by Andreas Gauger

Toxische Beziehung Petra: Ich frage mich immer noch manchmal, warum ich das so lange mitgemacht habe

Februar 17, 2021 | Narzisstischer Missbrauch

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Ich danke Petra (Name geändert), dass sie so freundlich war, mir ihre Erlebnisse der toxischen Beziehung mit ihrem Ex-Mann anonymisiert zur Verfügung zu stellen, um anderen Betroffenen damit zu helfen und zu signalisieren "Hey, du bist nicht allein und musst dich für nichts schämen."

Petras Geschichte ist im Gegensatz zu vielen anderen, die du auf dieser Seite nachlesen kannst, zum Glück nicht von körperlicher Gewalt geprägt. Überhaupt kann man sich fragen, ob sich ihr Ex schon im Bereich des pathologischen Narzissmus bewegt oder lediglich ausgeprägte narzisstische Züge aufweist. Wollte man diese Züge einem bestimmten Narzissmus-Typus zuordnen, so käme hier sicherlich der verdeckte Narzissmus am ehesten in Frage.

Das ist nicht als Ferndiagnose gemeint. Die sind nicht nur unzulässig sondern wären auch ganz schlechter Stil. Ich schreibe es nur, um dir zu zeigen, wo du ggf. im Anschluss weiterlesen kannst. Die Links findest du unter dem Artikel.

Lassen wir nun aber Petra zu Wort kommen:

Toxische Beziehung: Erfahrungen von Petra

Ich sitze gerade hier und frage mich immer wieder, wie es dazu kommen konnte, dass ich 8 Jahre meines Lebens für einen solchen Menschen „geopfert“ habe.

Damals war ich mit 29 gerade bei meinem Ex-Mann ausgezogen - zum ersten mal in eine neue Wohnung. Ich liebte dieses Gefühl und diese Wohnung. Endlich konnte ich frei sein, konnte meine Freiheiten ausleben. Die erste Ehe war rückblickend nicht schlecht. Wir hatten bloß einfach unterschiedliche Vorstellungen vom Leben. Interessanterweise haben wir knappe 10 Jahre gebraucht, es zu verstehen. Ich habe meinen Ex-Mann und die Zeit mit ihm immer noch in guter Erinnerung.

In meiner neuen Wohnung kamen zwar immer mal Freunde zu Besuch, aber abends war ich allein. Da surfte ich im Internet und lernte ein paar nette Männer kennen, schrieb mit ein paar, traf mich auch mal auf einen Kaffee. Mehr passierte nicht. Ich war irgendwie noch nicht frei im Kopf und die Männer waren mir alle zu „unverbindlich“.

Ich lernte S. im Internet kennen

Dann lief er mir über den Weg. Er kommentierte einen Post auf der Seite einer gemeinsamen Freundin. Ich mochte sein Foto und ging auf seine Seite. Irgendwas gefiel mir daran. Das Foto wirkte nett und ich schrieb ihn an. Er  antwortete kurz darauf und schwuppdiwupp schrieben wir plötzlich täglich miteinander.

Ich drängte auf ein Treffen, da ich gerade erst die Erfahrung gemacht hatte, dass mir jemand am Telefon mega sympathisch war und dann plötzlich im persönlichen Treffen das totale Gegenteil. Das erzählte ich ihm, weil wir uns am Telefon schon sehr gut verstanden und ich wollte noch so einen total Reinfall verhindern.

Das erste Treffen war okay. Wie halt Dates so sind. Allerdings fand ich ihn nicht besonders spannend, muss ich rückblickend sagen. Ich nahm es als nette Ablenkung vom Trennungsschmerz.

Dann gab es mal ein Treffen und es beeindruckte mich, dass er sogar seine Arbeit am nächsten Tag für mich vernachlässigte. Wir knutschten. Das Treffen endete nachts um 2 und er sagte, dass es ihm wert wäre, morgens auf der Arbeit müde zu sein für ein Treffen mit mir. Überhaupt überschüttete er mich ständig mit Gefühlen. Ich musste ihn ab und zu ausbremsen und habe ihm widerholt gesagt, dass ich gerade erst aus einer Beziehung käme und dass mir das alles zu viel würde.

Andreas Gauger: Natürlich sind solche Aussagen und Aktionen ausgesprochen romantisch und müssen nicht pathologisch sein. Wem schmeichelt es nicht, wenn man vom Gegenüber an die erste Stelle gesetzt wird? Dennoch ist es auch hier eine Frage des gesunden Maßes. Wenn dieses fehlt und du bemerkst, dass du von deinem neuen Schwarm überidealisiert und auf ein Podest erhoben wirst, solltest du hellhörig werden. Dieses Verhalten ist typisch für die Love Bombing Phase mit einem Narzissten. Ebenso wie Future Faking und Fast Forwarding.

