by Andreas Gauger

Selbstregulation: Wie du dein Nervensystem beruhigst und innere Sicherheit findest

Heilung, Narzisstischer Missbrauch: Formen, Folgen & Heilung

Manche Menschen können nach Stress einfach abschalten. Andere bleiben innerlich aufgewühlt – selbst wenn äußerlich längst Ruhe eingekehrt ist.

Wer ein Trauma oder langanhaltenden Stress erlebt hat, kennt das Gefühl, keine Kontrolle über die eigenen Emotionen zu haben.

Plötzliche Angst oder Wut, die scheinbar aus dem Nichts kommen. Ein Körper, der angespannt bleibt, selbst wenn alles gut ist. Oder eine innere Leere, die selbst in Momenten der Freude nicht weicht.

Das liegt nicht an einem „schwachen Charakter“ – sondern am Nervensystem.

Selbstregulation ist die Fähigkeit, innere Zustände zu steuern. Sie entscheidet darüber, ob wir ruhig bleiben, auch wenn das Leben herausfordernd wird.

Doch was, wenn unser Nervensystem sich nie wirklich sicher gefühlt hat?

Viele Menschen, die mit den Folgen von Trauma, Stress oder emotionaler Vernachlässigung kämpfen, stellen fest, dass sie sich nicht bewusst entscheiden können, ruhig zu bleiben oder sich zu entspannen.

Ihr Körper scheint auf Autopilot zu laufen – mal im Alarmmodus, mal völlig abgeschaltet.

Die gute Nachricht: Selbstregulation kann man lernen. Doch dafür muss man verstehen, wie das eigene Nervensystem funktioniert – und wie es beeinflusst, wie wir uns fühlen, handeln und die Welt wahrnehmen.

Warum Selbstregulation nach Trauma so schwer ist

Für Menschen, die emotionale Sicherheit in ihrer Kindheit als selbstverständlich erlebt haben, ist Selbstregulation intuitiv.

Sie fühlen sich im Leben verankert, atmen tiefer, können mit Herausforderungen flexibel umgehen.

Wer jedoch früh gelernt hat, dass Sicherheit unzuverlässig ist, erlebt die Welt anders. Ihr Nervensystem hat sich auf Dauerstress eingestellt – immer bereit, auf Gefahr zu reagieren.

Das ist keine bewusste Entscheidung. Es ist eine Prägung, die tief im Körper verankert ist. Ein Kind, das über Jahre hinweg Unsicherheit erlebt hat, programmiert sein Nervensystem auf zwei mögliche Überlebensstrategien:

  • Dauerhafte Alarmbereitschaft: Immer auf der Hut, überempfindlich gegenüber Kritik, Probleme mit Entspannung oder Schlaf.
  • Emotionale Taubheit: Abgeschnitten von sich selbst, als würde das Leben aus einem Schutzschild heraus wahrgenommen werden.

Diese Muster verschwinden nicht automatisch, wenn wir erwachsen werden. Sie begleiten uns in Beziehungen, in Stresssituationen, in Momenten, in denen wir eigentlich ruhig bleiben wollen – aber es nicht können.

💡 Wichtig: Selbstregulation ist nicht einfach eine „Kopfsache“. Wer früh gelernt hat, dass die Welt unsicher ist, kann sich nicht einfach sagen: „Alles ist gut.“ Das Nervensystem muss es erleben.

Wie das Nervensystem unsere Emotionen steuert

Viele Menschen glauben, dass Emotionen eine Frage der Willenskraft sind. „Reiß dich zusammen. Bleib ruhig. Denk positiv.“

Doch wer jemals versucht hat, sich selbst durch bloße Gedanken zu beruhigen, wenn das Nervensystem in Alarmbereitschaft ist, weiß: Es funktioniert nicht.

Denn Emotionen entstehen nicht im Kopf – sie entstehen im Körper.

Wenn Gefahr droht, sendet das Gehirn blitzschnell Signale an das Nervensystem. Das passiert unterbewusst – bevor der bewusste Verstand überhaupt Zeit hat, die Situation einzuordnen.

Ist das Nervensystem reguliert, erleben wir eine gesunde Balance zwischen Anspannung und Entspannung. Doch wenn das System durch Trauma oder anhaltenden Stress überlastet ist, bleibt es in einem der Überlebensmodi hängen:

  • Kampf oder Flucht – das sympathische Nervensystem übernimmt. Wir werden reizbar, fühlen uns getrieben, unruhig, reagieren impulsiv.
  • Erstarrung & Dissoziation – der dorsale Vagusnerv dominiert. Wir fühlen uns taub, abgeschaltet, handlungsunfähig, innerlich leer.

Stephen Porges’ Polyvagal-Theorie erklärt, dass unser Nervensystem nicht nur zwei Zustände kennt – sondern drei. Neben Kampf/Flucht und Erstarrung gibt es noch einen dritten Zustand:

  • Ventrale Vagus-Aktivierung – Der Zustand von Sicherheit und Verbindung.

Wenn wir uns sicher fühlen, atmen wir tiefer, unsere Muskeln entspannen sich, das Herz schlägt ruhig.

In diesem Zustand können wir klar denken, Beziehungen genießen, flexibel mit Herausforderungen umgehen.

Doch wer früh gelernt hat, dass die Welt unsicher ist, hat oft keinen natürlichen Zugang zu diesem Zustand. Das Nervensystem schaltet automatisch in Alarm – oder zieht sich zurück.

💡 Wichtig: Selbstregulation bedeutet nicht, Emotionen zu unterdrücken. Sie bedeutet, das eigene Nervensystem zu verstehen – und es bewusst in den Zustand von Sicherheit und Verbindung zurückzuführen.

