzisstischer Vater beinahe drei Wochen nicht mehr mit seinem neunjährigen Sohn gesprochen hat, weil dieser ihn, mehr zufällig, im Minigolf besiegt hat.
In jedem Wettbewerb geht es ihnen um alles
Für Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung ist so etwas eine bierernste Sache, da es an ihrem überhöhten Selbstbild kratzt. Deshalb reagieren sie auf so eine Schmach auch enorm nachtragend und haben oft sogar Rachegedanken. Der besagte Vater beruhigte sich erst, als er bei der nächsten Gelegenheit seinen kleinen Sohn in Grund und Boden gespielt hat.
Leider beließ er es nicht dabei, sondern machte sich lustig über den "kleinen Verlierer" und feierte, dass dieser nun eine Lektion erhalten habe und von ihm an seinen rechtmäßigen Platz verwiesen wurde. Auch die Tränen des kleinen Jungen brachten ihn nicht dazu, damit aufzuhören.
Als seine Frau Partei für den Sohn ergriff und den narzisstischen Vater bat, damit aufzuhören, beschimpfte er sie ebenfalls und verließ wutentbrannt und selbstmitleidig den Minigolfplatz. Währenddessen beklagte er sich darüber, dass "jedes Häufchen des Sohnemanns" gefeiert wird, während seine Erfolge keinen interessieren. Das ist Narzissmus in Reinform!
Hier wird auch deutlich, dass es für einen Menschen mit ausgeprägter Narzisstischer Persönlichkeitsstörung kaum Grenzen gibt und er sich selbst in Konkurrenz zu seinen eigenen Familienmitgliedern sieht. Narzisstische Eltern werden eifersüchtig, wenn ihre Kinder mehr Aufmerksamkeit bekommen, als sie selbst.
15. Narzissten nehmen keine Rücksicht auf eigene Belastungsgrenzen
Die meisten Narzissten wollen um jeden Preis erfolgreich sein. Deshalb ignorieren sie Warnsignale und Belastungsgrenzen ihres Körpers. Sie arbeiten auch dann, wenn sie krank sind, nehmen jede Überstunde mit, gönnen sich kaum Pausen, bringen Arbeit mit nach Hause und in den Urlaub.
Das geht oft lange gut, da der Körper einiges wegstecken kann. Doch irgendwann bekommen sie die Quittung. In vielen Fällen sind das chronische Erkrankungen, Unfälle wegen Unkonzentriertheit und Übermüdung und nicht selten erleiden sie einen Herzinfarkt, der auch tödlich enden kann.
Verschiedene Subtypen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung lässt sich je nach Ausprägung und Gewichtung der oben genannten Merkmale in verschiedene Kategorien einteilen, die so genannten Narzissmus-Typen. Am häufigsten ist die grobe Einteilung in einen exhibitionistischen Narzissmus, einen grandios-malignen Narzissmus und einen vulnerabel-fragilen (verdeckten) Narzissmus.
Daneben existieren viele weitere Möglichkeiten, die Narzisstische Persönlichkeitsstörung zu unterscheiden. Die Wichtigsten stelle ich dir hier vor.
Die 3 Hauptformen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Russ und Kollegen (2008) unterscheiden drei Erscheinungsformen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Dazu zählen:
Exhibitionistischer Narzissmus
Der exhibitionistische Typ der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung wird auch manchmal als "high-functioning-type" (hochfunktioneller Typ) bezeichnet. Er verhält sich so, wie sich wohl die Meisten einen klassischen Narzissten vorstellen und holt von allen Typen am meisten Vorteile aus seiner Narzisstischen Persönlichkeitsstörung für sich heraus.
Deshalb trifft man ihn auch sehr selten in der Therapie bzw. in Kliniken. Höchstens als Chefarzt. Er neigt von allen Subtypen am wenigsten zu Begleiterkrankungen, ist extrem leistungsorientiert und erzielt häufig beachtliche Erfolge. Narzissten vom exhibitionistischen Typ sind kontaktfreudig und schaffen es, oberflächliche Beziehungen längere Zeit aufrechtzuerhalten.
Diese Beziehungen sind jedoch selten auf Augenhöhe. Viel eher scharrt der exhibitionistische Narzisst Bewunderer und Jünger um sich, die ihn anhimmeln und von seiner Stellung profitieren wollen. In vielen Fällen ist er nämlich in gehobenen Positionen anzutreffen. Als CEO einer großen Firma oder Professor Doktor.
Häufig verhält sich ein Mensch mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung vom exhibitionistischen Typ auch sexuell verführerisch oder provokant. Von allen Narzissmus-Typen produziert er die geringsten Kosten für sich selbst und zieht den größten Nutzen aus seiner Narzissmus-Form.
Oft zahlen andere den Preis für die Selbstüberschätzung des exhibitionistischen Narzissten
Allerdings führen Selbstüberschätzung und ausgeprägtes Konkurrenzdenken häufig dazu, dass andere später den Preis zahlen. Vor allem, wenn der Narzisst als Führungsperson über Jahre hinweg Entscheidungen trifft, die ihn gut dastehen lassen, aber dem Unternehmen für das er tätig ist, Schaden zufügen.
Hier ist er allerdings nicht so gefährlich, wie ein high-functioning Soziopath oder ein primärer Psychopath. Obwohl ein Mensch mit dem exhibitionistischen Typ der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung in hohen Positionen viel Unheil anrichten kann, werden die ganz großen Katastrophen wie etwa die Weltfinanzkrise 2008 eher den Psychopathen zugeschrieben.
Ein Problem mit sehr leistungsfähigen Narzissten in hohen Positionen ist auch ihre leichte Kränkbarkeit, die von ihren Untergebenen deutlich wahrgenommen werden. Selbst wenn für die Mitarbeiter offensichtlich ist, dass der Chef einen riesigen Fehler macht, wird sich kaum jemand trauen, ihn darauf hinzuweisen.
Grandios-Maligner Narzissmus
Der grandios-maligne Narzissmus ist mit Abstand die gefährlichste Form der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung und findet sich nicht zuletzt bei grausamen Diktatoren, die ihre blutigen Spuren in den Zeilen der Geschichtsbücher hinterlassen haben.
Grandios-maligner Narzissmus stellt eine Kombination der schlimmsten Wesenszüge dar, die ein Mensch aufweisen kann und bildet eine Kombination aus einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung, einer Paranoiden Persönlichkeitsstörung und einer Dissozialen Persönlichkeitsstörung.
