Toxische Beziehung – Monika: Ich musste mit meinen Kindern untertauchen

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Toxische Beziehung Erfahrungen

Toxische Beziehungen haben viele Gesichter. Obwohl es übergreifende Muster gibt, erlebt jeder sie anders. Um dir ein möglichst umfassendes Bild zu ermöglichen, habe ich zusammen mit vielen Freiwilligen diese Serie ins Leben gerufen. Dafür haben mir Betroffene wie Monika ihre persönlichen Fallgeschichten zur Verfügung gestellt.

So kannst du von ihnen lernen. Denn du bist mit deinen Erlebnissen nicht allein. Überflüssig zu erwähnen, dass die Geschichten anonymisiert sind, um alle Beteiligten zu schützen.

Wo sich ein für toxische Beziehungen typisches Muster abzeichnet, habe ich die Hintergründe für dich in einem Kommentar deutlich gemacht und auf weiterführende Informationen verlinkt. So sind wertvolle Beiträge entstanden, die sowohl das wahre Leben abbilden, als auch Lektionen aufzeigen, die dir beim Verständnis deiner eigenen Situation helfen können.

Hier ist, was Monika erlebt, erlitten und erlernt hat:

Toxische Beziehung: Erfahrungen von Monika

Ich war damals erst 34 Jahre und bereits körperlich und seelisch an meinen persönlichen Grenzen. Meine vorangegangenen Jahre waren gefüllt mit Verletzungen, Ohnmacht, Liebe, Demütigungen, Resignation, Hoffnung, Loyalitätskonflikten, Respekt, Mitgefühl, Trauer, Schockmomenten, Abneigung und Ekel.

Das Potpourri einer 17 jährigen Beziehung, welches ich durch mein empathisches Wesen gutgläubig ausgehalten habe.

Über Jahre habe ich die Möglichkeit sehen wollen, dass mein damaliger Mann (Vater unseres Sohnes und Pflegevater unseres Pflegesohnes) und ich es schaffen, seine seelischen Verletzungen, mein Minderwertigkeitsgefühl und mein mangelndes Selbstwirksamkeitsgefühl zu meistern. Jedoch musste ich einsehen, dass dies nur mein Bestreben war.

Andreas Gauger: Hier zeigt sich die für Empathinnen typische Neigung zu malignem Optimismus. Man nährt die irreale Hoffnung, dass man die gemeinsamen Probleme innerhalb der Beziehung in den Griff bekommen könnte und assoziiert sich mit dem verletzten inneren Kind in sich selbst und im Partner. Man glaubt, dass die Beziehung funktionieren wird, wenn diese alten Wunden versorgt sind. So wird der rechtzeitige Absprung verhindert. Diese falsche Hoffnung hält im Spiel. Dabei findet eine Toleranzentwicklung statt. Man lässt sich mit der Zeit Dinge gefallen, die man früher nie toleriert hätte.

Gleichzeitig geraten wir in die Sunk Cost Fallacy. Je mehr wir für etwas gelitten oder in etwas investiert haben, desto mehr halten wir daran fest, denn wir fürchten, dass sonst alles umsonst gewesen ist. Wir haben Angst, diesen Verlust zu realisieren. So ist es leichter, die selbstzerstörerische Hoffnung aufrechtzuerhalten, dass wir das Ruder doch noch herumreißen können und unsere Investition nicht verlieren. Hier erfährst du mehr über die Hintergründe:

>>> Warum wir uns nicht von sinkenden Schiffen retten

Der Partner als "Retter" aus der Enge der elterlichen Welt

Meine Güte, hatte ich diesen charismatischen, Freigeist geliebt. Ich spürte damals schnell, dass seine Herkunft für mich das Abenteuerland war, was ich aus ängstlich geprägten Gründen meines Elternhauses nie kennenlernen konnte.

Ich, das überbehütete Einzelkind, welches trotz widrigster Umstände den Weg in die Welt geschafft hatte, brauchte damals nichts mehr als diesen jungen Mann, der vor grenzenloser Freiheit nur so strotzte.

Ich fühlte mich in seiner Welt, wo keine Regeln, Begrenzungen, Vorschriften, Ängstlichkeit, Behütung oder Interesse herrschten, wie auf einem Abenteuerspielplatz, denn mein 17 jähriger bisheriger Lebensweg ließ nicht viel Freiraum um meine Bedürfnisse zu leben, geschweige denn sie überhaupt kennenzulernen.