Damit du nicht (mehr) so schnell auf einen Narzissten reinfällst, erkläre ich dir in diesem Artikel die 34 wichtigsten Warnsignale und toxischen Manipulationsmuster von Narzissten im Detail:

>>> Narzissmus und Manipulation: 34 Red Flags, die du unbedingt kennen solltest

Wie er mich rumgekriegt hat

Irgendwann gingen wir dann mal am Main spazieren. Er erzählte eine Geschichte über einen Kollegen und erwähnte beiläufig, dass er ja jetzt vergeben sei. Im ersten Moment zuckte ich zusammen und dachte, ich date einen vergebenen Mann. Es dauerte einen Moment, bis ich verstand, dass er mich damit meinte.

Ich fühlte mich überrumpelt. Nach einer Pause sagte ich sowas wie: “Hm, weiß nicht. Ich bin noch gar nicht auf Beziehung eingestellt. Bin doch gerade erst aus einer raus. Lass mich mal drüber nachdenken.“

Am nächsten Tag änderte ich dann meinen Beziehungsstatus bei Facebook auf „vergeben“. Er schrieb mich an und wollte wissen, was das zu bedeuten hätte. Ich habe irgendetwas in der Richtung "Na wir können es ja mal probieren" geantwortet. "Wenn es nicht klappen sollte, könnten wir uns ja immer noch trennen."

Diese Trennung kam dann fast 9 Jahre später und ist zum jetzigen Zeitpunkt ungefähr 1 Jahr her. Ich sitze immer noch manchmal wie vom Donner gerührt da und frage mich, wie das alles passieren konnte.

Sobald wir zusammen waren, gab es ein ständiges emotionales Auf und Ab

Nachdem ich gesagt hatte, ich wolle eine Beziehung mit ihm probieren, wechselten die Emotionen Schlag auf Schlag. Mal überschüttete er mich mit Liebesbekundungen, nannte mich seine „Liebste“ und dass er noch nie so eine tolle Frau getroffen hätte. Er schmierte mir richtig Honig ums Maul. Klar gefiel mir das.

Aber wenn ich so zurückdenke, hatten wir bereits zu Anfang der Beziehung immer wieder Krisen. Und zwar jedes Mal genau dann, wenn etwas nicht so lief, wie er sich das vorgestellt hatte. Zu Beginn stieg ich immer noch mit ihm ihn den Ring. Wenn er anfing mit: "Dann müssen wir diese Beziehung halt wieder beenden", sagte ich nur: "Okay!" Dann kam er meist ein, zwei Tage später wieder an und schmeichelte sich wieder bei mir ein. So wäre das ja nicht gemeint gewesen und er wolle so eine tolle Frau nicht verlieren und das übliche Süßholzgeraspel. Ich ließ mich jedes Mal wieder einlullen.

Andreas Gauger: Das ist ein weiterer Warnhinweis. Ein Narzisst steht im Mittelpunkt seiner Welt, die sich in konzentrischen Kreisen um ihn selbst dreht. Alles existiert in seiner Wahrnehmung nur in Bezug auf ihn und dient dazu, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Ein ausgeprägter Narzisst geht ausschließlich Beziehungen vom Typus der Pseudo-Beziehung ein, deren Grundsatz lautet: "Du bist mir nur in sofern wichtig, wie du mir nützlich bist."

Hier erfährst du mehr darüber:

>>> Stufen sozialer Entfremdung: Wenn wir aus dem Kontakt gehen

Ich bekam ein Jobangebot in seiner Nähe

Etwas später bekam ich ein Jobangebot in seiner Nähe, was allerdings über 100km von meinem damaligen Wohnort entfernt war. Ich sprach mit ihm darüber, dass es doch bestimmt ganz schön sei, wenn ich dann ein, zwei Mal die Woche nach der Arbeit bei ihm übernachten würde.

Zum einen hätte ich dann den langen Weg gespart, zum anderen hätten wir Zeit zusammen. Er stimmte zu, also habe ich den Job angenommen. Ab da gerieten wir oft in Streit, weil ich an den Abenden, wenn ich bei ihm war, auch was mit ihm gemeinsam machen wollte. Selbst wenn es nur was in seiner Wohnung war, aber zumindest zusammen.