Ein grandios-maligner Narzisst nimmt keine Rücksicht auf andere Menschen. Ihr Schicksal ist ihm egal. Er manipuliert sein Umfeld, wie es seinen Zielen entspricht und kennt weder Reue noch Schuldgefühle. Wer unter einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung vom grandios-malignen Typ "leidet", leidet selten selbst daran. Dafür lässt er andere umso mehr leiden.
Vor allem dann, wenn sie ihm in die Quere kommen. Für ihn sind stets die anderen schuld. Er fühlt sich zu allem berechtigt. Regeln und Gesetze gelten für andere, nicht für ihn. Ein grandios-maligner Narzisst hält sich für einen Berufenen und glaubt, unfehlbar zu sein. Er ist durch und durch von seiner Grandiosität überzeugt.
Man sollte sich einem grandios-malignen Narzissten besser nicht in den Weg stellen
Wer ihm in die Quere kommt oder ihn behindert, bekommt seine "gerechte Wut" zu spüren, die oft alles andere als gerecht oder gerechtfertigt ist. Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung dieses Typs neigen zu überschäumenden Wutausbrüchen, die einem Blutrausch bei Haien in nichts nachstehen.
Grandios-maligne Narzissten befürchten, dass andere sie vom Thron stürzen und ihre Pläne durchkreuzen wollen. Das ist der paranoide Anteil der grandios-malignen Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Der paranoide Verdacht allein lässt sie andere "vorbeugend" bestrafen und ihre Feinde vernichten. Ob diese wirklich Feinde waren oder nicht.
Anfangs gelingen ihnen beispiellose Erfolge und aufgrund ihrer großen Fähigkeit, sich selbst zu inszenieren und andere für sich einzunehmen, folgen ihnen schnell die Massen. Doch der Weg führt unweigerlich ins Verderben.
Vulnerabel-Fragiler Narzissmus
Menschen mit einer vulnerable-fragilen Form der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung werden auch verdeckte Narzissten genannt. Während grandios-maligne Narzissten überhaupt keine Selbstzweifel kennen und bei exhibitionistischen Narzissten die Grandiosität die Selbstunsicherheiten die meiste Zeit überlagert, pendelt ein verdeckter Narzisst zwischen Gefühlen der Großartigkeit und Minderwertigkeit hin und her.
In dieser Eigenschaft ähnelt er dem Bild von Borderlinern mehr als dem, was man für gewöhnlich mit Narzissten verbindet. Auch wird der vulnerabel-fragile Narzissmus häufig mit der weiblichen Form des Narzissmus und der Exhibitionistische mehr mit der männlichen Form der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung in Verbindung gebracht.
Diese Unterscheidungen haben ihre Berechtigung und können im Alltag nützlich sein. Allerdings gibt es bisher keine belastbaren Studien, die diese Unterscheidung bestätigen. Allerdings gibt es ebenso keine, die sie widerlegen.
Grandiosität als Abwehr von Minderwertigkeitsgefühlen
Die Gefühle der Grandiosität dienen beim vulnerabel-fragilen Narzissten der Abwehr und Kompensation von Unzulänglichkeitsgefühlen. Kann er diese Fassade nicht mehr aufrecht erhalten, neigt er zu heftigen Gefühlsausbrüchen, die von gesteigerter Wut bis hin zur emotionalen Raserei reichen können. Dann wird der verdeckte Narzisst sehr gefährlich.
Im Gegensatz zu anderen Formen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind verdeckte Narzissten viel eher zur Empathie fähig. Doch nutzen auch sie diese selten zum Wohle anderer sondern mehr um ihre eigenen Ziele durchzusetzen. Der vulnerabel-fragile Narzissmus-Typ weist viele Züge anderer psychischer Störungen auf.
Oft sind diese so ausgeprägt, dass sie als eigenständige Begleiterkrankung diagnostiziert werden. Zu den häufigsten zählen die Dependente Persönlichkeitsstörung, die Generalisierte Angststörung, die Major Depression, die ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung und die Borderline-Persönlichkeitsstörung.
Weitere Gesichter der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Neben dieser Einteilung existieren weitere Möglichkeiten, die verschiedenen Formen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu ordnen. Man kann Narzissmus in verschiedene Kategorien einteilen. Zum Beispiel in einen weiblichen Narzissmus und einen männlichen Narzissmus.
Interessant ist dabei, dass es auch Männer mit einem eher weiblichen Narzissmus und Frauen mit einer eher männlichen Ausprägung von Narzissmus gibt. Auch wenn beide Formen eher die Ausnahme als die Regel sind.
Der österreichische forensische Psychiater, Psychotherapeut und ausgewiesene Narzissmus-Experte, Reinhard Haller, unterscheidet diverse weitere Kategorien der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung*3.
Hier finden sich zusätzlich:
- Der beleidigte Narzisst
- Der demütige Narzisst
- Der sozial angepasste Narzisst
- Der konstruktive Narzisst
- Der fanatische Narzisst
- Der Wüterich
- Der bösartige (maligne) Narzisst
- Der Parasitäre Narzisst
- Der amouröse Narzisst
- Der kompensatorische Narzisst
- Der perfektionistische Narzisst
- Narziss der Große
Begleiterkrankungen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Begleiterkrankungen spielen eine große Rolle bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Sie kommen sehr häufig vor.
Darüber hinaus sind sie oft der Grund, warum ein Mensch mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung sich überhaupt in eine Behandlung begibt und so statistisch erfasst wird. Dabei ist die Narzisstische Persönlichkeitsstörung häufig ein "Zufallsbefund", da die Betroffenen sich nicht als krank oder gestört erleben.
Deshalb ist es wie bereits erwähnt schwierig, verlässliche Zahlen zur Narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu finden. Verschiedene Studien kommen zu stark voneinander abweichenden Ergebnissen.
Die folgende Übersicht über typische Begleiterkrankungen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung basieren auf der amerikanischen NESARC-Wave-2-Studie, die in Umfang und Differenzierung nach wie vor unerreicht ist. Wir können davon ausgehen, dass die Zahlen für Deutschland ähnlich sind.
In der linken Spalte findest du die jeweilige Begleiterkrankung. Die Lebenszeitprävalenz gibt an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit der Betroffenen ist, im Laufe des Lebens die entsprechende Erkrankung zu entwickeln.