Andreas Gauger: Du erkennst hier einen gemeinsamen Grundkonflikt, der die Lebensfalle "Verletzbarkeit" zum Mittelpunkt hat. Während Monika überbehütet aufwuchs und versucht hat, sich bestmöglich an ein Leben aus Regeln, Verboten und Einschränkungen anzupassen (Fluchtmodus), ging ihr narzisstischer Ex-Mann mit diesem Thema genau entgegengesetzt um.

Er ließ keine Regeln und Einschränkungen gelten, lebte seine Freiheit ohne Rücksicht und oft auch ohne Vernunft aus. Ihr Ex verhielt sich, als hätte nichts Konsequenzen und Sicherheit ginge ihn nichts an. Er ging rebellisch mit seiner Verletzbarkeit um (Kampfmodus).

Dabei lebte er, als wolle er sich und allen anderen beweisen, dass er unverletzbar war. Natürlich übte das eine hohe Faszination auf Monika aus. Ihr inneres Kind spürte die Verbindung durch das gleiche Grundthema und war fasziniert davon, dass er damit so anders umging, als sie es gewohnt war. Durch Polarität entsteht Anziehung. Doch diese kann auch hoch toxisch sein.

Überbehütete Kindheit mit vielen Einschränkungen

Vor allem meine Mutter konnte aus ihren eigenen Motiven heraus die Kontrolle und somit ihre Sicherheit nur sehr schwer abgeben. Stelle es dir so vor: du wohnst in einem soliden Einfamilienhaus, in dem du alles bekommst, was du für deine Sicherheit brauchst:

Jede Gefahr ist im Blick, jeder deiner Schritte steht abgesichert im Fokus und „gute Wege“ werden dir geebnet. Du hast nicht einmal eine Ahnung davon, dass es außerhalb dieses Schutzraumes einen Wegweiser in Richtung Spielplatz geben könnte.

Andreas Gauger: Auch hier wird deutlich, wie sehr die Prägungen durch die Atmosphäre in unserem Elternhaus unsere späteren Beziehungserfahrungen vorbahnen (Priming). Sie beeinflussen, zu welcher Art von Partner später ein Magnetismus entsteht und wie wir uns innerhalb einer Beziehung verhalten.

Das ist in zwei Richtungen wichtig. Zum einen müssen wir diese ursprünglichen Prägungen durch unsere Eltern aufarbeiten, wenn wir unsere destruktiven Beziehungsmuster überwinden und in einer erfüllten Partnerschaft ankommen möchten.

Zum anderen geben auch wir ungelöste destruktive Muster an unsere Kinder weiter. Das ist für viele liebende Eltern Grund genug, ihre eigenen Themen aufzuarbeiten, damit ihre Kinder später nicht das Gleiche durchmachen müssen, wie sie selbst.

(Ich höre beim Schreiben dieser Worte gerade die mahnende Stimme meiner Mutter, wie sie versucht, mir zu sagen, dass ich nicht übertreiben soll, da mein Empfinden da schon sehr falsch wäre...)

Andreas Gauger: Priming für spätere Selbstunsicherheit und Zweifel an der eigenen Wahrnehmung durch permanente Verletzung des Bedürfnisses nach Bestätigung der eigenen Erfahrung im Elternhaus. Hier werden unter anderem die Grundlagen dafür gelegt, dass jemand später ständig daran zweifelt, ob seine Wahrnehmung wirklich richtig ist oder ob er nicht sogar derjenige ist, der das eigentliche Problem darstellt. So etwas macht natürlich unglaublich anfällig für narzisstische Manipulation in einer toxischen Beziehung.

Wie diese Prägungen sich auswirken, hängt zum einen vom Erziehungsstil der Eltern ab. Zum anderen davon, auf welchen Grundcharakter des Kindes (zusätzlich beeinflusst durch die Position in der Geschwisterreihenfolge) der Erziehungsstil trifft. Auf diesem Gebiet hat der Adler Schüler Fritz Künkel sehr interessante Erkenntnisse zutage gefördert.