Oft kam es vor, dass er sich dann in irgendein Computer-Spiel zurückzog oder sonst etwas machte, auf das ich keine Lust hatte. Wenn ich dann meckerte, ging er beleidigt in sein Bett und ließ mich einfach sitzen. Bis ich irgendwann meine Tasche packte und sagte, dass ich ab sofort nicht mehr bei ihm übernachten würde, weil ich keine Lust hätte, neben ihm zu sitzen um ihm beim Computerspielen zuzugucken. Seine Antwort war, dass ich dann halt mitspielen soll. Seine Exfrau hätte auch immer mit ihm Computerspiele gespielt.

Ich weiß bis heute nicht, wie er es geschafft hat, dass ich dann doch mal mit ihm ein Spiel gespielt habe. Ich erinnere mich nur, dass ich dann gefallen an einem dieser Spiele hatte. Als ich es dann mal wieder spielen wollte, hatte er plötzlich keine Lust mehr. Ich könnte hunderte solcher Beispiele aufzählen. Wenn es ihm in den Kram passte, dann war es okay, ansonsten arbeitete er entweder mit Lügen, Manipulation oder sonstigen emotionalen Tricks, um mich am Ende doch dazu zu bringen, dass ich das tat, was er wollte.

Andreas Gauger: Bei diesem Verhalten handelt es sich um eine Art von emotionaler Erpressung, die besonders typisch für verdeckte Narzissten ist. In diesem Fall hat sie für S. nur bedingt funktioniert, weil er in Petra ein starkes Gegenüber gefunden hat, die sich nur bis zu einem gewissen Grad davon beeindrucken ließ.

Erfahre hier alles, was du über verdeckten Narzissmus wissen musst und warum er häufig nicht erkannt wird:

Verdeckter Narzissmus: Was du wissen musst und wie du dich schützt

Im Krankenhaus - als ich ihn wirklich gebraucht hätte

Etwas anderes war es, wenn ich ihn gebraucht habe. In einer Phase unserer Beziehung war ich öfters wegen verschiedener Leiden im Krankenhaus. Ich kann mich gut erinnern, dass er keine Gelegenheit ausgelassen hat, mir auf jede erdenkliche Weise zu signalisieren, wie lästig es ihm war, mich dort besuchen zu "müssen". Vor allem nonverbal. Meist erfand er irgendwelche Ausreden, warum er nicht kommen konnte oder gleich wieder weg musste.

Wenn ich an meinen letzten Krankenhausaufenthalt denke, muss ich sagen, dass ich gar nicht daran gedacht hatte, ihn zu fragen, ob er mich vielleicht abholen könne. Irgendwie wusste ich schon, dass er wieder irgendeine Ausrede erfunden hätte, um drumherum zu kommen.

Brett- und Computerspiele bis der Arzt kommt

Er hatte mal irgendwann ein Spiel angeschleppt, in dem es um den ersten Weltkrieg ging. Auf Englisch. Das könnten wir doch mal spielen. Ich willigte ein. Da konnte ich noch nicht wissen, dass sich dieses „Spiel“ über drei Tage erstrecken und zu einem der größten Streits unserer Beziehung führen würde. Wir fingen Freitag Abend an zu spielen, ähm nein, wir fingen an, die Anleitung zu lesen. Das ging bis Freitag in die Nacht.

Ich ging dann irgendwann ins Bett. Samstags konnten wir dann mit spielen ein bisschen anfangen. Ich sagte schon, dass ich den Sinn des Spiels nicht so ganz verstehen würde, weil wir den ersten Weltkrieg nachspielten, aber ja jeder wusste, wie der ausgegangen war. Aber wir hätten ja jetzt angefangen und er wolle zumindest eine Runde mal durchspielen.

Wir haben also dieses Spiel gespielt. Bis Sonntag Nachmittag. Da ist mir die Hutschnur geplatzt. Ich sagte ihm, dass ich keine Lust mehr auf das Spiel hätte. Ja, wieso ich dann damit angefangen hätte, wenn ich jetzt damit aufhören wolle? „Wir spielen seit 20 Stunden! Mir tut der Rücken weh und ich sehe keinen Sinn darin. Ich möchte jetzt nicht mehr weiter spielen.“

Er erwiderte nur: Wenn ich jetzt aufhören würde, könne ich es vergessen, dass wir nächstes Wochenende das spielen, was ich spielen wolle. Ähm, so war das übrigens damals nicht gemeint. Ich hatte gesagt, ich möchte das machen, was mir gefällt, NICHT das SPIELEN, was mir gefällt. Ich wollte mal ein Wochenende was ganz anderes machen.

Aber dazu kam es nie. Ich hatte irgendwie immer die Wahl, das mitzumachen, was er wollte oder stattdessen irgendwas anderes alleine oder mit meinen Freunden.