Warum Selbstregulation der Schlüssel zur Heilung ist

Wer sich innerlich sicher fühlt, kann frei handeln. Wer sich innerlich unsicher fühlt, reagiert nur.

Für viele Menschen mit Trauma ist das Leben ein permanentes Management innerer Zustände.

Selbst die kleinsten Trigger können das Nervensystem in Alarmbereitschaft versetzen – und es gibt scheinbar keinen Weg, diesen Automatismus zu stoppen.

Das liegt daran, dass das Gehirn nicht zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterscheidet.

Wenn das Nervensystem über Jahre hinweg gelernt hat, dass Sicherheit unzuverlässig ist, dass Nähe mit Schmerz verbunden ist oder dass man nur dann gesehen wird, wenn man sich anpasst, dann bleibt es in einem Muster stecken, das immer wieder dieselben Antworten liefert.

Ein Streit mit dem Partner ist dann nicht nur ein Konflikt – sondern fühlt sich an wie existenzielle Bedrohung.

Ein Fehler im Job ist nicht nur eine Panne – sondern ein Beweis dafür, dass man nie genug sein wird.

Eine ruhige Phase im Leben ist nicht entspannend – sondern fühlt sich unheimlich an, weil das Nervensystem an Dauerstress gewöhnt ist.

Das ist kein Zeichen von Schwäche.

Es ist ein Zeichen, dass das Nervensystem in einem alten Programm läuft, das irgendwann überlebensnotwendig war. Doch genau das ist der Punkt: Was damals überlebenswichtig war, ist heute die Quelle von Leid.

💡 Selbstregulation bedeutet, dieses alte Programm zu unterbrechen – und dem eigenen Körper beizubringen, dass heute eine neue Erfahrung möglich ist.

Doch wie macht man das, wenn Gedanken allein nicht ausreichen?

Wie du dein Nervensystem beruhigst und Selbstregulation aufbaust

Selbstregulation kann man nicht durch Nachdenken lernen. Wer sich innerlich sicher fühlen will, braucht nicht nur eine neue Perspektive – sondern eine neue Erfahrung.

Das Nervensystem muss spüren, dass die Gefahr vorbei ist. Nicht durch Worte, sondern durch das, was wir mit unserem Körper tun.

Für viele beginnt dieser Prozess mit einer tiefen Erkenntnis: Du bist nicht deine Reaktionen.

Wenn das Nervensystem Alarm schlägt, fühlt es sich oft so an, als hätte man keine Wahl. Doch das stimmt nicht.

Zwischen Reiz und Reaktion gibt es immer einen Moment der Entscheidung – und je mehr wir unser Nervensystem regulieren, desto größer wird dieser Raum.

Selbstregulation bedeutet, bewusst diesen Moment zu erkennen. Zu spüren, wenn alte Muster anspringen – und dann eine andere Erfahrung zu machen.

Das kann in einem einzelnen Atemzug geschehen. In einer Berührung, die den Körper daran erinnert, dass er sicher ist. In einer bewussten Bewegung, die den erstarrten Zustand löst. In einer Begegnung, die das Nervensystem nicht als Bedrohung, sondern als Verbindung erlebt.

💡 Wichtig: Selbstregulation ist keine Technik, sondern eine Praxis. Je öfter wir dem Nervensystem zeigen, dass es sicher sein darf, desto leichter wird es, diesen Zustand zu erreichen.

Selbstregulation als Schlüssel zur Rückkehr zu dir selbst

Wer ein Leben lang gelernt hat, dass die Welt unsicher ist, kann sich nicht einfach entscheiden, ruhig zu bleiben. Aber er kann lernen, sich sicher zu fühlen.

Selbstregulation ist nicht das Ende der Heilung – sie ist der Anfang. Denn erst wenn unser Nervensystem wieder lernt, dass es möglich ist, zu entspannen, präsent zu sein, sich zu verbinden, entsteht echter Wandel.

💡 „Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegt unser Wachstum und unsere Freiheit.“ – Viktor Frankl

Und genau darum geht es: Diesen Raum zu vergrößern. Sich selbst nicht mehr als Spielball der eigenen Muster zu erleben, sondern als jemanden, der eine Wahl hat.

Selbstregulation bedeutet nicht, nie wieder getriggert zu werden. Sie bedeutet, dass du in diesen Momenten nicht verloren bist. Dass du zurückkommen kannst – zu dir selbst, zu deinem Körper, zu der Erfahrung von Sicherheit, die du vielleicht nie wirklich kanntest.

Wie Trauma unser Nervensystem beeinflusst – und warum Entwicklungstrauma oft den Zugang zu Selbstregulation erschwert:

👉 Entwicklungstrauma: Wenn der Körper die Vergangenheit nicht loslässt

Raus aus toxischen Beziehungsmustern - zurück zu dir!

Du hast mehr Einfluss, als du glaubst. Wenn du spürst, dass es so nicht weitergehen kann und dich danach sehnst, wieder ganz bei dir selbst anzukommen, lass uns reden.

Seit über 13 Jahren begleite ich Menschen dabei, sich aus toxischen Beziehungen zu befreien und zurück zu sich selbst zu finden.

Meine Methode verbindet die effektivsten Ansätze aus Coaching, Persönlichkeitsentwicklung, buddhistischer und allgemeiner Psychotherapie, Taoismus, Stoizismus und Resilienzforschung.

Wenn du diesen Weg selbst gehen möchtest, freue ich mich darauf, dich kennenzulernen.

Andreas

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