In diese Podcast-Folge erfährst du mehr darüber:

Konflikte zwischen Ex-Partner und Eltern

Meine ursprüngliche Welt war meinem Ex-Mann viel zu eng. Das machte er auch stets vor meinen Eltern lauthals deutlich, was ich damals einerseits bewunderte (eben weil ich es mir niemals erlaubt hätte), was mich jedoch andererseits in einen schwerwiegenden Loyalitätskonflikt brachte. Damals konnte ich noch nicht  wahrnehmen, dass dieser Mann eigentlich nichts mehr auf der Welt brauchte, als Sicherheit und Geborgenheit, und dass jede Zelle in ihm auf diesem Gebiet verhungert schien.

An Nuancen nahm ich zwar hin und wieder wahr, dass er mit (mir noch nicht bekannten) Waffen darum im Außen kämpfte, aber dies fügte sich zunächst noch gut in das Bild meines Abenteuerspielplatzes ein. Heute möchte ich es so benennen: Er gab sein „Bestes“ um seine Verletzlichkeit zu tarnen. Und dieses Verhalten tat, glaube ich, nicht nur mir nachhaltig sehr weh.

Ich wusste irgendwann (und weiß es bis heute), welch sensibler Mann hinter seiner Mauer saß, da sich dieser unter Alkoholeinfluss traute, jahrelang zurückgehaltene Tränen zu zeigen - das heißt, wenn der Pegel es noch zuließ. Denn: war der Pegel zu hoch, und das war häufig der Fall, wurde aus dem weinenden Mann eine Bestie.

Andreas Gauger: Empathen haben viel Verständnis für die Verletzungen und das Leiden eines anderen. Das ist eine hohe soziale Kompetenz. Sie sind eben sehr empathisch, deshalb heißen sie ja auch so. Doch es gibt für alles ein gesundes Maß. Das ist im Rahmen einer toxischen Beziehung definitiv überschritten. Es gibt auch eine toxische Empathie.

Sie sorgt dafür, dass wir im Grunde nahezu jedes noch so destruktive Verhalten unseres Gegenübers relativieren, indem wir uns zu stark mit dem verletzten inneren Kind im Narzissten identifizieren. Dieses gibt es selbstverständlich. Doch das rechtfertigt nicht sein destruktives Verhalten. Es gehört zu den Entwicklungsaufgaben der Empathin, wieder ein gesundes Gleichgewicht zwischen Empathie und Selbstfürsorge zu etablieren.

(Ich gehe hier bewusst nicht näher auf „die Bestie“ ein - einerseits um mich zu schonen und andererseits aus Respekt gegenüber meinem Ex-Mann.)

Ja, ich weiß, Respekt klingt an dieser Stelle unpassend, jedoch habe ich diesen bis heute und genau das war mein Weg zu mir.

Respekt gegenüber der Prägung meiner Eltern und Respekt gegenüber der Prägung meines Mannes führten mich in den Respekt vor meiner sensiblen Empfindsamkeit, welche ich bis dato lieber versteckte.

Permanente Entwertungen und Manipulation der eigenen Wahrnehmung

(Eben weil ich auf meinem bisherigen Lebensweg gelernt hatte, dass mein Empfinden falsch sei, meine Bedürfnisse nicht gut für mich waren,

  • ich zu empfindlich war,
  • ich mich nicht so anstellen sollte,
  • ich mich mal zusammenreißen sollte,
  • ich Schuld an Krankheit wäre,
  • ich durch mein Wesen Menschen kaputt mache,
  • ich ständig auf der Psycho - Scheiße herumreite,
  • ich eine schlechte Mutter wäre,
  • ich nur mich sehe,
  • ich eh nichts geschissen kriege,
  • ich nie sexuelle Lust empfinde,
  • ich mal erst mal mit mir selber klarkommen sollte,
  • ich viel zu weinerlich sei,
  • ich meine scheiß Eltern noch in Schutz nehme,
  • ich diejenige wäre, die in Therapie müsste,
  • ich eine völlig falsche Wahrnehmung der Dinge verbreiten würde,
  • ich mich endlich operieren lassen soll, um sexuell angemessen zu funktionieren,
  • ich mitsaufen sollte um es nicht so eng zu sehen, ...)