Kurz vor der Hochzeit hatte er dieses Computerspiel entdeckt. Es musste zu bestimmten Zeiten gespielt werden um die maximale Anzahl an Punkten zu erreichen. Ich kann mich daran erinnern, dass er an unserem Hochzeitstag im Restaurant saß und ich ihm dabei zu sah, wie er auf seinem iPad rumtippte, weil er dieses Scheiß-Computerspiel spielen musste. Wie oft habe ich gebettelt und gefleht, dass er doch einmal dieses Drecks-Spiel für uns sein lassen solle.

Gott sei Dank hab ich einen großen Freundeskreis. Menschen, die mich da immer mal wieder rausgeholt haben. Er hat sich eigentlich in einer Tour darüber beschwert, warum ich so viele Freunde hätte und er nicht. Woraufhin ich ihm auch noch helfen wollte und Tipps gab, wie er auf andere zugehen könnte. Er hat im Übrigen an keinem ein gutes Haar gelassen. Über die paar wenigen, die er hatte, hat er hinter deren Rücken bei mir abgelästert. Die seien anstrengend oder die würde dies oder jenes tun. Nur wenn sie ihm nütze waren, dann konnte er nett und freundlich und teilweise sogar charmant sein.

Andreas Gauger: In diesem Abschnitt erkennst du gleich zwei typische Verhaltensmuster bzw. Charaktereigenschaften von Narzissten. Die Begebenheit mit dem Computerspiel am Hochzeitstag veranschaulicht nochmal sehr deutlich, was einem Narzissten wirklich wichtig ist: Er selbst und das, was ihn interessiert. Alles und alle Anderen sind es nur insofern, wie er sie benötigt, um seine Bedürfnisse zu erfüllen.

Darüber hinaus ist das Lästern hinter dem Rücken anderer eine typisch narzisstische Eigenschaft. Allerdings haben diese schlechte Angewohnheit nicht nur Narzissten. Hier muss man wieder aufpassen. Manche Eigenschaften sind kennzeichnend für Narzissten. Deshalb gilt nicht automatisch der Umkehrschluss, dass jeder, der dieses Verhalten zeigt, auch ein Narzisst sein muss.

Für Narzissmus gibt es genaue klinische Diagnosekriterien. Hier kannst du sie nachlesen:

>>> Diagnosekriterien der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung nach DSM-V

Er behandelte mich wie ein Möbelstück

Zu mir war er dagegen schon lange nicht mehr charmant. Sobald wir zusammengezogen waren, sagte ich öfter zu ihm, dass ich mir vorkäme wie ein Möbelstück. Ich wäre halt da. Das reichte mir aber nicht. Am Anfang unserer Beziehung hat er mir ständig Liebesbriefe geschrieben. Ich habe sie jetzt vor kurzem nach meinem Umzug in einem Fach gefunden und noch mal durchgelesen, bevor ich sie weggeworfen habe.

Mir ist es wie Schuppen von den Augen gefallen: aus jedem Brief ging hervor, wie sehr ich doch SEIN Leben bereichere. Es ging immer nur um ihn. Als ich vorgeschlagen habe, dass wir doch zusammen ziehen könnten, sagte er, dass sein Leben gerade so okay sei wie es wäre und dass er sich nicht vorstellen könne, dass es durchs Zusammenziehen besser würde. Letztendlich hat er sich doch darauf eingelassen.

Andreas Gauger: Dieses jetzt schon mehrfach angesprochene Kreisen um sich selbst ist so kennzeichnend für Narzissten, dass Narzissmus ohne diese Egozentriertheit nicht diagnostiziert werden kann.

Lies hier alles, was du sonst noch über Narzissmus wissen musst (inklusive, wie er entsteht):

>>> Narzissmus und Partnerschaft: Kleiner Kurs im Narzissten entgiften

Zum Glück haben wir keine Kinder bekommen, auch wenn ich mir welche gewünscht hätte

 Wir hatten ja zu dem Zeitpunkt auch über das Thema Kinder gesprochen und ich habe gesagt, dass es einfacher wäre, wenn wir in einer Wohnung zusammen leben würden, wenn das Kind kommt. Gott was bin ich heute froh, mit ihm keine Kinder bekommen zu haben. Klar hätte ich gerne Kinder gehabt, aber mit ihm wäre es ein riesen Drama geworden.

Wir haben in dem gleichen Jahr, in dem wir zusammen gezogen sind, noch geheiratet. Er hat mir vorgerechnet, dass wir dann jeder 200 Euro mehr im Monat hätten, wenn wir heiraten würden. Das war für mich ein Argument zu sagen, ich mache das mit dem Heiraten noch mal. Leider hatte er sich nicht richtig informiert. Durch die Steuerklassen hatten wir zwar im Monat mehr Geld, mussten aber jedes Jahr nachzahlen.