Begleiterkrankungen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Die folgende Tabelle liest du so:
- In der mittleren Spalte steht, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand, der bereits an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet, im Laufe seines Lebens zusätzlich die jeweilige Begleiterkrankung entwickelt. Wenn dort also steht, dass die Lebenszeitprävalenz für eine Alkoholabhängigkeit bei vorhandener Narzisstischer Persönlichkeitsstörung (NPS) 30,6 % beträgt, dann bedeutet dass, dass eine Person mit vorhandener NPS ein ca. 30 prozentiges Risiko hat, später zusätzlich noch eine Alkoholkrankheit zu entwickeln.
- In der dritten Spalte verhält es sich genau umgekehrt. Dort ist angegeben, wie hoch das Risiko ist, zusätzlich eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung zu haben, wenn man an der entsprechenden Krankheit leidet. In dem Fall bestünde also bei vorhandener Alkoholabhängigkeit ein 12,4 prozentiges Risiko, im Laufe des Lebens zusätzlich auch an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu leiden.
Begleiterkrankung | Lebenszeitprävalenz von anderen psychiatrischen Störungen bei NPS | Lebenszeitprävalenz von NPS bei anderen psychiatrischen Störungen |
---|---|---|
Suchterkrankungen | 64,2 % | 8,8 % |
Substanzmissbrauch | 35,7 % | 8,4 % |
Alkoholabhängigkeit | 30,6 % | 12,4 % |
Drogenabhängigkeit | 12,0 % | 22,0 % |
Nikotinabhängigkeit | 35,9 % | 9,6 % |
Affektive Störungen | 49,5 % | 11,9 % |
Major-Depression | 20,6 % | 7,7 % |
Bipolar-I-Störung | 20,1 % | 23,8 % |
Angststörungen | 54,7 % | 11,5 % |
Panikstörung (ohne AP) | 11,3 % | 11,9 % |
Sozialphobie | 15,5 % | 13,7 % |
Spezifische Phobie | 27,4 % | 11,2 % |
Generalisierte Angststörung | 19,8 % | 16,0 % |
PTBS | 25,7 % | 16,8 % |
Persönlichkeitsstörungen | 62,9 % | 20,2 % |
Cluster A | 38,3 % | 26,3 % |
Paranoide PS | 15,2 % | 21,8 % |
Schizoide PS | 8,5 % | 17,1 |
Schizotype PS | 27,5 % | 43,2 % |
Cluster B | 44,9 % | 28,2 % |
Antisoziale PS | 11,8 % | 18,9 % |
Borderline PS | 37,0 % | 38,9 % |
Histrionische PS | 9,4 % | 32,4 % |
Cluster C | 24,3 % | 15,9 % |
Vermeidende PS | 6,9 % | 18,4 % |
Abhängige PS | 1,7 % | 25,0 % |
Zwanghafte PS | 21,3 % | 16,3 % |
(*5 vgl. Stinson et al. 2008)
Ursachen: Wie entsteht eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung?
Wie bei den meisten psychischen Erkrankungen geht man auch bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung davon aus, dass sie nicht durch einen Faktor alleine entsteht, sondern durch eine ungünstige Kombination verschiedener Ursachen, die wie Zahnräder ineinandergreifen.
Dabei ist es sehr schwierig, die Wirkung der einzelnen Faktoren für sich allein genommen genau zu bestimmen, da sie sich teilweise überlagern oder gemeinsam auftreten können, sodass nicht bestimmt werden kann, wie hoch der Anteil des einen oder des anderen Faktors ist.
Grundsätzlich nimmt man aber an, dass es sowohl einen Erbfaktor gibt, als auch psychosoziale Entstehungsfaktoren der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die vor allem mit dem Milieu und Erziehungsstil des Elternhauses zusammenhängen.
Beim Erziehungsstil der Eltern haben sich zwei unterschiedliche Varianten herauskristallisiert, welche die Entstehung einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung beim Kind begünstigen.
Zum einen ein Erziehungsstil, bei dem die Kinder übermäßig entwertet, frustriert und vernachlässigt werden. Sowie eine Erziehungsform, bei der genau das Gegenteil vorliegt, nämlich eine durchgängige Idealisierung, Verwöhnung und unangemessene Bewunderung des Kindes.
Vererbbarkeit der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Die Narzisstische Persönlichkeitsstörung scheint den höchsten Erbfaktor aller Persönlichkeitsstörungen aufzuweisen. Eine renommierte Studie (Torgensen et al. 2000) gibt ihn sogar mit 79% an. Allerdings gibt es bis heute keine gesicherten und belastbaren Erkenntnisse über die genauen neurobiologischen Zusammenhänge.
Entwertender und vernachlässigender Erziehungsstil
Zwei der bedeutendsten Theorien zur Rolle eines entwertenden und vernachlässigenden Erziehungsstils in der Entstehung der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung stammen von Heinz Kohut und Otto Kernberg.
Kohut*6 betrachtet vor allem die fehlende mütterliche Empathie als wesentliche Ursache für die Entwicklung einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Fehlende mütterliche Empathie ist wiederum typisch für eine narzisstische Mutter, sodass hier der Narzissmus in der Familie weitergegeben wird.
Die fehlende mütterliche Empathie führt nach Kohut zu einer Entwicklungsstörung beim Kind, das hierdurch auf einer kindlichen Stufe der Grandiosität stecken bleibt, woraus später eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung resultieren kann.
Kernberg*7 vermutet dagegen einen Erbfaktor in Kombination mit einem kalten und abweisenden aber auch bewundernden Erziehungsstil, der zur Ausbildung der Grandiosität beim Kind führt, welche dann die Grundlage für die spätere Narzisstische Persönlichkeitsstörung bildet.
Bewundernder und idealisierender Erziehungsstil
Ein unangebracht bewundernder und idealisierender Erziehungsstil ist eine weitere mögliche Ursache für die Entstehung einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Hier wird jede noch so kleine Leistung oder Eigenschaft des Kindes unangemessen positiv bewertet, sodass das Kind einen falschen Eindruck seiner Bedeutsamkeit im Vergleich zu anderen bekommt.
Die Autoren Millon und Davis*8 gehen ebenfalls davon aus, dass eine unbeständige Bewunderung des Kindes mit überhöhtem Lob und Anerkennung bereits für selbstverständliche und normale Kleinigkeiten eine wichtige Ursache für die Entstehung einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung darstellen.
Die betroffenen Kinder wurden bewundert und anerkannt, ohne dafür irgendeine Leistung erbringen zu müssen und haben auf diese Weise einen falschen Eindruck ihrer eigenen Grandiosität bekommen. Vor allem im Vergleich zu anderen Menschen.