Andreas Gauger: Wiederholung des ursprünglichen Primings im Elternhaus in der späteren toxischen Beziehung durch permanentes Entwerten der eigenen Sichtweise, Gefühle, des Verhaltens, etc. durch den Ex-Mann. Hierdurch wird wiederholt Monikas Bedürfnis nach Bestätigung der eigenen Erfahrung verletzt. Das trifft durch ihre Erfahrungen im Elternhaus auf fruchtbaren Boden. In Extremfällen kann diese Manipulation und Entwertung der eigenen Wahrnehmung die Form von Gaslighting annehmen.

Gemeinsame Kinder mit einem Narzissten

Während des Schreibens kommen mir immer wieder unsere Kinder in den Sinn. Sie begleiten mich praktisch bei jedem Wort, was ich tippe, denn sie ließen mich Kräfte entwickeln, die ich vorher nicht kannte. Sie gaben mir beständig die Rückmeldung, dass meine verborgene Sensibilität genau das war, was ihre Seele nährte. Besonders deutlich wurde es, als ich spürte, wie sehr die verwahrloste Seele unseres Pflegesohnes durch mein Wesen profitierte.

Andreas Gauger: Hier zeigt sich deutlich, wie heilsam es sein kann, wenn entgegen der ursprünglichen Erfahrungen unsere Beziehungsbedürfnisse erfüllt werden. Monika erhält durch ihre Kinder die Bestätigung, dass ihre Art und ihre Wahrnehmung richtig und wertvoll sind und sogar heilsam für das Gedeihen ihrer Kinder. Auf diese Weise macht sie eine "korrektive" Beziehungserfahrung, die ab jetzt den Entwertungen ihrer Art und Sichtweise entgegensteht.

Hier wird ihr Bedürfnis nach Bestätigung der eigenen Erfahrung durch die sehr bedeutungsvolle Beziehung zu ihren Kindern erfüllt. Sie erhält die Rückmeldung, auf dem richtigen Weg zu sein und mobilisiert bisher ungenutzte Kräfte, die sie in den Dienst des Schutzes ihrer Kinder stellt.

Unsere Jungs waren damals 4 und 9 Jahre, als ich (augenscheinlich von heute auf morgen) die Reißleine zog.

3 Jahre zuvor habe ich mir unbewusst ein paralleles Seelenleben aufgebaut, welches durch meine beste Freundin (die mit meinem Ex-Mann all die Jahre im Konflikt war) und einen mich wertschätzenden Mann gestützt wurde.

Dann ging alles sehr schnell.

Ein anderer Mann macht schließlich den Absprung möglich

Ich habe die Ehe beendet, indem ich ihm von dem anderen Mann erzählte. Alle anderen Erklärungen wären für ihn nicht zu greifen gewesen. Mit 45 Kilo Körpergewicht und starken Rückenschmerzen hatte ich keine Kraft mehr für Versuche meiner Erklärungen.

Ich brauchte alle restliche Kraft um unsere Jungs einigermaßen unbeschadet aus diesem Dilemma zu führen, was mir zunächst auch gelungen ist.

Dann ging der Horror erst richtig los.

Meine Handlung und Entschlossenheit löste bei meinem Ex-Mann für ihn Unerträgliches aus, was über versuchten „Brainwash“ an den Kindern, bis hin zum versuchten und mehrfach angedrohten Suizid seinerseits führte.

(Ich führe bewusst keine weiteren Aktionen und Zusammenbrüche seinerseits auf, da es für mich damals, wie heute wichtig war, diesen - so gut es ging - keinerlei Beachtung mehr zu schenken. Es hätte meinem empfindlichen, konfliktscheuen Wesen „den Rest“ geben können.)

Andreas Gauger: Diese Triangulation über die Kinder ist leider typisch für Narzissten. Sie versuchen, die Kinder und andere Menschen aus dem Umfeld gegen die Ex-Partnerin aufzubringen. Dabei erschaffen sie Flying Monkeys und überziehen das Gegenüber mit einer Schmutzkampagne.

Deshalb ist es besonders wichtig, die Trennung aus einer toxischen Beziehung nicht leichtfertig anzugehen. Dabei sind oft taktisches Geschick und akribische Vorbereitung unerlässlich. Hier erfährst du mehr darüber, wie die Trennung gelingen kann:

>>> Trennungskompetenz erwerben

Flucht mit den Kindern

Ich flüchtete damals mit den Kindern weit weg in eine Mutter-Kind-Kur, welche Adresse er nicht erfuhr. Auch den Jungs habe ich dort zum Schutz verboten, mit dem Vater Kontakt aufzunehmen. Diese Zeit tat uns gut. Ich kam wieder ein wenig zu Kräften und unsere Jungs zur Ruhe.