In unserer gesamten "Beziehung" galt: Ich war dann recht, wenn ich etwas tat, wovon er einen Vorteil hatte. Zum Beispiel ihn zu diversen Laufveranstaltungen zu begleiten, seinen Streckensupport zu machen und dort in Urlaub hin fahren, wo er einen Marathon laufen konnte. Sogar unsere Hochzeitsreise ging an einen Ort, wo er einen Marathon laufen wollte. Ich war erkältet und habe mich krank an die Strecke geschleppt.

Genau so war es auch im Haushalt. Ich hab ihm zwar von Anfang an gesagt, dass ich die 140 qm nicht alleine sauber halten würde und dass wir das 50:50 teilen würden. Zum Schluss war es aber so, dass er sich oft mit Ausreden aus der Hausarbeit rausredete oder manche Dinge einfach schlecht machte. Vermutlich mit Absicht, damit er es nicht wieder machen muss. 

Dann lernte er K. kennen und das änderte alles

Ein Jahr nach der Hochzeit lernte er übrigens K. kennen und verliebte sich. Nach den Informationen, die ich dann im Nachhinein bekam, lief das Ganze über fast ein Jahr und er traf sie einmal heimlich während unseres Urlaubs in Berlin, den wir natürlich dort machten, damit er vor Ort am Marathon teilnehmen konnte.

Er erzählte mir irgendwas, dass er einen Tag nach Bielefeld auf eine Schulung müsse. Im Nachhinein kam raus, dass er sie in Lübeck getroffen hat. Mit mir hat er sich danach abends in einer Kneipe am Ku-Damm getroffen. Ich habe nichts gemerkt. Hinterher habe ich mich tagelang gefragt, wieso ich nicht gemerkt habe, dass er anstatt Arbeitssachen Schwimmsachen eingepackt hat. Er war mit ihr in einer Therme.

Zu dieser Zeit fing ich aus einer inneren Sehnsucht heraus an, im Außen verstärkt nach Bestätigung zu suchen. S. gab mir zunehmend das Gefühl, dass alles, was seiner Ansicht nach schief lief, mit mir zu tun hätte oder dass ich irgendwie daran Schuld sei.

Andreas Gauger: Zwar gehen nicht nur Narzissten fremd, doch sind Dreiecks-Kisten (Triangulation) absolut typisch für sie. Dabei geht es ihnen nicht unbedingt vordergründig um Sex, sondern um das Erschließen zusätzlicher narzisstischer Zufuhrquellen zur Stützung ihres künstlich überhöhten Selbstbildes.

Ist in der bisherigen Beziehung der Alltag eingekehrt oder fühlen sie sich von der aktuellen Partnerin nicht angemessen gewürdigt, erleiden sie schnell ein subjektives Defizit an Bewunderung und Aufmerksamkeit. Dieses wird dann meist über Dritte kompensiert.

Hier erfährst du mehr darüber, warum ein Narzisst so abhängig von seiner narzisstischen Zufuhr ist:

>>> Narzisstische Zufuhr

Er begann meine kleinen Erfolge zu sabotieren und mich dezent zu entwerten

Passierte mir mal ein Missgeschick, setzte er noch einen drauf und sagte Dinge wie: "Warum passiert eigentlich immer dir sowas?" Überhaupt betonte er immer wieder, dass ich der Pechvogel in der Beziehung sei und er vom Glück geküsst. Das stimmte keineswegs, aber er brauchte es wohl das zu glauben, um sich besser zu fühlen.

Ich konnte zum Beispiel wegen eines Knorpelschadens am Knie eine ganz lange Zeit keinen Sport machen. Nachdem ich operiert wurde, bin ich wieder ins Joggen eingestiegen. D.h. ich machte den gleichen Sport wie er. Klar, ich war nicht so schnell, aber ich könnte hier mindestens 5 Situationen aufzählen, wo er Dinge getan hat, die meine Leistung schmälerten, niedermachten oder teilweise gar nicht wahr nahmen.

Irgendwann hatte ich meine kleinen Erfolge, im Rahmen meiner Möglichkeiten und wurde besser. Dann kam der Frankfurt Marathon. Er war krank und nutzte das als Vorwand, um sich im Vorfeld kaum um mich zu kümmern - was ich jedoch vor jedem seiner Wettkämpfe tat. Auch wenn ich krank war. Wer schon mal Laufwettkämpfe gemacht hat, wird wissen, dass man immer ein bisschen nervös ist vorher. Seine Aussage war nur, dass er an dem Sonntag morgen kurzfristig entscheiden wird, ob er überhaupt mit zur Strecke kommt.