Da die elterliche Bewunderung und Liebe jedoch nicht immer im gleichen Maße vorhanden war, sondern Schwankungen unterlag, bestand immer auch die Gefahr für das Kind, aus der Bindung und in Ungnade zu fallen. Vor allem, wenn sich herausstellen sollte, dass es doch nicht so besonders ist, wie die Eltern von im glauben oder glauben wollen.
Seit einiger Zeit existiert auch eine umfangreiche und aussagekräftige Studie des Forschers Eddie Brummelmann von der University of Amsterdam (Origins of narcissism in children).
Die Studie weist ebenfalls darauf hin, dass Kinder Rückschlüsse auf ihre eigene Bedeutsamkeit aufgrund des Verhaltens ihrer Eltern ziehen. Demnach steigt die Wahrscheinlichkeit der späteren Entwicklung einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung, je mehr die Eltern ihre Kinder idealisieren und in ihrer Bedeutsamkeit unrealistisch erhöhen.
Test auf eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Zur Feststellung einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung eignen sich verschiedene Testverfahren. Die Diagnose selbst wird anhand der bereits erwähnten klinischen Kriterien für eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung gemäß der ICD-10-GM bzw. des DSM-V gestellt und bleibt erfahrenen und speziell ausgebildeten klinischen Psychologen und Psychiatern vorbehalten.
In der Praxis wird die Diagnose meist mittels spezifischer Interviews, Frage- und Selbstauskunftsbögen sowie in einigen Fällen durch eine zusätzliche Fremdanamnese gestützt. Bei der Fremdanamnese werden Personen des näheren Umfelds gezielt befragt, wie sie die betroffene Person wahrnehmen.
Einer der gängigsten klinischen Fragebögen zur Selbsteinschätzung bei Verdacht auf eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung ist der NPI-15 (Narcissistic Personality Inventory).
Narzissmus-Selbsttest
Ein Narzissmus-Selbsttest macht nur bedingt Sinn, da die Narzisstische Persönlichkeitsstörung von den Betroffenen als ich-synton erlebt wird. Es besteht in der Regel keine Krankheitseinsicht und auch kein Bedürfnis, sich diagnostizieren zu lassen.
Deshalb wird die Diagnose häufig als Begleitdiagnose gestellt oder im Zusammenhang mit schweren Straftaten, bei der aus juristischen Gründen ein Psychogramm des Straftäters angefertigt wird.
Wenn du dich fragst, ob du eventuell selbst unter einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidest, ist es eher unwahrscheinlich, dass dies der Fall ist, da pathologische Narzissten sich diese Frage so eher nicht stellen würden. Sie würden es zumindest nicht für ein Problem halten, denn manche Narzissten sind sogar stolz darauf, ein Narzisst zu sein.
Wer so denkt, hat vielleicht kein Problem damit, bei sich selbst eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung "festzustellen", doch macht er sich auch keine Sorgen darum, ob dies ein Problem für andere sein könnte. In seiner üblichen Selbstsicht würde er seinen Narzissmus eher als weiteren Hinweis auf seine Grandiosität betrachten.
Falls du dir also Sorgen machst, du könntest eine Narzisstischen Persönlichkeitsstörung haben und andere würden darunter leiden, hat dein eigener Narzissmus sehr wahrscheinlich keinen Krankheitswert.
Wenn du noch mehr auf Nummer sicher gehen möchtest, findest du in diesem kleinen Narzissmus-Test drei entscheidende Fragen, deren Antworten dir helfen, den Grad deines Narzissmus' besser einzuschätzen.
Unterschiede Narzisstischer Persönlichkeitsstil vs. Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Menschen mit einem narzisstischen Persönlichkeitsstil zeichnen sich durch ein hohes Selbstvertrauen, Egoismus und starke Leistungsbereitschaft, sowie den Wunsch nach Bewunderung aus. Im Hintergrund sind sie jedoch auch häufig unsicher und haben Angst, zu versagen oder nur Durchschnitt zu sein.
Durch die hohe Leistungsbereitschaft erreichen sie bemerkenswerte Karrieren. Allerdings bleibt dabei vieles auf der Strecke. Zum Beispiel die eigene Familie. Aber auch gesundheitliche Probleme wie Burnout können aus einem narzisstischen Persönlichkeitsstil entstehen, da die Betroffenen oft ihre Grenzen übergehen.
Menschen mit einem narzisstischen Persönlichkeitsstil haben meist ein ausgeprägtes Anspruchsdenken und glauben, ihnen würde mehr zustehen, als anderen. Daneben sind sie leicht kränkbar, oft nachtragend und reagieren empfindlich auf Kritik und Misserfolge. In all diesen Punkten ähneln sie Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
Der Unterschied zwischen einem narzisstischen Persönlichkeitsstil und einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung liegt im Grad der Ausprägung. Solange der Nutzen die Kosten übersteigt und kein bis wenig Leidensdruck bei den Betroffenen selbst oder ihren Mitmenschen besteht, spricht man von einem narzisstischen Persönlichkeitsstil.
Übersteigen die Kosten den Nutzen deutlich und leiden die Betroffenen selbst an den Folgen ihrer Art und Verhaltensweisen oder fügen diese den Menschen in ihrem Umfeld Leid zu, handelt es sich eher um eine Narzisstische Persönlichkeitsstörung. Beide befinden sich auf einem Spektrum, bei dem der Verlauf von leicht (narzisstischer Persönlichkeitsstil) bis schwer (Narzisstische Persönlichkeitsstörung) reicht.
Therapie der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung
Eine Therapie der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist kaum möglich. Bezeichnend für diese Störung ist, dass die Betroffenen sich nicht als krank oder behandlungsbedürftig erleben. Deshalb finden sie so gut wie nie wegen der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung selbst in die Therapie.
Ausnahmen bilden hier lediglich hoher Druck von außen oder eine gerichtliche Anordnung. Dann hat man es als Therapeut jedoch mit einem Menschen zu tun, der nicht einsieht, dass er therapiebedürftig ist und nahezu alles unternehmen wird, um die Behandlung zu unterwandern.
Wenn Narzissten eine Therapie aufsuchen, dann häufig deshalb, weil ihre narzisstischen Abwehrstrategien ab einem gewissen Punkt nicht mehr funktionieren. Zum Beispiel dann, wenn das Alter sie der Illusion ihrer Überlegenheit beraubt und ihnen die narzisstische Kränkung zufügt, dass sie genau wie alle anderen dem Verfall entgegenstreben.