Nichts war mir so wichtig, wie unsere Kinder vor den Gefühlen meines Ex-Mannes zu schützen. Er hat seine Gefühle ja selbst nicht ertragen, wie hätten es unsere Kinder schaffen sollen!?

Andreas Gauger: Hier und an anderen Stellen wird wunderbar die doppelte "Funktion" von Kindern in einer toxischen Beziehung deutlich. Zum einen mobilisiert der Wunsch, die eigenen Kinder vorm toxischen Partner zu schützen, häufig Kraftreserven, ohne die eine Trennung nicht möglich wäre.

Zum anderen existiert in vielen Co-Narzissten der Wunsch, die eigenen Muster nicht an die Kinder weiterzugeben. So können diese vom Entwicklungsprozess profitieren, die der bewusstere Elternteil selbst vollzieht.


Auf diese Weise kann in vielen Fällen die Kette durchbrochen werden, mit der diese destruktiven Beziehungsmuster von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Hierzu zählt auch das Bindungsverhalten, das Eltern ihren Kindern vorleben. Denn dieses werden die Kinder mit einiger Wahrscheinlichkeit in ihren späteren Beziehungen wiederholen.


Hier erfährst du mehr darüber: >>> Bindungsstile


Drohungen, Einschüchterungsversuche und immer wieder Schuldgefühle

Es folgten Jahre der Angst (er wollte damals mein Haus abbrennen, sich am Baum vor dem Haus erhängen, mit der Begründung, dass ich unseren Kindern dann erklären dürfte, wohin ich ihren Papa getrieben hätte,... ach ich könnte noch so einiges berichten...)

Dass ich mich damals „schuldig“ fühlte, einen Menschen dermaßen den Boden unter den Füßen weggerissen zu haben, muss ich an dieser Stelle vielleicht nicht extra erwähnen.

Irgendetwas sagte jedoch in mir, dass ich ganz bestimmt keine Schuld daran hätte, dass er in sich keinen Boden hat, auf den er zurückfallen kann und dies bestätigte mir schließlich ein Psychotherapeut, den ich zur Stabilisation in dieser Zeit für ein paar Stunden aufsuchte. Ich wollte unbedingt für unsere Jungs stabil bleiben, da mein Körper mir noch immer etwas anderes in Form von Migräne mit Aura, Abmagerung und Rückenschmerzen zurückmeldete.

Die Worte meines Ex- Mannes sind noch heute: „Wäre ich nicht so feige gewesen, hätte ich mich damals weggemacht.“

Wenn ich nur den Atemzug für meine Antwort nehme, spüre ich, wie er seine noch dickere Mauer mir gegenüber hochzieht.

Andreas Gauger: Monika hatte eine Art innerer Stimme oder Gewissheit, die ein Gegengewicht zu den induzierten Schuldgefühlen darstellte, die ihr Ex-Mann immer wieder versuchte, in ihr zu entfachen. Damit hat sie vielen Betroffenen in einer ähnlichen Situation einiges voraus. Andere müssen diese innere Gewissheit erst noch entwickeln. Gut erkennbar werden hier auch die körperlichen und psychosomatischen Folgen einer toxischen Beziehung.

Richtiges Verhalten bei gemeinsamen Kindern mit einem Narzissten

Unsere Jungs sind mittlerweile beide erwachsen und haben ihren Vater dort eingeordnet, wo sie mit ihm gut klarkommen.

Mir war in der ganzen Zeit wichtig, dass sie die Möglichkeit bekamen, sich ihr eigenes Gefühl zum Vater bilden zu können und ich ihn wohlwollend auf der Elternebene mit allem, was er aus seinem Wesen heraus zu bieten und auch nicht zu bieten hatte, stehen lassen konnte.

Dies sah praktisch so aus, dass ich ihnen zunächst immer „genehmigt“ habe, ihren Papa lieb zu haben, auch wenn Mama häufig wegen ihm weint.