Wie oft war ich bei seinen Wettkämpfen mit dabei gewesen, obwohl es mir nicht gut ging und ich lieber was anderes gemacht hätte?! Aber zu Anfang unserer Beziehung war es im Endeffekt auch so, dass ich, wenn ich ihn am Wochenende sehen wollte, entweder mit zu einer Laufveranstaltung kommen musste oder ich sah ihn halt nicht. Warum hätte sich das auch ändern sollen?

Wenn ich nur den Hauch der Anfrage stellte, ob er den einen oder anderen Laufwettkampf doch mal für mich oder für uns sausen lassen könnte, wurde das so dargestellt, als wäre es das schlimmste auf der Welt, was ich da von ihm verlangen würde. Das zog sich rückblickend durch unsere komplette Beziehung. Alles, was er tat, war „normal“, „selbstverständlich“ oder „logisch“. Wenn ich etwas tat, was nicht in sein Schema passte, gab er mir das Gefühl, ich hätte soeben schwere Mäjestätsbeleidigung begangen.

Einschub: Bratkartoffel-Gate

Dazu fällt mir noch eine anschauliche Anekdote ein: Wir saßen in einem Restaurant in Südtirol, das - wie soll es auch anders sein - natürlich eher ausgesucht hatte. Wir hatten unser Essen bestellt und er verabschiedete sich kurz zur Toilette. Während er auf der Toilette war, wurde das Essen gebracht. Auf seinem Teller befanden sich Fleisch und Bratkartoffeln. Sie sahen so lecker aus, dass ich mir kurzerhand eine Bratkartoffel von seinem Teller klaute. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht ahnen welch Frevel ich damit begangen haben sollte und was danach auf mich zukommen sollte.

Als er von der Toilette kam, grinste ich ihn an und sagte:“ Deine Bratkartoffeln sind sehr lecker.“ Er schaute mich bitterböse an und fragte bierernst, was mir denn einfallen würde so unverschämt zu sein und die Situation schamlos auszunutzen, während er auf Toilette war. Ich dachte erst er macht einen Scherz und fragte:

"Dein ernst jetzt? Ich habe die Situation schamlos ausgenutzt und nur gewartet, dass du auf Toilette gehst, um dir eine Bratkartoffel zu klauen. Er antwortete stinksauer: "Ja! Und der Gipfel ist, dass du mich jetzt hier auch noch so fett angrinst und mir erzählst, wie lecker meine Bratkartoffeln sind!"

Ich verstand die Welt nicht mehr. Während wir aßen, bekam ich einen Vortrag darüber, wie dreist mein Verhalten gewesen wäre und dass er sich nun zukünftig nicht mehr trauen kann, zwischen der Essensbestellung und der Lieferung des Essens auf Toilette zu gehen, weil er Angst haben müsse, dass Teile seines Essens fehlen würden, wenn er zurückkäme.

Es folgten noch weitere Tiraden in teilweise lauterem Tonfall, die mir wahnsinnig unangenehm waren, weil ich mitbekam, dass die Menschen in diesem Restaurant unser Gespräch mitbekamen. Ich schaute ihn an und sagte: “S! Es geht hier um eine Scheibe Kartoffel! Wenn ich vorher gewusst hätte, dass du so einen Aufriss deshalb machst, hätte ich diese eine Scheibe Kartoffel selbstverständlich auf deinem Teller liegen gelassen. Ich verstehe dein Verhalten nicht.“

Daraufhin bekam ich zurück, dass er mein Verhalten nicht verstehen würde und dass er sich doch scheinbar sehr in mir getäuscht haben müsse und überhaupt nicht gewusst hätte, wie hinterhältig und schamlos ich sei. An dieses Gefühl kann ich mich heute noch erinnern.  Es kommt heute immer noch bei mir hoch, wenn ich Bratkartoffeln esse.

Ich habe seine Ausführung damals weitestgehend über mich ergehen lassen und versucht, nicht im Restaurant zu weinen. Ich wollte nur, dass es aufhört.

Diese Geschichte erzähle ich jetzt auch das erste Mal öffentlich. Ich habe während der Beziehung zu ihm mit niemandem außerhalb über diese Geschichte gesprochen, weil sie mir peinlich wahr. Es gibt auch noch ein „Zwiebel-Gate“ und ein „Klopapier-Gate“. Beide Geschichten nach dem gleichen Schema. Gott sei Dank kann ich mittlerweile darüber lachen und die Toilettenpapier-Geschichte hätte in Zeiten von Corona noch eine ganz andere Bedeutung bekommen 😉

Es wurden Erlebnisse zu einzelnen Kartoffeln, Zwiebeln, Cents, etc. aufgebauscht, die komplette Beziehung und meine Persönlichkeit in Frage gestellt, und so weiter. Ich bin mir nicht ganz sicher, unter welchen Überbegriff man diese Art von Geschichten einsortieren kann. Ich glaube dass hier vielleicht die kontinuierliche Destabilisierung meines Selbstwertgefühls ganz passend ist.