Oder wenn die meisten Menschen in ihrem Umfeld durchschaut haben, dass mit ihnen etwas nicht stimmt und sich von ihnen abwenden. Dann kann ein Mensch mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung die Fassade nicht länger aufrechterhalten. Auch vor sich selbst nicht.
Meist steht die Behandlung der Begleiterkrankungen im Vordergrund
Spätestens dann entwickeln die meisten Betroffenen Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Alkoholabhängigkeit. Oft handelt es sich dabei um sogenannte Achse-I-Störungen. Das sind psychische Probleme, die das Leben stark beeinträchtigen und zu großen Belastungen zum Beispiel im Berufs- oder Sozialleben führen, aber nicht zwingend chronisch verlaufen.
Versagen alle Kompensationsmechanismen und sieht ein Narzisst keine Möglichkeit, zu seiner früheren Grandiosität zurückzukehren, nimmt er sich in etwa 10 % der Fälle leider das Leben.
Therapie ist kaum erfolgreich und stellt hohe Anforderungen an Therapeuten
Niemand behandelt Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gerne. Die Erfolgsaussichten bewegen sich knapp über Null und die Beziehungsgestaltung ist äußerst schwierig. Lediglich eine leichte Besserung der typisch narzisstischen Verhaltensweisen scheint in günstigen Fällen erreichbar.
Allerdings sind diese Veränderungen gemäß der Gummiband-Theorie nur so lange stabil, wie kein zusätzlicher Stress auf die Betroffenen einwirkt. Verliert ein "erfolgreich" behandelter Narzisst beispielsweise im Anschluss an die Therapie seinen Job, ist es sehr wahrscheinlich, dass er wieder zum alten Verhalten zurückkehrt. Dann allerdings oft noch schlimmer, als zuvor.
Die Beziehungsgestaltung zwischen dem Therapeuten und dem Patienten mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung bewegt sich durchgehend im Spannungsfeld zwischen der Gefahr des Therapieabbruchs auf der einen Seite, vor allem dann, wenn der Therapeut den Narzissten zu stark konfrontiert, und dem Problem, den Narzissten nur in seinem grandiosen Schema noch zusätzlich zu bestärken, wenn der Therapeut ihn zu stark bewundert, auf der anderen Seite.
Darüber hinaus verhalten sich Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung in Therapien selten kooperativ. Entweder entwerten sie ihre Therapeuten durchgängig und zweifeln deren Kompetenz an. Oder sie bemühen sich darum, vom Therapeuten bewundert zu werden. Beides führt zu keinem erfolgreichen Ergebnis.
Dennoch gibt es ein paar Therapieverfahren, die in der Behandlung der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung eingesetzt werden. Zu den wichtigsten darunter zählen die Folgenden:
Kognitive Verhaltenstherapie
Die Kognitive Verhaltenstherapie versucht, ungünstige Denkmuster und Verhaltensweisen durch bessere Alternativen zu ersetzen. Patienten mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung sollen so zum Beispiel die Erfahrung machen, dass sie nicht grandios oder überragend sein müssen, um geliebt zu werden oder lernen, besser mit Kritik umzugehen.
Hierzu werden verschiedene Methoden eingesetzt. Dazu gehören auch Rollenspiele und Videofeedback. Mit der Zeit sollen die Betroffenen lernen, sich selbst und andere realistischer einzuschätzen und von schwarz-weiß geprägten Sichtweisen wegzukommen, in denen sie selbst oder andere entweder nur gut oder nur schlecht sind.
Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung können so auch lernen, ihre Wirkung auf andere besser einzuschätzen und mit etwas Glück ein passenderes Verständnis dafür entwickeln, wie es ihren Mitmenschen durch ihr Verhalten ergeht.
Psychoanalytische und tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie
Innerhalb der psychoanalytischen und tiefenpsychologisch-fundierten Psychotherapie gibt es verschiedene Ansätze. Hierzu zählt die übertragungsfokussierte Psychotherapie, die von Otto Kernberg und John Clarkin entwickelt wurde. Hier wird viel mit Deutungen über das narzisstische Verhalten und dessen Ursachen gearbeitet.
Die Betroffenen sollen lernen, ihre Grandiosität als Abwehr gegen Gefühle der Minderwertigkeit, Bedeutungslosigkeit, Wut und des Neids zu begreifen. Wie oben bereits beschrieben führt dieses konfrontative therapeutische Vorgehen leider aufgrund der Eigenheiten von Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung häufig zu vorzeitigen Therapieabbrüchen.
Andere Psychoanalytiker wie der bereits verstorbene Heinz Kohut lehnen ein konfrontatives Vorgehen in der Therapie von Menschen mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung ab. Stattdessen empfiehlt er eher das Gegenteil zu machen und die Betroffenen besonders dann sehr einfühlsam und respektvoll zu behandeln, wenn sie sich von ihrer schlechtesten Seite zeigen.
Das soll dazu führen, dass die Betroffenen mit der Zeit ein stabileres Selbstbild entwickeln, das nicht ständig auf Lob und Bewunderung angewiesen ist. In der Praxis besteht hier jedoch die Gefahr, narzisstische Tendenzen und Sichtweisen noch zusätzlich zu fördern, statt zu überwinden.
Schemafokussierte Therapie (SFT)
Die Schemafokussierte Therapie wird recht erfolgreich in der Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung eingesetzt und soll auch bis zu einem gewissen Grad für Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung geeignet sein. Schemata sind konkrete Denkmuster, die wiederum bestimmte Gefühle und Verhaltensweisen auslösen.
In der Therapie werden diese Schemata zunächst identifiziert und in Zusammenhang mit den Situationen und Erlebnissen der Patienten gebracht, in denen diese entstanden sind. Die oft heftigen Gefühle und Reaktionen haben mehr mit diesen Ursprungserlebnissen zu tun, als dass sie eine angemessene Reaktion auf die heutige Auslösesituation darstellen.
Die schemafokussierte Therapie versucht den Patienten also zu helfen, ihre Schemata im Zusammenhang mit ihrer Lebensgeschichte zu verstehen. So soll die Bindung daran nach und nach gelöst werden, indem diese Schemata hinterfragt und mit der Zeit verändert werden.
Hierzu steht eine breite Palette an Techniken bereit. Am Ende sollen die Patienten in die Lage versetzt werden, ihre ungünstigen Schemata aufzugeben und ihre Bedürfnisse auf eine konstruktivere Art zu erfüllen, die weniger Kosten für sie und ihre Mitmenschen verursacht.
Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT)
Als Mentalisierung bezeichnet man die Fähigkeit, mentale Zustände wie Gedanken, Gefühle, Ängste, Wünsche, Meinungen, Überzeugungen und Abneigungen, sowohl bei sich selbst als auch bei anderen zu verstehen und darauf Bezug nehmen zu können. Hier geht es um die so genannte "Theory of Mind".
Als Theory of Mind bezeichnet man die bei Menschen unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeit, Annahmen über mentale Zustände und Bewusstseinsvorgänge in sich selbst und anderen anzustellen. Bei Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung ist diese Fähigkeit in der Regel stark eingeschränkt.
Die mentalisierungsbasierte Therapie ist ein integratives Verfahren, dass Anleihen bei verschiedenen anderen Methoden wie der psychodynamischen Therapie, der systemischen Therapie, Entwicklungspsychologie und weiteren nimmt und von dem englischen Psychiater und Psychoanalytiker Peter Fonagy entwickelt wurde.
Paartherapie
Eine Paartherapie mit einem narzisstischen Partner ist äußerst schwierig. In den meisten Fällen sieht sich ein Mensch mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung nicht selbst als das Problem. Deshalb wird er alles unternehmen, um die Therapeutin oder den Therapeuten auf seine Seite zu ziehen und davon zu überzeugen, dass er alles richtig macht und der Partner bzw. die Partnerin das Problem darstellt.
Leider gelingt dies häufig, da sich nach wie vor viele Therapeuten nicht ausreichend mit dem Thema der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung auseinandergesetzt haben und auf die Tricks des Narzissten reinfallen. Dann kann die Therapie sogar kontraproduktiv werden und re-traumatisierend wirken.
Die Partner des Narzissten machen dann erneut die Erfahrung, dass niemand ihre Sichtweise teilt. Nicht einmal der Therapeut. In der Folge zweifeln sie noch mehr an ihrer eigenen Wahrnehmung und die Situation kann sich verschlimmern.Dann fühlen sie sich noch mehr allein, als zuvor und ordnen sich unter, anstatt die Beziehung zu verlassen.
3 Gründe, warum Narzissten überhaupt in eine Paartherapie gehen
Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung kommen hauptsächlich aus drei Gründen in eine Paartherapie.
- Um den Therapeuten auf ihre Seite zu ziehen und so die Position des Partners weiter zu schwächen
- Um vordergründig zu "beweisen", dass sie alles dafür tun, damit die Beziehung gelingt (besonders wenn sie vorher Mist gebaut haben)
- Durch äußeren Druck, wenn die Partnerin damit droht, die Beziehung ansonsten abzubrechen. Vor allem dann, wenn der Narzisst seine eigene Position zuvor durch ein Fehlverhalten wie einen Seitensprung geschwächt hat
Keiner dieser Gründe ist ein guter Grund für eine erfolgreich verlaufende Paartherapie. Menschen, deren Therapiemotivation in die dritte Kategorie fällt, hat der bekannte und leider schon verstorbene Kurzzeit-Therapeut Steve de Shazer "Besucher" genannt. Dazu passen Aussagen wie "Ich selbst sehe nicht, dass es ein Problem gibt, aber meine Frau hält das hier für sinnvoll."
Passiert in der Paartherapie etwas, was dem Narzissten nicht passt, seinen Motiven zuwiderläuft oder seine Grandiosität in Frage stellt, wird er anfangen, die Therapie zu sabotieren.
Oft geschieht dies, indem er die Kompetenz des Therapeuten in Zweifel zieht, ihn entwertet und mit "wissenschaftlichen Artikeln" aufwartet, die er sich im Internet zusammenrecherchiert und aus dem Kontext gerissen hat. Diese Artikel sollen dann "beweisen", dass der Therapeut nicht auf der Höhe der Erkenntnisse ist und man ihm deshalb nicht weiter zuzuhören braucht.
Psychopharmaka-Therapie
Eine Psychopharmaka-Therapie ist bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung in der Regel nicht angezeigt. Sie kann aber zur Behandlung einer möglichen Begleiterkrankung zum Einsatz kommen. Dann werden zum Beispiel Antidepressiva zur Behandlung einer die Narzisstische Persönlichkeitsstörung begleitenden Depression gegeben.
Wie man am besten mit Narzissten umgeht
Narzissten sind heute überall. Man kann ihnen kaum aus dem Weg gehen. Egal, ob Nachbar, Arbeitskollege, Chef oder Partnerin. Narzissmus ist ein Thema und eine Erscheinungsform unserer Zeit und die Narzisstische Persönlichkeitsstörung ist ihre Extremform. Wie also soll man sich einem Narzissten gegenüber am besten verhalten?
Grundlage für die Beziehungsgestaltung mit Narzissten
Wie du dich einem Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung gegenüber am besten verhältst, um deine Beziehungskosten zu minimieren, hängt in erster Linie von zwei Faktoren ab:
- In welchem Verhältnis stehst du zu dem Narzissten bzw. der Narzisstin?
- Was möchtest du in der Beziehung zum Narzissten oder der Narzisstin erreichen?
In welchem Verhältnis stehst du zur Person mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung?
Hier geht es zum einen um die Frage, ob du der betreffenden Person aus dem Weg gehen kannst oder nicht. Ist der Mensch mit einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung ein Elternteil von dir und du lebst noch zu Hause, ist es so gut wie unmöglich, ihm aus dem Weg zu gehen.
Handelt es sich um deine Chefin, ist es bereits leichter, aber dennoch mit Unannehmlichkeiten wie einem Jobwechsel verbunden. Ähnliches gilt für narzisstische Nachbarn. Besonders, wenn du eine eigene Immobilie besitzt. Diese lässt sich ja nicht einfach an einen anderen Ort verfrachten.
Natürlich kannst du das Haus oder die Wohnung verkaufen und weg von dem Narzissten ziehen. Aber wer sagt dir, dass dort nebenan nicht auch früher oder später ein Mensch mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung einzieht?
Ein weiteres Kriterium ist, ob zwischen dir und der narzisstischen Person eine Hierarchie besteht. Handelt es sich bei dem Narzissten um deinen Chef oder deine Chefin, ist deine Position ungleich schwächer, als wenn es sich dabei "nur" um einen Arbeitskollegen handelt.
Dennoch können einem Narzissten auch auf gleicher Hierarchieebene gehörig das Leben schwer machen. Beispielsweise in der Partnerschaft. Dort sollten ja ebenfalls beide auf Augenhöhe miteinander umgehen. Leider bleibt das in toxischen Beziehungen mit narzisstisch geprägten Partnern Wunschdenken.