Die Jungs wollten mich zeitweise vor ihm beschützen, was ich jedoch schnell unterbunden habe, indem ich ihnen klar sagte, dass es nicht ihre Aufgabe sei und ich gut für mich sorge. Ich habe mir ein stabiles Netzwerk in der Zeit aufgebaut, welches sich aus meinen sehr verlässlichen Eltern, meiner besten Freundin, dem Jugendamt und psychologischer Hilfe zusammensetzte.

Andreas Gauger: Hier zeigt sich Monikas ganze Größe. Sie hat intuitiv richtig gehandelt. Weder hat sie versucht, die Kinder auf ihre Seite zu ziehen, wie ihr Ex dies tat (Triangulation), noch hat sie ihn vor den Kindern entwertet oder sie in Loyalitätskonflikte gebracht, indem sie sich hätten zwischen ihr und dem Vater entscheiden müssen.

Als die Jungs aus Liebe entgegen der systemischen Ordnung versucht haben, sich vor ihre Mutter zu stellen, hat sie ihrer Rolle im Familiensystem entsprechend die Führung übernommen und den Söhnen ihren gemäßen Platz hinter ihr zugewiesen. So hat sie ihr Bedürfnis nach liebevoller Grenzsetzung erfüllt, was nur wenigen Eltern in dieser Situation gelingt. Besser hätte sie ihre Kinder nicht schützen und den nötigen Raum für ihr seelisches Gedeihen trotz widriger Umstände offen halten können.

Meine Entwicklung

Heute, nach 13 Jahren, kann ich sagen, dass mein Weg der Selbstentwicklung durchaus mühsam, schmerzvoll und prägend war, ich jedoch mehr als überzeugt bin, dass ich ALLES in meinem Leben aus mir heraus meistern kann.

Mich mit meiner Herkunft und den berechtigten Motiven dahinter auseinandergesetzt zu haben, der Versuch, die Geschichte meines Ex-Mannes aus zahlreichen Gesprächen mit seiner Familie und Freunden, sowie das aufmerksame Zuhören seiner alkoholgeschwängerten Wahrheiten, nachzuvollziehen, hat mich dahin geführt, wo ich heute in Bezug zu ihm stehe.

An einem stabilen Ort in mir selbst. An dem ich all meine sensible Wahrnehmung und daraus resultierende Bedürfnisse ausleben kann - in jegliche Richtungen meines breitgefächerten (Innen)- Lebens.

Die Verstrickungen zu verstehen, die in dieser Beziehung passierten - zu erkennen, dass sich dieses Konstrukt aus alten Wunden und Bedürftigkeit zusammengesetzt hatte - gilt es heute zu respektieren und in mein Leben einzuflechten.

Durch die Erkenntnis, in welch aussichtsloser Verstrickung ich mich befand, kann ich sagen, dass mich diese Beziehung mehr als reifen ließ und ich tatsächlich eine Art Dankbarkeit spüre.

Ich versorge zwar noch heute die Wunden meiner körperlichen und seelisch sensiblen Wahrnehmung, meiner sexuellen Verletzungen, meiner Demütigungen, meiner ausgestandenen Ängste, aber dies gehört für mich dazu, achtsam zu bleiben.

Meinen Weg habe ich durch ALLE Gegebenheiten meines Lebens gefunden und helfe heute anderen Menschen (vor allem Eltern) ihren individuellen Wohlfühlweg zu finden.

Und das alles gemeinsam mit meinem jetzigen Ehemann nah an meiner Seite, welcher durch seine Herkunft allen „Grund“ hätte, seinen Schmerz durch andere Menschen zu versorgen. Er ist sich seiner schweren Verwundung bewusst und hat diese bestens selbst versorgt, bevor wir uns nach 30 Jahren Lebensweg - jeder auf seine Art stabil - wiedergetroffen haben.

Aber das ist eine andere Geschichte 🙂

Andreas Gauger: Monika hat ihre Hausaufgaben gemacht und sich auf allen Ebenen intensiv mit den Hintergründen ihres Themas auseinandergesetzt. Teilweise auf eigene Faust, teils mit Unterstützung von nährenden Menschen in ihrem Umfeld, teils mit professioneller Hilfe. All dies hat ihren Heilungsweg möglich gemacht, als dessen Folge sie nun nicht nur in einer wertschätzenden Partnerschaft lebt sondern auch tiefer in Kontakt mit ihren wahren Bedürfnissen steht, als je zuvor.

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