Andreas Gauger: Hier erkennst du eine Form der Entwertung, die ebenfalls typisch für Narzissten ist. Indem der Narzisst andere entwertet, wertet er sich in seiner Welt indirekt auf. Hinzu kommt, dass ein Narzisst seine Umwelt als eine Art natürliche Verlängerung seiner selbst sieht. Deshalb ist es für ihn ungeheuerlich, wenn diese nicht das tut, was er sich wünscht. Ein extremer Narzisst kann fassungslos fragen "Wie kann es heute regnen? Ich wollte doch grillen!" und das absolut ernst meinen. Nach dem Motto: "Was fällt dem lieben Gott ein!?!"

Hier findest du noch mehr Hintergründe zur Entwertung durch einen Narzissten: >>> Entwertung

Der Frankfurt Marathon 2018

Genauso wie den Frankfurt Marathon 2018. Denn, er war zwar an der Strecke, hatte sich eines der Motivationsschilder „ausgeliehen“, die ich ihm vorher mal zu einem seiner Wettkämpfe gemalt hatte und stand dann irgendwann oben mit einer gemeinsamen Freundin auf einer Brücke und feuerte mich an. Darüber hab ich mich noch gefreut. Und, es lief gut. Ich hatte das Gefühl, dass das mein bester Marathon ever würde. Und der wurde es auch. Bestzeit!

Allerdings stand er bei km 37 am Streckenrand, fragte, wie es mir geht. Ich rief, dass es nicht gut geht und dass es knapp würde. Plötzlich kam er auf mich zu und nahm mich unvermittelt in den Arm. Ich wusste, dass es knapp würde unter die 5-Stunden-Marke zu kommen, also riss ich mich los und lief weiter. Ich schaffte es. Knapp, aber ich habe es geschafft meinen Marathon in 4:59 Stunden zu finishen. Meine bisherige Bestleistung.

Ich frage ihn im Zielbereich, warum er mich umarmt hätte, er hätte doch wissen müssen, dass das knapp würde mit der Zeit. Und da war er wieder, der kleine S., der so tat als hätte er das nicht wissen können. Er saß vor mir wie ein kleiner Junge, schaute mich mit seinen blauen Augen an und sagte: wenn er das gewusst hätte, hätte er mich ja nicht aufgehalten. Und dass er das ja nicht hätte wissen können. Ich bin da anderer Ansicht. Man sieht ja die Durchgangszeiten der Läufer und kann ein bisschen hochrechnen.

Und, auch wenn Mathe nicht meine Stärke ist, konnte ich aber im Vorfeld bei seinen Läufen sagen, ob die knapp oder locker wurden oder mit welcher Endzeit man rechnen kann, wenn ab einem bestimmten Zeitpunkt alles glatt geht. Aber sei es drum. Es gab danach noch ein paar weitere Momente, an die ich mich zurück erinnere und das unbestimmte Gefühl habe, dass er versucht hat, mich zu manipulieren, damit ich mein Ziel nicht erreiche. Oder überhaupt, dass ich glücklich war. Rückblickend glaube ich, dass er zufrieden war, wenn es mir schlecht ging.

Andreas Gauger: Hier ist zwar nicht genau beweisbar, dass es sich um absichtliche Manipulation handelt, es ist jedoch auch nicht auszuschließen. Ungewöhnlich wäre es nicht, da Neid und Missgunst zu den typisch narzisstischen Charaktereigenschaften zählen und ein narzisstisch geprägter Mensch es in der Regel schlecht erträgt, wenn andere neben ihm glänzen. Die einzige Ausnahme besteht hier, wenn der Narzisst den Ruhm und Erfolg des anderen als Verlängerung seiner selbst betrachtet. So rechnen sich Narzissten häufig die Erfolge ihrer Kinder an, nach dem Motto: "Es ist ja kein Wunder, dass mein Kind so erfolgreich ist, bei dem Vater (bei der Mutter)!"

Und dann gab es ja auch noch K. Mit der er permanent schrieb, wenn er nicht gerade Computer spielte, arbeitete oder lief. Als das mit ihr rauskam, erzählte er mir stolz, dass sie zu dem Zeitpunkt 111 Tage miteinander geschrieben hatten. Ohne einen Tag Pause.