Was wünschst du dir von der Beziehung zur narzisstische Person?
Wenn du nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung stehst und auch nichts von ihm willst, halte dich nach Möglichkeit fern. Egal, wie faszinierend und verlockend die Sache am Anfang aussieht, sie ist den Schmerz und die Verzweiflung, die unweigerlich folgen, nicht wert.
Falls du dich nicht fernhalten kannst oder willst, zum Beispiel, weil du mit dem Narzissten gemeinsame Kinder hast, können dir die folgenden Verhaltenstipps einigen Kummer ersparen und dir das Leben deutlich erleichtern. Garantien gibt es aber nicht.
Die 3 wichtigsten Tipps zum Umgang mit Narzissten
Narzissten wollen anerkannt und bewundert werden. Solange du ihnen ihre Grandiosität spiegelst und jedwede Kritik vermeidest, kannst du eine ganze Weile relativ gut mit ihnen auskommen, wenn du Glück hast.
Es kostet dich allerdings deine Authentizität, denn oft wird dir nicht danach sein, den Narzissten zu loben oder du musst eine Kritik herunterschlucken, die wirklich angebracht wäre.
Wenn du das wirklich möchtest oder es nicht anders geht, weil du den Narzissten nicht so einfach aus deinem Leben verbannen kannst oder willst, kommen hier in Kurzform die 3 wichtigsten Tipps, mit denen du die Beziehung zu einem Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung so stressfrei wie möglich gestaltest:
1. Bediene sein Anerkennungsmotiv und äußere niemals Kritik
Narzissten wollen anerkannt und bewundert werden. Und zwar zu jeder Zeit in nahezu unbegrenztem Ausmaß. Du kannst dabei kaum übertreiben. Wenn er etwas gut gemacht hat, sage ihm nicht einfach, dass es gut wahr. Sei stattdessen ehrlich begeistert und mache ihm klar, wie großartig du das findest, was er da vollbracht hat. Und sei es nur, dass er den Müll rausgetragen hat.
Sollte er dann tiefstapeln und behaupten, dass es ja gar nicht so wunderbar war, was er da gemacht hat, sag ihm auf keinen Fall, dass er damit Recht hat. Bewundere lieber zusätzlich zu seiner grandiosen Leistung noch seine herausragende Bescheidenheit.
Die natürliche Grenze für das Ausmaß deiner Bewunderung und Anerkennung ist entweder deine Authentizitätsschmerzgrenze oder das Ausmaß deines schauspielerischen Talents. Letzteres muss dann aber schon Oscar verdächtig sein, denn Narzissten haben unheimlich feine Antennen dafür, wenn sie jemand auf den Arm nehmen will oder nicht ganz ernst nimmt.
2. Nimm nichts persönlich
Wenn du bis hierhin gelesen hast, weißt du schon eine ganze Menge über die Eigenheiten der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Vielleicht fällt es dir so etwas leichter, die Verhaltensweisen und Reaktionen des Narzissten in deinem Leben nicht mehr ganz so persönlich zu nehmen.
Du hast gelernt, dass er oder sie im Grunde nicht anders kann, als sich so zu verhalten, wie es Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung nun einmal tun. Es hat nichts mit dir zu tun. Die Frage, was du hättest besser oder anders machen können, kannst du hier und jetzt für alle Zeiten beantworten: Nichts!
Zwar gibt es in jeder Beziehung einen Eigenanteil und es ist gut, sich diesen anzusehen und etwas daraus zu lernen. Doch dieser Eigenanteil hat kaum Einfluss auf den Verlauf einer Beziehung mit einem narzisstisch geprägten Menschen.
Schätze deine Einflussmöglichkeiten realistisch ein
Auch ohne diesen Eigenanteil wäre eure Beziehung sehr wahrscheinlich an einem ähnlich Punkt, da deine tatsächlichen Einflussmöglichkeiten viel kleiner sind, als du vielleicht denken magst. Wenn du in deiner Kindheit gelernt hast, für andere da zu sein, dich um deine Eltern oder Geschwister zu kümmern oder man dir beigebracht hat, dass du erst glücklich sein darfst, wenn es alle anderen in deinem Umfeld ebenfalls sind, wird dieser Gedanke nicht leicht zu verdauen sein.
Bist du mit einem narzisstischen Elternteil aufgewachsen, hast du möglicherweise co-narzisstische Züge entwickelt, um dich an die Situation in deinem Elternhaus so anzupassen, dass du darin emotional überleben kannst. In diesem Fall wird es dir erstmal schwerfallen, dir einzugestehen, dass du viel weniger Einfluss auf die Gesamtsituation besitzt, als du immer geglaubt hast.
Denn zu denken, dass eine Situation zu einem Großteil an unserem Eigenanteil liegt, nährt die illusionäre Hoffnung, dass wir, wenn wir unseren Teil endlich gelöst oder geheilt haben, die Dinge zum Besseren wenden können. Wir fühlen uns somit weniger ohnmächtig, als wenn wir uns eingestehen, dass wir kaum Einfluss auf das haben, was uns in der Beziehung zu dem Menschen mit der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung so sehr belastet und ängstigt.
Auf diese Illusion zu verzichten erfordert Mut. Es führt jedoch auch dazu, wertvolle Energien dort abziehen zu können, wo sie nichts ausrichten und sie auf Ziele und Bereiche zu lenken, die mehr im Einklang mit deinen Werten und Zielen stehen.
3. Nutze reichlich sprachliche Weichmacher und trojanische Pferde in der Kommunikation
Manchmal wirst du trotz aller Bemühungen nicht drumherum kommen, einen Narzissten zu kritisieren. Dann ist es entscheidend, wie du deine Kritik vorbringst. Das Wichtigste ist dabei, dass du Kritik gegenüber einem Menschen mit Narzisstischer Persönlichkeitsstörung niemals direkt äußern solltest.
Verpacke sie in Watte. Sage keine Dinge wie "Du hast das falsch gemacht!" Das käme einer Majestätsbeleidigung gleich, die dir der Narzisst möglicherweise ein Leben lang nachträgt. Stattdessen sage lieber Dinge wie "Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich noch richtig erinnere, aber wolltest du nicht heute die Kinder von der Schule abholen oder habe ich das falsch im Gedächtnis?"