Als ich mich aufregte, sagte er nur, dass er es bereut mir das erzählt zu haben (wohlgemerkt: er bereute nicht, dass er mit ihr hinter meinem Rücken schrieb sondern nur, dass er es mir erzählt hatte). Er meinte dann, es sei wohl besser, wenn wir uns trennen würden. Da war sie wieder, die altbekannte Trennungsandrohung. Aber ich steckte damals zu tief drin und hab die Muster, die da abliefen, nicht durchschaut.

Ich kämpfte zuerst noch, weil ich mit 34 nicht schon wieder von vorne anfangen wollte

Nach langem Hin und Her habe ich gesagt, dass ich es gerne nochmal versuchen würde und zwar mit einer offenen Beziehung. Er willigte ein, doch stellte sich schnell heraus, dass er damit aufgrund seiner Eifersucht nicht umgehen konnte, obwohl auch er mehrere Dates und Bekanntschaften hatte. Auch das funktionierte also auf Dauer nicht.

Irgendwann lernte er jemanden auf Tinder kennen und sie nahm gleich zu Anfang des Kennenlernens sofort enorm viel Raum in unserer Beziehung ein. Es wurde eine Verabredung nach der anderen getroffen. In wahnsinnig kurzer Zeit. Ich legte immer mal wieder Vetos ein, die ihn aber überhaupt nicht interessierten. 

Ich unternahm noch ein, zwei Versuche, die aber wirkungslos verpufften und machte dann das wahr, was ich ihm bereits bei unserem letzten heftigen Streit angekündigt hatte: Ich reichte die Scheidung ein. Im Anschluss habe ich alles in die Wege geleitet, mir eine neue Wohnung gesucht und bin ausgezogen.

Auch, wenn ich ab zu noch dasitze und darüber nachdenke, wie ich immer wieder darauf reinfallen konnte, muss ich sagen, dass mich seitdem ein großes Gefühl der Erleichterung und Zufriedenheit erfüllt. Auch wenn es hart war und ich mich jetzt definitiv von meinem Kinderwunsch verabschieden muss, was mir immer noch nicht leicht fällt, aber ich bin dankbar, dass das alles so passiert ist, wie es passiert ist.

Ich bin nur froh, da raus zu sein. Denn ich konnte ihn irgendwann nicht mehr ertragen. Er hat sich benommen wie ein Fünfjähriger. Eine Zeitlang konnte er mich mit dem Kleine-Jungen-Blick noch manipulieren, aber irgendwann ging es mir nur noch auf den Geist und ich hatte keine Lust mehr ständig meine Bedürfnisse hinter seine zu stellen.

Ich habe ihm damals gefühlte hunderttausend Mal zu erklären versucht, dass in einer Beziehung der Andere auch Rechte und Bedürfnisse hat. Aber diese Erklärungen sind irgendwo an einer Wand in seinem Inneren abgeprallt.

Es macht mich traurig, das sagen zu müssen, aber ich bin froh, ihn los zu sein. Und genau das kann ich auch nur jedem oder jeder anderen raten. Wenn du das Gefühl hast, dass es in deiner Beziehung nur um den anderen geht, dann renn!!! Renn so schnell so kannst!!! Und wenn du es alleine nicht schaffst, hol dir Hilfe.

Schlussbemerkung

So wie Petra ergeht es unzähligen Menschen in ihrer Partnerschaft. Viele befinden sich Jahre oder Jahrzehnte in einer toxischen Beziehung, bis ihnen langsam dämmert, dass hier etwas nicht ganz normal ist. Um hier ein wenig Orientierung zu geben, habe ich drei Ratgeber geschrieben und kostenlos ins Netz gestellt. Sie sind unten verlinkt. Schau mal rein und prüfe selbst für dich, was davon auf dich und deine (ex) Beziehung zutrifft:

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Vor über zwanzig Jahren hat ein einschneidendes Erlebnis den Wunsch in mir entfacht, anderen Menschen zu helfen, sich aus toxisch-narzisstischen Beziehungen zu befreien und wieder ein glückliches und sinnerfülltes Leben zu führen.

Dazu haben die wirksamsten Elemente aus den Bereichen Coaching, Persönlichkeitsentwicklung, allgemeiner und buddhistischer Psychotherapie, Taoismus, Stoizismus und Resilienzforschung Eingang in meine Methode gefunden.

Lass mich dir zeigen, warum es nicht darum geht, den Narzissten vernichtend zu schlagen, sondern an der Situation zu wachsen und eine souveräne Gelassenheit zu entwickeln, gegen die kein Narzisst der Welt ankommt.

Ich freue mich darauf, dich kennenzulernen.
Andreas

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