Es ist gut möglich, dass der Narzisst dir daraufhin antwortet, dass du dich tatsächlich geirrt hast, auch wenn du ganz sicher weißt, dass das nicht der Fall ist. Aber dann hätte auch eine direkte Kritik die Dinge nicht zum Besseren gewendet. So erlaubst du ihm wenigstens, sein Gesicht zu wahren,
Nutze Trojanische Pferde in der Kommunikation mit Narzissten
Trojanische Pferde in der Kommunikation bedienen die positiven Schemata einer Person. Narzissten wollen von ihrer Umwelt gespiegelt bekommen, wie großartig sie sind. Wenn du den Narzissten also schon kritisieren musst, dann versuche es mal so:
"Das war schon wirklich gut, finde ich. Aber ich bin mir sicher, dass jemand mit deiner Intelligenz da sogar beim nächsten Mal noch eine Schippe drauflegen kann Es würde mich nicht wundern, wenn du das noch besser hinbekommen würdest."
Das kommt dir alles ein bisschen fake vor und irgendwie genauso manipulativ, wie man es sonst von Narzissten kennt? Da hast du Recht. Deshalb sind dies ausdrücklich Hinweise für den Fall, dass du der Beziehung zum Narzissten derzeit nicht entkommen kannst oder aus übergeordneten Gründen nicht willst.
Sie sind nicht hundertprozentig authentisch, sollen dir aber helfen, den Schaden innerhalb der Beziehung zu dem Menschen mit der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung möglichst gering zu halten. Im Zweifel ist es immer ratsamer, eine Beziehung, in der so eine Kommunikation nötig ist, gar nicht erst einzugehen, wenn man die Möglichkeit dazu hat oder sie rasch zu beenden.
Narzissmus in der Partnerschaft
Zu den schlimmsten Erfahrungen, die man im Zusammenhang mit der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung machen kann, zählt die toxische Beziehung mit einem Narzissten. Ich begleite seit über zehn Jahren Menschen dabei, toxische Beziehungen zu beenden, die tiefen Wunden zu versorgen, die sie hinterlassen haben und an den durchlebten Erfahrungen zu wachsen.
Daher kenne ich die Qualen der Leidtragenden nur zu gut. Mir ist die Verzweiflung vertraut, keinen Ausweg zu sehen. Ich kenne die Ohnmacht und Fassungslosigkeit, wenn einem niemand glauben will. Selbst engste Freunde und Verwandte nicht.
Und ich habe durch die Begleitung meiner Klienten auch hundertfach erlebt, wie viel leichter und glücklicher das Leben sein kann, wenn sie es erst geschafft haben, die toxische Beziehung zu verarbeiten und hinter sich zu lassen, und sie wieder bei sich selbst angekommen sind. Viele zum ersten Mal in ihrem Leben.
Daher weiß ich nicht nur, wie beschwerlich dieser Weg sein kann und dass ihn kaum jemand alleine schafft. Ich weiß ebenso, wie sehr es sich lohnt, die verbliebenen Kräfte zu bündeln und sich aufzumachen, um das eigene Leben zurückzuerobern.
Denn der wahre Feind ist nicht der Narzisst, sondern der Raum, den er in deinem Kopf und deinem Leben einnimmt. Es wird Zeit, diesen Raum mit aller Entschlossenheit wieder in Besitz zu nehmen!
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Literatur:
*1 Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5, Deutsche Ausgabe herausgegeben von Peter Falkai und Hans-Ulrich Wittchen, S. 918, Hogrefe GmbH & Co. KG, 2. korrigierte Auflage 2018
*2 Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD 10 Kapitel V (F), Diagnostische Kriterien für Forschung und Praxis, Horst Dilling, Werner Mombour, Martin H. Schmidt, Elisabeth-Schulte-Markwort (Hrsg.), S. 220f., Hogrefe Verlag AG, 6. überarbeitete Auflage unter Berücksichtigung der Änderungen gemäß ICD-10-GM (German Modification) 2016
*3 Die Narzissmusfalle - Anleitung zur Menschenkenntnis und Selbsterkenntnis, Reinhard Haller, S. 197ff., Ecowin Verlag, 12. Auflage 2019
*4 vgl.: Die Narzissmusfalle - Anleitung zur Menschenkenntnis und Selbsterkenntnis, Reinhard Haller, S. 39ff., Ecowin Verlag, 12. Auflage 2019
*5 Stinson, F. S., D. A., Dawson, R. B. Goldstein et al. (2008). Pevelancce, correlates, disability, and comorbidity of DSM-IV narcissistic personality disorder: results from the wave 2 national epidemilogic survey on alcohol and related conditions. J Clin Psychiatry 69(7): 1033 [zitiert nach Narzissmus – Grundlagen – Störungsbilder – Therapie, Stephan Doering, Hans-Peter Hartmann, Otto F. Kernberg, S. 219, Schattauer Verlag, 2. Aktualisierte Auflage 2021
*6 Narzissmus: Eine Theorie der psychoanalytischen Behandlung narzisstischer Persönlichkeitsstörungen, Heinz Kohut, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, 1. Januar 1976
*7 Narzissmus, Aggression und Selbstzerstörung: Fortschritte in der Diagnose und Behandlung schwerer Persönlichkeitsstörungen, Otto F. Kernberg, Klett-Cotta, 12. April 2006
*8 Personality Disorders in Modern Life, Theodore Millon, Carrie M. Millon, Sarah Meagher, Seth D. Grossman, Rowena Ramnath, Wiley Verlag, 24. August 2004
- Malignent Self-love - Narcissism Revisited - Narcissists, Psychopaths, and Abusive Relationships, Sam Vaknin, A Narcissus Publications Imprint, Prague & Skopje 2015, 10th Edition
- Personality Disorders Revisited, Sam Vaknin, 1st Edition, A Narcissus Publications Imprint, Prague & Skopje 2007
- The Inverted (Covert) Narcissist Codependent, Sam Vaknin, A Narcissus Publications Imprint, Prague & Haifa 2018
- How to Cope with Narcissistic and Psychopathic Abusers and Stalkers, Sam Vaknin, A Narcissus Publications Imprint, Prague & Haifa 2014
- The Narcissist and Psychopath in Therapy, Sam Vaknin, A Narcissus Publications Imprint, Prague & Haifa 2014
- Weiblicher Narzissmus: Der Hunger nach Anerkennung, Bärbel Wardetzki, Kösel Verlag, 2. Auflage 2021
- Männlicher Narzissmus: Das Drama der Liebe, die um sich selbst kreist, Raphael M. Bonelli, Pantheon Verlag, 3. Auflage 2018